30.09.2021 – Kategorie: Fertigungs-IT
Zentrales Datenmanagement: Von der Arbeitsvorbereitung bis zum Shopfloor
Der Werkzeugbau des weltweit tätigen Herstellers Miba beweist mit der Einführung einer durchgängigen Software-Prozess-Lösung vom ERP-System bis zum Bearbeitungszentrum, dass ein Einsparpotenzial von zehn bis 25 Prozent bei der Serienfertigung möglich ist. An speziellen Maschinen liegt die Effizienzsteigerung sogar bei 300 Prozent.
Zentrales Datenmanagement als Erfolgsfaktor? Als Technologieführer und global tätiges Unternehmen trägt die österreichische Miba Group aktiv zum technischen Fortschritt und Wirtschaftswachstum über die Landesgrenzen hinaus bei. Das familiengeführte Unternehmen produziert unter anderem Motoren- und Industriegleitlager, Reibbeläge, Sinterformteile und Beschichtungen.
Zentrales Datenmanagement für durchgängige Digitalisierung
Dem nachhaltigen Erfolg verpflichtet, investiert Miba im Rahmen der Strategie „Miba 2020“ langfristig in die tragenden Erfolgssäulen globales Wachstum, Innovation, Technologie und Menschen. Eine durchgängige Digitalisierung und Vernetzung der Fertigung spielt dabei eine große Rolle.
Gut fünf Jahre ist es nun her, als ein externer Berater im Rahmen einer Return-on-Investment-Betrachtung den Nutzen durch die Einführung eines dezidierten Tool-Management-Systems analysierte. Im Endausbau schienen über beide Bereiche hinweg Einsparungen möglich, insbesondere durch die Reduktion des Werkzeugrüstaufwands – eine gewaltige Summe. „Die Studie verdeutlichte nur, was zuvor bereits offensichtlich war: Durch das organisatorische Wachstum und zunehmender Komplexität war uns die Transparenz in den Abläufen abhandengekommen. Es war klar, dass wir ein neues, zukunftsfähiges Infrastruktursystem für den Shopfloor benötigten“, erklärt Martin Holzinger, der den Bereich Werkzeugbau bei Miba als Projektleiter betreut.
Entscheidung für eine softwarebasierte Datenplattform
So machte man sich bei Miba ans Werk und begann mit der Systemauswahl. Bald war klar, dass es eine softwarebasierte Datenplattform und zugleich eine bidirektionale Lösung sein müsste, die einerseits die beiden CAM-Systeme in der Arbeitsvorbereitung mit den notwendigen Werkzeugdaten versorgt und die NC-Programme prozesssicher an die Maschinen weiterreicht. Außerdem sollte die Infrastrukturlösung in der Lage sein, ein direkt am Bearbeitungszentrum erzeugtes NC-Programm zentral zu archivieren, sodass dessen Wiederverwendung im Falle von Wiederholteilen eine prozesssichere Knopfdrucklösung darstellt.
„Wir wollten eine durchgängige Lösung aus einer Hand“, betont Thomas Schernthaner, verantwortlich für den Bereich „Vorrüsten/Werkzeugtechnik“ und Projektmitglied für das Prozessdesign der Gleitlager-Serienfertigung. Das konnte einzig Coscom mit dem Lösungen ToolDirector VM und FactoryDirector VM erfüllen.
Das zentrale Datenmanagement im Werkzeugbau übernehmen bei Miba nun ToolDirector VM für das Werkzeugdatenmanagement und FactoryDirector VM für die CAM-/NC-Programmverwaltung. „Die Vorgabe an die Schnittstelle zu Esprit CAM war, dass alle Technologiedaten darüber laufen müssten, für Dreh- und Fräswerkzeuge. Wir wollten die vollständige Transparenz haben“, erklärt Martin Holzinger. Die Datendurchgängigkeit sollte so weit gehen, dass die Informationen von den Voreinstellgeräten an die Heidenhain- oder Siemens-Steuerungen der Maschinen übergeben werden. Die Anforderung von Miba: Die Werkzeugdaten müssen überall verwendbar sein.
