04.05.2022 – Kategorie: Produktionsprozesse
Smart Condition Monitoring durch die Kombination von IIoT und Cloud
Auf Grundlage permanenter Zustandsüberwachung können Maschinen sicherer und effizienter betrieben werden. Diese Tatsache ist nicht neu, intelligente Assets senden heute die hierfür benötigten Zustandsgrößen über entsprechende Schnittstellen an übergeordnete Instandhaltungssysteme. Was ist aber mit älteren Komponenten, die nur über einen geringen Automatisierungsgrad verfügen? Eine intelligente Kombination aus IIoT-Sensoren, Gateways und Cloud-Services eignet sich optimal als kostengünstiges und vielseitiges Nachrüstpaket.
Smart Condition Monitoring in der Praxis: Menschen, die heute im Auto von A nach B kommen wollen, nutzen wie selbstverständlich ein Navigationsgerät. Mittlerweile bieten viele Fahrzeughersteller recht erschwingliche Einbauten ab Werk an. Wer diesen Aufpreis nicht bezahlen möchte oder einen Gebrauchtwagen ohne Navigationsgerät ersteht, greift gerne zum Smartphone: Die mobile Navigation über verbaute GPS-Empfänger und entsprechende Apps ist mittlerweile sehr komfortabel und zuverlässig. Neben Sprachsteuerung und automatischer Stauumfahrung kann das Handy heute selbst zur Verkehrszeichenerkennung genutzt werden .
Smart Condition Monitoring statt Anlagenausfall
Wenn doch auch andere Herausforderungen mit einer solch einfachen Nachrüstung-Lösung gemeistert werden könnten! Die permanente Überwachung von Maschinen zum Beispiel: Antriebe, Pumpen, Kompressoren oder Rührwerke bilden in vielen Prozessanlagen das Rückgrat der Produktion, indem sie Medien transportieren oder verarbeiten. Im Gegensatz zu smarten Feldgeräten verfügen sie nicht über Fähigkeiten zur Selbstdiagnose und trotz der oft hohen mechanischen Belastungen sind sie über lange Jahre im Einsatz. Selbst wenn sie nicht als hochkritisch eingestuft werden – und damit auch nicht aufwendig überwacht werden – würde ihr Ausfall für den Anlagenbetreiber Zeit und Geld kosten.
Einfach nachrüsten
Handyhalter einbauen (übrigens Vorschrift!), App installieren und Route berechnen lassen – zugegeben, ganz so einfach ist das mit dem Nachrüsten eines Condition Monitoring Systems nicht. Aber fast: Eine Handvoll Hardware montieren, eine halbe Stunde Installationszeit investieren und die Basis steht – das leistet Sitrans SCM IQ, das smarte Condition Monitoring System der Siemens AG!
IIoT-Sensoren werden auf die zu überwachenden rotierenden oder vibrierenden Anlagenkomponenten geschraubt und sammeln Schwingungs- und Temperaturdaten. Per Bluetooth werden diese an Gateways gesendet und von dort gelangen sie zur Analyse in eine Cloud Anwendung. Künstliche neuronale Netze überwachen permanent Schwingungscharakteristika und bei Abweichungen, die auf einen sich anbahnenden Ausfall des Assets hinweisen, werden anlassbezogene Warnungen ausgegeben. So können Anwender einzelne Aggregate oder ganze Maschinenparks sehr kostengünstig und ohne großen Installationsaufwand mit einem Condition Monitoring System nachrüsten. Auf dieser Grundlage ist eine zustandsbasierte prädiktive Wartung möglich, die im Gegensatz zu korrektiven und präventiven Ansätzen zu weitaus erhöhter Anlagenperformance führt.
Smart Condition Monitoring über drei Ebenen
Werfen wir einen genaueren Blick auf das System und dessen Installation: Die Architektur der Applikation ist in drei Ebenen darstellbar. Erstens die Sitrans MS200 Multisensoren, die im Feld direkt an den Anlagenkomponenten angebracht werden und Schwingungs- beziehungsweise Beschleunigungsdaten sammeln. Als zweites kommen die Sitrans CC220 Gateways in der Kommunikationsebene, welche die Daten gesammelt an die Cloudanwendung übergeben. Und schließlich die eigentliche Intelligenz, die in der dritten Ebene sitzt, in der Sitrans SCM IQ App in der Cloud. Die Bedienung und Ausgabe erfolgt browserbasiert auf mobilen oder stationären Devices.
Die IIoT-Sensoren befinden sich in einem robusten, nach IP 68 geschützten Industriegehäuse, der per Stehbolzen oder Gewindestift direkt auf die Anlagenkomponente geschraubt wird. Alternativ ist auch Anklemmen oder Ankleben möglich. Grundsätzlich funktionieren die Multisensoren mit allen Anlagenkomponenten, die vibrieren oder rotieren und die im Bereich der Spezifikation des Sensors liegen. Eine Verkabelung der batteriebetriebenen Sensoren ist nicht notwendig: Die Vibrations- und Temperaturdaten werden über Bluetooth Low Energy (BLE) an die nächste Ebene, die Cloud-Gateways geschickt.
