09.11.2022 – Kategorie: Automatisierung & Robotik

Schweißroboter: Mehr Effizienz durch Simulation und Automatisierung

SchweißroboterQuelle: ESAB

Einwandfreie Schweißnähte können ohne langjährig Erfahrung in der Werkstatt zur Herausforderung werden – und komplexe Schweißverbindungen bergen selbst bei umfangreicher Schweißerfahrung die Gefahr hoher Kosten, von Ausschuss und Zeitverlust. Was tun?

Schweißroboter in der Praxis: Um Produkte schneller als je zuvor auf den Markt zu bringen, ohne Kompromisse bei der Qualität einzugehen, müssen Hersteller bis dato etablierte, unausgereifte Prozesse hin zu wettbewerbsfähiger Qualität und Effizienz entwickeln. Simulation kann dabei zur Automatisierung der Prozessentwicklung sowie -optimierung beitragen und physische Fertigungsiterationen sowie daraus resultierenden Ausschuss reduzieren oder gar verhindern.

Schweißsimulationen sichern die Produktqualität

Die Simulation von Schweißprozessen kann also die Fertigung als auch das Produkt selbst optimieren. Eine gängige Software dazu ist Simufact Welding von Hexagon. Sie modelliert und simuliert eine breite Palette von thermischen Fügeprozessen, einschließlich Lichtbogen- und Strahlschweißverfahren. Die Software hilft Fertigungsunternehmen auch bei der Modellierung von Wärmebehandlungen, Kühl- und Entspannungsvorgängen, bei der Optimierung der nötigen Spannmittel oder der mechanischen Belastungen der geschweißten Strukturen. Sie prognostiziert Verformungen und Eigenspannungen durch virtuelle Versuche.

Mit all diesen Informationen lässt sich beispielsweise herauszufinden, welche Fertigungsstrategien zu bestmöglicher Maßhaltigkeit führen. Dazu berücksichtigt die Simulationssoftware automatisch die komplexe Kontaktsituation zwischen den Bauteilen, um Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Schweißnaht, insbesondere deren Festigkeit, zu erhalten. Dazu werden die mikrostrukturellen Eigenschaften innerhalb der Wärmeeinflusszone berechnet. Schweißfehler lassen sich so im Vorfeld der Bearbeitung vermeiden.

Spannmittel optimieren

Simulation kann dem Schweißfachmann zudem helfen, die optimalen Spannmittel auf Basis realer Werkzeuggeometrien zu ermitteln, wobei sie unter anderem Spannkräfte und Steifigkeiten berücksichtigt. Neben den Spannkonzepten lassen sich zudem geeignete Schweißsequenzen identifizieren. Die Software prognostiziert die Endkontur der Baugruppe und hilft, in der Serienfertigung minimale Toleranzen zu ermöglichen. Ein neues Visualisierungskonzept macht den gesamten Schweißprozess mit all seinen Prozessschritten überschaubar, Einflussfaktoren werden für unterschiedliche Fertigungs-Varianten auf einen Blick deutlich. Mit den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich Produktionsprozesse optimieren, die Produktqualität erhöhen und Entwicklungszyklen verkürzen.

Schweißroboter und -automatisierung für mehr Effizienz

Neben der Simulation von Schweißprozessen ist deren Automatisierung entscheidend für eine effiziente und kostengünstige Fertigung. Solche Automatisierungen liefert beispielsweise der schwedische Schweißgeräte-Hersteller ESAB. Das Unternehmen hat automatisierte Schweißprozesse für unterschiedlichste Branchen wie der Windenergie, Petrochemie, LNG, Offshore und Schiffbau entwickelt. Ein Beispiel ist die Integrated Cold Electrode (ICE) genannte Unterpulverschweißtechnologie, die einen dritten, elektrisch isolierten Draht parallel zu zwei „heißen Drähten“ im selben Brenner nutzt. Die durch den Schweißprozess erzeugte Wärme schmilzt diese dritte, stromlose Schweißelektrode auf, wodurch sich die Abschmelzleistung und die Verfahrensgeschwindigkeit erhöhen, ohne dass mehr Energie in die Schweißnaht eingebracht werden muss. Im Ergebnis liefert ICE eine erhöhte Niedrigtemperaturzähigkeit und Produktivität.

