21.03.2013 – Kategorie: Handel, Management
Shareconomy – vom Social Business zum Social Life
digitalbusiness CLOUD: Herr Körner, Shareconomy ist in diesem Jahr das Motto der CeBIT. Was versteht IBM darunter? Taugt dieses Konzept eher auf theoretischer Ebene oder gibt es auch schon praktische Beispiele?
Ivo Körner: Im weiteren Sinne umfasst der Begriff Shareconomy viele Bereiche im Unternehmen und in unserer Gesellschaft allgemein – angefangen beim Car-Sharing über das Room-Sharing bis hin zum Teilen von Informationen in den Social Media beziehungsweise in einem Social Business. Und mittlerweile gibt es zahlreiche Beispiele, die die Praxisnähe belegen, was man daran ablesen kann, dass immer mehr Unternehmen auf den Wandel in ein Social Business setzen. Technologie ist ein wesentlicher Enabler einer Shareconomy, sie funktioniert aber nur, wenn in den Unternehmen die entsprechende Kultur vorhanden ist. Die richtigen Rahmenbedingungen sind gegeben, wenn die Mitarbeiter generell bereit sind, ihr Wissen und Können zu teilen, wenn das Unternehmen offen kommuniziert, also etwa Feedback und Kritik zulässt und wenn es weniger von hierarchischen Strukturen geprägt ist.
digitalbusiness CLOUD: Shareconomy hat Auswirkungen auf verschiedene Anwendungsfelder: Social Business, Big Data, Mobility, Cloud. Wie sieht ein solches Zusammenspiel Ihrer Meinung nach im Idealfall aus? Ist hier von einem Paradigmenwechsel in der IT auszugehen?
Ivo Körner: Die genannten Technologiefelder sind ein wesentlicher Treiber der Shareconomy, denn sie schaffen die Voraussetzung dafür, dass die Kultur des Teilens auch praktikabel anwendbar ist. Wie ein Zusammenspiel der Kräfte wirkt, kann zum Beispiel im Bereich Unternehmensmarketing abgelesen werden: Social Media und Mobility lassen die Interaktionen zwischen Marken und Kunden exponentiell in die Höhe schnellen. Kein Marketer kann es sich heute mehr leisten, darauf nicht zu reagieren. Effizient kann er dies aber nur mit Hilfe von Big-Data-Technologien. Allerdings ist es noch etwas zu früh, von einem Paradigmenwechsel zu sprechen. Zwar überdenken immer mehr Unternehmen ihr Geschäftsmodell, doch ist die Akzeptanz für die neuen Möglichkeiten noch nicht allgegenwärtig.
digitalbusiness CLOUD: Wo sehen Sie die größten Wachstumsfelder der Shareconomy, also bei welchen Anwendungen und in welchen Branchen?
Ivo Körner: Vor allem Unternehmen, die in hohem Maße von ihrem Know-how und ihrem Innovationsgeist leben, werden verstärkt in die Enabler der Shareconomy investieren. Gerade Innovationen sind heute immer mehr auch eine Sache von Kooperationen. Tatsächlich arbeiten 53 Prozent der CEOs in großem Umfang mit Partnern zusammen, um Innovation zu schaffen, das zeigte unsere CEO-Studie 2012. Für den deutschen Mittelstand, der seine Ideen in die ganze Welt exportiert, ist dies besonders wichtig, daher finden wir unter ihnen nicht wenige Social-Business-Vorreiter. Unternehmen wie Hans Grohe oder Bosch werden hier immer wieder als Vorzeigeunternehmen genannt. Sie müssen mit ihren Ideen ständig einige Takte schneller sein als die Wettbewerber, um ihren Vorsprung zu halten – und das gelingt ihnen zunehmend durch kooperativen Geschäftsstil untereinander und mit Partnern.
digitalbusiness CLOUD: Welche Auswirkungen hat die Shareconomy auf die Arbeitswelt? Inwieweit hat sich die Arbeitswelt auch durch Einflussfaktoren wie Social Business, Cloud Computing oder Mobility verändert beziehungsweise wird sich dadurch in den nächsten Jahren verändern?
