24.11.2021 – Kategorie: Fertigungs-IT
SAP-Workflow-Management: Automatisierte Prozesse von Anfang bis Ende
Im Zusammenspiel mit End-to-End-Variantenkonfiguration und Automatisierung kann die cloudbasierte SAP-Workflow- Management-Lösung die komplette Auftragsgewinnung und -abwicklung steuern, überwachen und optimieren. Manuelle Tätigkeiten und automatisierte Prozesse werden damit im Einklang orchestriert.
Kundenorientierte Produkte stellen die Auftragsgewinnung und -abwicklung vor neue, große Hürden. Zahlreiche Varianten steigern die Komplexität von Produkten und Prozessen. Ein integriertes Variantenmanagement, das die End-to-End-Auftragsabwicklung automatisiert, hilft dabei, die Komplexität zu beherrschen. Mit Platform-Workflow-Management bietet SAP eine Cloud-basierte Lösung (SAP-Workflow-Management), die alle Geschäftsprozesse abbildet.
Herausforderung Losgröße 1
Im Business-to-Consumer-Bereich (B2C) optimieren Hersteller die angebotene Variantenvielfalt mit modularen Produktbaukästen durch möglichst hohe Wiederverwendung standardisierter Baugruppen und Einzelteile. Nicht alle herstellbaren Varianten werden auch angeboten. Im Produktkonfigurator können Kunden ihr individuelles Wunschprodukt zusammenstellen. Sie wählen aus einem Angebotskatalog einzelne voneinander unabhängige Produktkomponenten (Pick-to-order: PTO) oder vordefinierte Kombinationen (Assemble-to-order: ATO).
Bei weiterer Steigerung des Komplexitätsgrads der Produkte spezifizieren sie ihre Anforderungen anhand vordefinierter möglicher Werte von Produktmerkmalen. Darauf basierend findet der Produktkonfigurator mit einem abgestimmten Regelwerk die passende Kombination von Einzelteilen und Baugruppen aus den vorab geprüften Varianten des Baukastens (Configure-to-order: CTO). Vorreiter ist die Automobilindustrie, die mit Konfiguratoren ihr Produktportfolio optimiert hat: Von der Farbe über die Motorisierung bis hin zu diversen Optionen für Fahrassistenzsysteme oder das Interieur hat die Kundschaft diverse Möglichkeiten, ein Automodell individuell zu gestalten. Abbildung 1 verdeutlicht die heutige Produkt- und Prozesskomplexität.
Im Bereich Business-to-Business (B2B) des Maschinen- und Anlagenbaus sowie der Fertigungsindustrie ist ein abgespeckter Lösungsraum keine Option. Die verkaufsfähige Variantenanzahl und -komplexität liegt um ein Vielfaches höher. Sonderlösungen als Losgröße 1 sind der „neue“ Standard. Viele der angebotenen Komponenten sind vorab nicht fertiggestellt. Im Engineer-to-order-Prozess (ETO) müssen Ingenieure nach einer Bestellung in der Konstruktion neue CAD/CAE-Modelle erstellen, technische Absicherungen mit Simulationen durchführen, in der Arbeitsvorbereitung die notwendigen Stücklisten und Arbeitspläne anlegen oder SPS- und CNC-Programme für die Bewegungs- und Arbeitsabläufe der Maschinen entwickeln.
Viele manuelle Arbeitsschritte werden in verschiedenen digitalen Software- und Engineering-Systemen von Mitarbeitern ausgeführt, bis alle notwendigen Vorarbeiten erledigt sind und der Fertigungsauftrag in die Produktion eingeschleust wird. Jeder neue Kundenauftrag, der in das SAP-System einläuft, startet einen individuellen, stets neuen Auftragsabwicklungsprozess.
SAP-Workflow-Management: Automatisierter Prozess durch integriertes Variantenmanagement
Wie können Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau im Hochlohnland Deutschland bei so viel Produktkomplexität gewinnbringend produzieren? Die Antwort ist ein integriertes Variantenmanagement, das den End-to-End-Auftragsabwicklungsprozess automatisiert. Abbildung 2 zeigt die hierfür notwendige Architektur eines Varianten-Konfigurationssystems, das über den bisherigen Configure-Price-Quote-Ansatz (CPQ) weit hinausgeht.