Untersuchungen, wie die Drahtvorschubgeschwindigkeiten beschleunigt werden können, haben zum sogenannten Swift-Arc-Transfer-Verfahren (SAT) geführt. Der dabei verbesserte Spritzübertragungs-GMAW-Prozess verwendet typische Drahtvorschubgeschwindigkeiten von 16 bis 25 m/min. Dies ermöglicht Schweißgeschwindigkeiten, die zwischen 20 und 100 Prozent schneller sind als herkömmliche Lösungen.

Automatisiertes Schweißen mit Robotern

Schweißroboter liefern gegenüber dem manuellen Prozess erhebliche Produktivitätssteigerungen. Roboterschweißen ermöglicht zudem gleichmäßige und ausbaufähige Qualitäten, da sich die wiederholbaren Prozesse kontinuierlich verbessern lassen. Automatisierte Systeme schweißen und bewegen sich schneller als manuelle Verfahren, erlauben Drähte größeren Durchmessers und müssen für eine Neupositionierung nicht stoppen. Kontinuierliche Schweißnähte können dabei auch die Nacharbeit reduzieren.

Anwendungen, die ein einheitliches Schweißraupenprofil und gleichmäßigen Einbrand erfordern, profitieren von automatisierten Systemen durch deren höhere Konsistenz. Wenn es für den menschlichen Bediener unsicher werden würde, können die automatisierten Systeme weiterarbeiten. Schweißroboter ersparen den menschlichen Kollegen unbequeme Positionen und reduzieren die Belastung durch Rauch und UV-Strahlung.

Akkus fürs E-Auto

E-Mobilität treibt die Nachfrage nach Akkumulatoren in immer höhere Gefilde. Dabei können die erforderlichen Strukturen bis zu 10.000 kritische Schweißnähte benötigen. Jede einzelne dieser Verbindungen muss robust und in optimaler Reihenfolge ausgeführt sein, damit die Effizienz stimmt und thermisch-mechanische Spannungen die Produktqualität nicht beeinträchtigen. Da die Akkumulatoren in großen Stückzahlen und unter hohen Qualitätsanforderungen hergestellt werden, könnte selbst ein erfahrener Schweißer nicht mit einem automatisierten System in Qualität und Quantität mithalten. Trotz allem ist menschliches Wissen essentiell. Jedoch muss es skaliert werden, damit sich das automatisierte Schweißen weiterentwickeln kann.

Schweißroboter: Fazit und Ausblick

Hersteller von Schweißgeräten wie ESAB haben große Fortschritte durch die Demokratisierung der Roboterprogrammierung mittels Offline-Programmierwerkzeugen gemacht. Ähnlich wie bei CAM-Software für die Programmierung von Werkzeugmaschinen kann der Programmierer die Roboterbahn in einer intuitiven 3D-Umgebung erstellen, die die Geometrie und Kinematik des Roboters und des Schweißkopfes berücksichtigt. Solche Werkzeuge verringern das Risiko und vereinfachen die Roboterprogrammierung, indem sie Bahnen erzeugen, die Kollisionen vermeiden oder die Geschwindigkeit optimieren. Allerdings müssen in diesem Prozess auch die Schweißanweisungen eingegeben werden. Hier sind Schweißerfahrung und das Prinzip Versuch-und-Irrtum immer noch Voraussetzung für qualitativ hochwertige Ergebnisse.

Marktunsicherheiten und technologische Umwälzungen in der Fertigungsindustrie machen die „flexible Fertigung“ zum neuen Mantra. Der Schlüssel zur Flexibilität ist die effektive Nutzung von Daten. Angesichts des Fachkräftemangels und des Bedarfs nach mehr Flexibilität bei der Anpassung an neue Konstruktionsvarianten oder kleinere Serien bei OEMs sowie ihren Zulieferern experimentieren einige Unternehmen mit KI-Techniken: So soll das althergebrachte Wissen erfasst und dokumentiert werden, wenn erfahrene Schweißer das Unternehmen verlassen oder Fachkräfte fehlen.

Hersteller profitieren, wenn sie kritische Vorgänge in Schweißprozessen automatisierten. Sie gewinnen Erkenntnisse aus der Simulation zugrundeliegender Physik und erkennen Schwachstellen, die Risse und Defekte verursachen können, bevor die erste Schweißnaht physisch entsteht.

Der Autor Dr. Ingo Hahn ist verantwortlich für Product Management Simufact Welding and Joining, Manufacturing Intelligence Division, bei Hexagon.

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