Der Projektleiter Stefan Kühn betont die technologische Besonderheit der Coscom-Lösung für zentrales Datenmanagement: „Alle Daten werden komplett neutral, also unabhängig von den einzelnen Zielsystemen, angelegt und an diese bedarfsgerecht mit entsprechenden Technologieinformationen weiter gereicht. Man habe sich im Vorfeld genau überlegt, wie die Datenerfassung über die Einstellgeräte auf den digitalen Balluff-Chip der Werkzeuge gelangen könnte und wie die Daten an die Maschine transferiert werden sollten. Die physische Bewegung der Betriebsmittel von der Werkzeugausgabe bis hin zur Maschine wird vollständig digital mit allen zugehörigen Informationen abgebildet. Die Datenkonsolidierung hierzu findet im ToolDirector VM statt. Es gibt keine unkontrollierte Datensenke. Der bidirektionale Datenaustausch findet auf gleiche Weise mit den beiden Voreinstellgeräten von Haimer und Zoller statt. Per Mausklick wird über einen Parser-Lauf im FactoryDirektor VM das Einrichteblatt erzeugt.“
Dokumentation der Arbeitsvorbereitung und des Shopfloors
„Diese Informationsbereitstellung geschieht innerhalb weniger Sekunden. Und das Ergebnis versteht jeder Mitarbeiter: Er sieht sofort, wie das Komplettwerkzeug zusammengebaut, vermessen und welcher Maschine es zugeordnet wurde“, so Martin Holzinger zur durchgängigen Dokumentation. „Im Grunde genommen handelt es sich dabei um einen digitalen Zwilling, denn es handelt sich um die komplette Betriebsmitteldokumentation der Arbeitsvorbereitung und des Shopfloors. Die virtuelle Maschine – Miba hat sie. Den digitalen Werkzeug-Zwilling dazu haben wir mit Coscom ToolDirektor VM implementiert“, sagt Christian Erlinger, Mitglied der Geschäftsleitung bei Coscom.
Insgesamt sind bis dato in der Softwarelösung rund 1.600 Komplettwerkzeuge definiert, davon rund 270 Standardwerkzeuge und etwa 4.000 einzelne Komponenten digital archiviert. Martin Holzinger erklärt, warum das Thema Werkzeugstandzeiten für Miba so wichtig ist: „Früher hat der Bestand an gebrauchten Werkzeugen über die Zeit erheblich zugenommen, weil die Mitarbeiter unsicher waren, ob das Werkzeug für den Auftrag noch reichen würde. Daher haben sie lieber ein neues als ein gebrauchtes Werkzeug verwendet, obwohl es noch benutzbar gewesen wäre.“ Diesem „toten“ Kapital konnte man sich bei Miba nun entledigen.
Visualisierung an den Maschinen durch zentrales Datenmanagement
Der Digitalisierungs-Bogen spannt sich bei Miba von der AV bis in den Shopfloor. Alle fertigungstechnischen Informationen für den Arbeitsgang werden im Werkzeugbau mit der zentralen Vernetzungstechnologie InfoPoint VM von Coscom an Terminals direkt an der Maschine visualisiert. Hier kann der Bediener alle Fertigungsinformationen abrufen. Der InfoPoint VM stellt sicher, dass das geprüfte Ergebnis aus der CAM- und Simulationsabteilung entsprechend den Vorgaben umgesetzt wird. Auf diese Weise wurden die bisherigen „Insellösungen“ der Visualisierung an den Maschinen durch ein zentrales System abgelöst. Martin Holzinger nennt einen von vielen Nutzen: „Das Erstellen eines Einrichteblattes ist heute eine Knopfdrucklösung, stets mit den richtigen Informationen.“
„Es ist unglaublich, was da hochgerechnet über die Vielzahl der Mitarbeiter an Einsparungen zusammenkommt“, freut sich Thomas Schernthaner auf die künftige Implementierung der Coscom-Lösung in der Serienfertigung. Dies sei nicht nur in Geld zu messen, sondern auch in Form von Zufriedenheit und Motivation. Keine Frage, Miba als Arbeitgeber hat an Attraktivität gewonnen und sollte das Recruiting von neuen Mitarbeitern erleichtern.
Thomas Schernthaner fasst den Erfolg des Projekts zusammen: „Die Lösung ist jederzeit erweiterbar und damit lernfähig. Die Projektumsetzung in Sachen zentrales Datenmanagement hat seine Zeit gedauert und es war ein gewisser Initialaufwand notwendig. Aber die Mühe ist es wert gewesen, weil wir dabei auch an die Zukunft gedacht haben: Das neue System ist „generationsfähig“. Digitalisierung ist die Grundlage für die Arbeit von morgen, da bin ich mir sicher. Im Rahmen unserer Digitalisierungsstrategie haben wir mit Coscom eine nachhaltige IT-Lösung für diesen Trend geschaffen – und somit die Basis für die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens.“
Der Autor Dr. Bernhard Valnion ist freier Fachjournalist in München.
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