Dabei kann ein Sitrans CC220 Gateway die übertragenen Informationen von bis zu fünf Multisensoren empfangen. Über eine Internetverbindung gelangen die Daten dann in die dritte Ebene, in die MindSphere, dem cloudbasierten, offenen IoT-Betriebssystem von Siemens. Sämtliche Wege sind durchgehend verschlüsselt: vom Sensor zum Gateway und von dort in die Cloud und die Apps. Ein Zertifikate-Management macht zudem die Authentifizierung und Verbindung der Gateways mit der Cloud sicher. Sie basiert auf Sicherheitsmaßnahmen gemäß den Branchenstandards IEC 62443 und ISO/IEC 27001. In der Cloud-Applikation werden die gelieferten Daten analysiert und auf Anomalien hin überwacht. Über die Sitrans SCM IQ App wird der Anwender jederzeit über den Zustand seiner überwachten Maschinen informiert.
In drei Schritten zum Ziel
Das Setup von Sensoren und Gateways ist der erste Schritt. Sind sie online und die Cloud-Applikation wird mit den Rohdaten versorgt, folgt Schritt zwei: die Anlernphase. In einem Zeitraum von circa zwei Wochen lernt das System unterschiedliche Betriebszustände eines Assets kennen. Diese werden selektiv dem Gutzustand zugeordnet. Der Anwender muss in dieser Zeit weder die Betriebszustände dokumentieren noch dem System explizit bekanntmachen. Ist das erste Anlernen abgeschlossen, ermittelt das KI-Modell (Künstliche Intelligenz) den sogenannten Abweichungsindex. Wird dieser zu groß, generiert das System eine Meldung. Der Abweichungsindex ist kein Schwellenwert, der vom Anwender festgelegt werden muss, er wird vollautomatisch per Algorithmus ermittelt. Ein bislang ungelernter Sachverhalt, wie beispielsweise ein noch nicht aufgetretener Lastzustand, wird vom System selbstverständlich zunächst ebenfalls als Anomalie erkannt. Durch Re-Learning der entsprechenden Zeiträume können solche Zustände dem Gutzustand jedoch komfortabel hinzugefügt werden.
Der dritte Schritt ist dann der reguläre Betrieb und die laufende Optimierung: Tritt eine Anomalie aufgrund erhöhter Vibrationen auf, die den Abweichungsindex überschreitet, meldet Sitrans SCM IQ, dass ein Maschinenteil auf dem Weg in den Schlecht-Zustand ist. Die Meldung erfolgt über SMS oder per E-Mail an die Wartungsspezialisten. Nach Überprüfung des entsprechenden Maschinenteils und Feststellung der Ursache werden die Erkenntnisse wie zum Beispiel Anzeichen für einen beginnenden Lager- oder Dichtungsschaden, eine Unwucht etc. über die App ans System zurückgemeldet. Außerdem kann dokumentiert werden, welche Wartungsschritte an der Maschine durchgeführt wurden. Tritt irgendwann dieselbe charakteristische Abweichung auf, meldet Sitrans SCM IQ, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um denselben beginnenden Fehler handelt und wie er behoben werden kann.
Einfache Maßnahmen – große Wirkung
Das laufende System meldet Maschinenanomalien sehr präzise und frühzeitig. Anstatt erst zu reagieren, wenn ein Fehler eine Maschine außer Betrieb gesetzt hat, können nun Wartungsmaßnahmen vorausschauend und flexibel geplant werden. Das vermeidet ungeplante Anlagenstillstände und den Verlust von Produkten durch Maschinenschäden. Sitrans SCM IQ ist als Lösung für anlagenweites, ja sogar standortübergreifendes Asset Monitoring ausgelegt. Ähnlich wie beim eingangs erwähnten Navigationsnachrüstpaket zeichnet sich diese Applikation durch seine hohe Funktionalität und Anwenderfreundlichkeit aus: Nutzer benötigen keinerlei Vorwissen zur Vibrationsanalyse oder gar Programmierkenntnisse für das Smart Condition Monitoring.
Wer also beginnen möchte, die Produktion mit dem Internet der Dinge zu koppeln, findet im System von Siemens einen idealen Einstieg: Bestehende Prozesse werden in keiner Weise beeinflusst, der Verkabelungs- und Installationsaufwand ist nahe null und das alles zu einem Einstiegspreis, der so gering ist, dass der Return on Invest in vielen Fällen bereits nach wenigen Monaten erreicht ist.
Der Autor Johannes Burchardt ist Marketing Manager Sitrans SCM IQ bei der Siemens AG.
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