Ivo Körner: Die Auswirkungen der Shareconomy auf die Arbeitswelt sind vielseitig. Zum einen erleben wir, dass die Menschen immer häufiger die Techniken des Austauschs und der Kooperation, die sie für sich in ihrem Alltag, auf ihren Social-Plattformen, mit ihren mobilen Geräten, entdeckt haben und pflegen, auch für ihre Arbeit nutzbar machen wollen. Das hat Vorteile für die Innovationsfähigkeit und Effizienz eines Unternehmens. ByoD ist ein Trend, der aus dieser Entwicklung entspringt und der vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Allerdings birgt diese Grenzüberschreitung zwischen Beruf und Privatleben auch das Risiko in sich, dass die Mitarbeiter nicht mehr abschalten können –, und zwar ganz buchstäblich. Mit diesem Thema muss man aktiv umgehen, sprich man muss Wege finden, die Arbeitswelt trotz zunehmender Always-on-Mentalität human zu gestalten. Meiner Meinung nach sind Verbote hier allerdings kein probates Mittel. Besser ist es, wenn die Führungspersonen mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie respektvoll mit der arbeitsfreien Zeit umgehen – mit derjenigen der Mitarbeiter wie der eigenen.
digitalbusiness CLOUD: Wo liegen die Schwierigkeiten und die Herausforderungen für Unternehmen bei der Umsetzung der Shareconomy?
Ivo Körner: Man kann nicht von heute auf morgen sagen: Wir machen jetzt Shareconomy, wenn die Voraussetzungen nicht schon im Vorfeld gegeben sind. Ein Unternehmen, das bislang mit eiserner Faust regiert wurde, wird sich nicht über Nacht verwandeln. Die Transformation beginnt mit der Kultur und hier haben diejenigen Unternehmen einen klaren Vorteil, die in der Vergangenheit die Basis gelegt haben: Diese setzt sich zusammen aus einer partnerschaftlichen Führung, dem kooperativen Teilen von Wissen und Können und einem offenen Kommunikationsstil.
digitalbusiness CLOUD: Zum Thema Sicherheit: Gehen auch Gefahren von einem Shareconomy-Konzept für Unternehmen aus? Was sollten diese bei der Umsetzung beachten?
Ivo Körner: Eine Gefahr besteht sicherlich darin, den Trend zu verschlafen, indem man die Schotten seines Geschäfts verschlossen hält. Allerdings gibt es natürlich auch innerhalb der Shareconomy Risiken, diese soll man nicht verschweigen. Die Gefahr, dass kritische Informationen in unbefugte Hände geraten, ist gegeben. Diesen Risiken muss man mit intelligenten Sicherheitskonzepten begegnen. Vor allem aber muss man seine Mitarbeiter sorgfältig auf die Shareconomy vorbereiten und die erforderlichen Kompetenzen aufbauen – mit Coaches, Trainings und verbindlichen Guidelines.
digitalbusiness CLOUD: Wirkt sich die Shareconomy auch auf Nutzungsrechte aus?
Ivo Körner: Die Nutzungsrechte sind ein Thema, das in der Shareconomy diskutiert wird, weil die Grenzen mehr und mehr zu verschwimmen scheinen. Aber hier gibt es Gesetze, die in der Shareconomy nicht außer Kraft gesetzt werden und nach wie vor Gültigkeit haben, ganz egal, wie einfach es in Zeiten der digitalen Reproduzierbarkeit ist, geistige Erzeugnisse zu kopieren und weiterzuleiten. Auch hier gilt: Vorbereitung und Schulung sind unerlässlich, um die Vorzüge der Shareconomy nutzen zu können.
digitalbusiness CLOUD: Neben der Shareconomy gibt es noch andere Trends auf der CeBIT, nämlich das Internet der Dinge und Industrie 4.0. Wie passen diese Entwicklungen zusammen? Welche Auswirkungen hat das Internet der Dinge wiederum auf die Wirtschaft?
Ivo Körner: Die Bedeutung des Internets der Dinge hat IBM in seiner Smarter-Planet-Vision antizipiert: In der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung auch der gegenständlichen Welt steckt enormes Potenzial, Prozesse effizienter zu gestalten. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass man intelligent mit der enormen Datenmenge umgehen kann, die dabei entsteht. Auf diesen Bedarf ist unser Analytics-Portfolio gerichtet.
digitalbusiness CLOUD: Abschließend noch eine persönliche Frage: Setzen Sie selbst auch schon auf die Shareconomy?
Ivo Körner: Shareconomy-Prinzipien haben bei IBM eine lange Tradition, sie gehören zu unserer kulturellen Identität. Das zeigt sich in der starken Social-Business-Adaption bei IBM oder in unseren globalen Innovation-Jams. Und auch ich persönlich bemühe mich um einen offenen, kollaborativen Arbeitsstil in meinem Team – das geht bei IBM gar nicht anders.
digitalbusiness CLOUD: Herr Körner, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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