27.07.2022 – Kategorie: Digitalisierung, Fertigung, Fertigungs-IT

Smarte Lösungen für eine Null-Fehler-Produktion

Quelle: Andrii Chagovets/Adobestock

Die Europäische Union möchte Null-Fehler-Ansätze in der Produktion vorantreiben. Ein Projekt von Fraunhofer IAO, Airbus und Continental erscheint besonders aussichtsreich.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind produzierende Unternehmen dazu gezwungen, ihre Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit stetig zu optimieren und zu steigern. Ein Ansatz dafür liegt in der Reduktion von Ausschuss und Nacharbeit durch die gänzliche Vermeidung von Fehlern in der Produktion: die Null-Fehler-Produktion (auf Englisch: Zero Defect Manufacturing, kurz ZDM). Mit dem Ziel, ein offenes, zertifizierbares und hochgradig standardisiertes, KMU-freundliches und datengesteuertes ZDM-Produkt- und Dienstleistungsmodell für die Fabrik 4.0 auf messbare und reproduzierbare Weise zu demonstrieren, hat die Europäische Union im Januar 2019 das Projekt QU4LITY initiiert. Hierbei handelt es sich um das größte europäische Projekt, das sich mit Autonomous Qu4lity (AQ) und Zero Defect Manufacturing beschäftigt, um die europäische Industrie dazu zu befähigen, die Herausforderungen der Industrie 4.0 zu meistern. Daran beteiligt sind 45 Projektpartner, darunter auch mehrere Fraunhofer-Institute, aus 13 Ländern, die in den letzten drei Jahren anhand von 14 Pilotlinien Lösungen erforschten und erprobten.

Mit »OntReq«, »OntDES« und »FailureD 4.0« hat das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO gemeinsam mit Airbus und Continental drei innovative Lösungen für die Produktionssystemplanung und Fehlerschreibung entwickelt. »In jedem Unternehmen gibt es eine Unmenge von verschiedenen Aufgaben, Bereichen, Tools, Daten, Methoden oder Begriffen, die meistens nicht kompatibel sind. Wir haben deshalb mit unseren beiden Industriepiloten ein Rahmenwerk entwickelt, das eine Gesamtarchitektur für IT-Systeme mit Strategiegen und Ansätzen beinhaltet«, erklärt Joachim Lentes, Projektleiter am Fraunhofer IAO, das Vorhaben.

Anforderungsmanagement- und Simulationssystem für fehlerfreie Produktionsplanung

Anhand eines Anwendungsfalls in der Flugzeugrumpfmontage des weltweit tätigen Konzerns Airbus hat das Fraunhofer IAO im Rahmen eines gemeinsam mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne EPFL und Visual Components erforschten Trade space frameworks zwei cloudbasierte Systeme für eine fehlerfreie Produktionssystemplanung entwickelt: das universelle, ontologiebasierte Anforderungsmanagementsystem namens »OntReq« sowie »OntDES«, ein ebenso ontologiebasiertes System für die ereignisdiskrete Simulation. Mithilfe von OntReq können Montageplanerinnen und -planer Anforderungen einfach und schnell auf der Grundlage vorhandener Unterlagen (wie beispielweise Word-Dokumente) definieren und deren Erfüllung während der Montagesystemplanung verfolgen. Anschließend können sie über OntDES mit geringem Aufwand überprüfen und dokumentieren, ob die genannten Anforderungen durch die geplanten Montagesysteme auch erfüllt werden. »Durch die einfache Anwendbarkeit der entwickelten Lösungen und die ontologiebasierte digitale Durchgängigkeit der Informationsflüsse, können sich die Anwenderinnen und Anwender mehr auf ihre eigentliche Arbeitsaufgabe, die Montagesystemplanung, fokussieren und müssen keine Zeit für Routinetätigkeiten wie Datenübernahmen aufwenden«, erklärt Lentes den Vorteil der beiden Systeme. Rebeca Arista, Industrial System Digital Continuity Specialist bei Airbus, betont: »Das im Rahmen des Qu4lity-Projekts demonstrierte Trade space framework ist für Airbus eine gute Grundlage über modernste Methoden und Technologien zu lernen, um Null-Fehler-Fertigungssysteme zu erzielen und die richtigen Prozesse in unseren Produktionslinien auf Anhieb sicherzustellen.«

Fehler-Dokumentationssystem für den Einsatz in der Null-Fehler-Produktion

Für den Automobilzulieferer Continental Automotive GmbH entwickelte das Forschungsteam des Fraunhofer IAO »FailureD 4.0«, ein KI-basiertes System zur Unterstützung der Dokumentation von Produktfehlern. Hintergrund ist, dass es für multinationale Unternehmen mit einer Vielzahl an Mitarbeitenden mit unterschiedlichen Muttersprachen eine große Herausforderung darstellt, Fehler standardisiert ohne nennenswerten Aufwand im Produktionsbereich zu dokumentieren, um eine Fehleranalyse und deren Behebung zu ermöglichen. Auf der Grundlage eines semantischen Datenmodells bietet FailureD 4.0 den Anwenderinnen und Anwendern bereits bei der Eingabe der Fehlerbezeichnung automatisch Vorschläge aus dem sechssprachigen Fehlerkatalog von Continental an. Dadurch können Fehler einfacher standardisiert, dokumentiert und analysiert sowie Fehlerquellen schneller identifiziert und behoben werden.

Das Projekt »Qu4lity – Digital Reality in Zero Defect Manufacturing« wird von der Europäischen Union im Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 gefördert und läuft Ende Juli 2022 aus. Es liefert wertvolle Erkenntnisse, die auf weitere Unternehmen jeglicher Größe und Branche übertragbar sind.

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