Die Vertriebsexperten, Produktentwickler und Konfigurator-Modellierer erarbeiten interdisziplinär den Produktbaukasten inklusive generischer Produktstrukturen, Beziehungswissen und Regelwerken, zum Beispiel mit SAP VC/AVC. Nach der interaktiven Konfiguration finden im Hintergrund die Preisfindung und Angebotserstellung statt. Doch heute ist noch wesentlich mehr möglich: Mit dem Konfigurationsergebnis werden alle notwendigen Informationen für die nachfolgenden Auftragsabwicklungsprozesse weitgehend automatisiert erzeugt. Konfiguration und Automatisierung sind in die IT-Systeme (CRM, ERP, PLM, CAD, CAE, CAM, PPS, usw.) integriert. Alle auftragsbezogenen Vorgänge, Daten und Dokumente werden eindeutig der Konfiguration zugeordnet und im zentralen E2E-Variantenmanagement verwaltet. Wie funktioniert das?
Orchestrierung der End-to-End-Auftragsabwicklungsprozesse
Mit der erfolgreichen Anlage eines neuen Kundenauftrags im SAP-ERP werden alle Geschäftsprozesse zur Herstellung des Produktes angestoßen. Mit SAP-Workflow-Management lassen sich die hierfür notwendigen Workflows im SAP als führendem System zur Auftragsabwicklung modellieren, transparent visualisieren, starten und nachverfolgen. Alle Workflows sind zu einem „großen Ganzen“ orchestriert.
Ein Beispiel: Ein Workflow beschreibt die benötigten Schritte zur Erstellung einer Fertigungsstückliste und der Arbeitsplanerstellung. Service Tasks sind Bausteine, die (Web-)Services für bestimmte Tätigkeiten automatische aufrufen. Einmal konfiguriert mit Verbindungs- und Sicherheitseigenschaften sowie dem Datenmodell für die zu übergebenden Aufruf- und erwarteten Rückgabeparameter, kann man diese vorkonfigurierten Bausteine auch in vielen anderen neuen Workflows nutzen. Im agilen Mindset entsteht nach und nach mit jeder Erweiterung eine immer größere Standard-Bibliothek. Jedes Inkrement hilft sofort, die Komplexität besser beherrschbar zu machen.
Ziel ist eine schrittweise Automatisierung der wesentlichen Abläufe und Arbeitsschritte. Aber auch der Mensch ist ein wichtiger Bestandteil im komplexen Gesamtprozess. Durch User Tasks lassen sich manuelle Tätigkeiten im Workflow modellieren, zum Beispiel Prüfung und Freigabe. Wird ein User Task in einem Prozess erreicht, so wird im SAP-Workflow-Management einer oder mehreren Personen diese Aufgabe zugewiesen. Die Aufgabe wird in den Arbeitsvorrat eingestellt und gegebenenfalls eine E-Mail oder Nachricht versendet.
SAP-Workflow-Management bietet transparentes Cockpit für Aufgaben und Prozessanalyse
Ein Cockpit als zentrale Einstiegsseite für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zeigt den persönlichen Arbeitsvorrat an. Dabei stehen hilfreiche Modellierungs-, Steuerungs- und Analysetools zur Verfügung. Ein aufwendiges Wechseln zwischen mehreren Anwendungen ist nicht mehr nötig.
In Korrelation mit den verteilten SAP-Auftrags-Daten in den beteiligten Systemen CRM, ERP, PLM und APO erhalten Unternehmen stets einen transparenten Einblick in ihre Geschäftsprozesse. Die Workflow-Instanzen liefern Statusinformationen über alle aktiven Auftragsabwicklungsprozesse und Arbeitsschritte. Informative Dashboards geben einen umfassenden Überblick über den aktuellen Zustand und machen Abweichungen zur Produktionsplanung deutlich. Auf dieser Basis (dank SAP-Workflow-Management) lassen sich problematische Prozesse, Daten und Systeme schnell und effektiv identifizieren, analysieren und optimieren.
Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus können mit kleinen Workflows und Automation-Services beginnen und ihre Prozesse Step-by-step digitalisieren und automatisieren. Das integrierte Variantenmanagement unterstützt Schnelligkeit und Flexibilität, schafft Transparenz und steigert die Resilienz in der herausfordernden, sich schnell verändernden Unternehmensumwelt.
Der Autor Marco Seewaldt ist Senior Consultant Manufacturing Industry bei Adesso. Autor Andreas Liesche ist Leiter Competence Center Manufacturing Industry und Geschäftsführer der Adesso Manufacturing Industry Solutions GmbH.
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