11.05.2022 – Kategorie: Allgemein
SAP Warehouse Management: Alte Schnittstellen zeitnah ablösen
Mit der bevorstehenden S/4HANA-Umstellung stehen viele Verantwortliche vor der Frage nach der richtigen Transformationsstrategie. Die Wahl des zukünftigen Lagerverwaltungssystems spielt dabei eine entscheidende Rolle. Denn Unternehmen, die SAP Warehouse Management einsetzen, müssen bald entscheiden, wie die Schnittstellen nach dessen Wartungsende abgebildet werden können. Was vor der S/4HANA-Transformation oder in einem laufenden Projekt zu tun ist.
Das angekündigte Wartungsende von SAP Warehouse Management innerhalb von S/4HANA bis Ende 2025 bedeutet für viele Unternehmen eine zeitnahe Entscheidung, welches Lagerverwaltungssystem ab 2026 eingesetzt werden soll. In S/4HANA stehen den Unternehmen zwei Optionen zur Verfügung: Die Einführung von Stock Room Management oder SAP Extended Warehouse Management (EWM).
SAP EWM ist Teil der Supply-Chain-Management-Lösungen von SAP und anders wie SAP WM kein eigenes Modul, sondern ein eigenständiges System, um den Anforderungen der Intralogistik gerecht zu werden. Extended Warehouse Management ist dabei vollständig in die Bestandsführung und Lieferabwicklung integriert. Historisch betrachtet ist das EWM als eine dezentrale Lösung entwickelt worden. In S/4HANA ist das EWM als eingebettetes Modul – das embedded EWM – im selben System vorhanden. Den Umstieg auf SAP EWM nutzen viele Unternehmen für die Neugestaltung der eigenen Prozesse. Insbesondere komplexe Prozesse können in dem System individuell abgebildet und automatisiert werden.
Stock Room Management als Alternative zu SAP Warehouse Management
Unternehmen, die bis jetzt mit SAP WM gut bedient waren und keine schwerwiegenden Prozessveränderungen in Zukunft erwarten, entscheiden sich häufig für Stock Room Management. Der Grund: Die Funktionalitäten sind dieselben und können wie gewohnt bedient werden. Wären da nicht die Funktionen, die im Stock Room Management nicht mehr verfügbar sind, aber für eigene Lagerverwaltung benötigt werden. Ein wichtiges Thema ist dabei der Lagersteuerrechner: Während sich die manuellen Handläger im Stock Room Management vollständig abbilden lassen, stehen die heutigen Schnittstellen zum Automatiklager ab 2026 nicht mehr zur Verfügung. Gerade die Möglichkeiten der Nutzung dieser Schnittstelle verursacht bei vielen Anwendern große Verunsicherung. Nachfolgend werden mögliche Szenarien der Schnittstellenablösung von Automatiklagern aufgezeigt, die bereits im Einsatz sind oder neu angebunden werden sollen.
Für die Kommunikation zwischen dem WM-System und einem Lagerlift oder Automatiklager wird dieselbe Schnittstelle verwendet: WM-LSR. Über diese Schnittstelle wird mithilfe eines Funktionsbausteins ein intermediales Dokument – kurz IDoc – vom Typ WMTORD geschickt, das vom Lift oder Automatiklager als Kommissionierauftrag verstanden wird. Ein WMTORD-IDoc enthält Informationen über das zu kommissionierende Material, die Menge und den Lagerplatz, auf dem der Artikel liegt.
Unterschiedliche Ausprägung der Schnittstelle WM-LSR
Obwohl die Schnittstelle dieselbe ist, kann sie unterschiedlich ausgeprägt sein. Bei der Schnittstelle zum Lagerlift handelt es sich um eine einfache API mit einem einseitigen Kommunikationsweg. Das bedeutet, dass das System nur ein IDoc – also den Kommissionierauftrag – versendet und keine Rückmeldung erhält. Die Rückmeldung über die Kommissionierung erfolgt in Form einer Quittierung des Auftrags und nicht über die LSR-Schnittstelle.
Die LSR-Schnittstelle zu einem Automatiklager ist in der Regel deutlich komplexer ausgeprägt: Hier wird nicht nur ein Kommissionierauftrag per IDoc versendet, sondern auch eine Rückmeldung in Form eines Eingangs-IDoc empfangen. Deshalb spricht man hier von einem zweiseitigen Kommunikationsweg. Des Weiteren werden bei dieser Ausprägung der Schnittstelle mehrere IDoc-Typen verwendet, die beispielsweise eine Stornoanforderung oder -bestätigung enthalten. Der zweiseitige Kommunikationsweg und das Verwenden mehrerer IDoc-Typen erhöhen zwar den Automatismus in der Materialflusssteuerung, gleichwohl aber auch die Komplexität der Schnittstelle und somit den Aufwand für ihre Einrichtung oder Ablösung. Aufgrund von unterschiedlicher Komplexität der Schnittstellenausprägung beider Geräte sollen beide Fälle separat betrachtet werden.
SAP Warehouse Management: Die Schnittstellenanbindung
Unternehmen mit SAP WM, die ein Lagerlift in ihrem Lager neu anbinden und über die Schnittstelle WM-LSR bedienen wollen, sollten bereits bei der Implementierung die zukünftige Umstellung auf Stock Room Management oder EWM berücksichtigen. Unabhängig vom zukünftigen Lagerverwaltungssystem entsteht mit der Umstellung auf S/4HANA abermals Aufwand für die Schnittstellenanbindung.
Um den doppelten Aufwand zu vermeiden, bietet es sich bei der Neuanbindung eines Lagerlifts im WM-System an, den IDoc-Typ /SCWM/WMTORD im Z-Namensraum nachzubilden. Dieser IDoc-Typ ist zwar ein EWM-IDoc-Typ, kann aber im Warehouse Management im Z-Namensraum abgebildet werden. Das hat den Vorteil, dass die Schnittstelle auch nach der Umstellung auf Stock Room Management erhalten bleibt und weiter genutzt werden kann. Steigt das Unternehmen später auf SAP EWM um, kann dort die Standardschnittstelle EWM-LSR mit dem nachgebildeten IDocTyp und dem Standard-Funktionsbaustein verwendet werden.
Für Unternehmen, die ein Liftgerät bereits im Einsatz haben und dieses über die WM-LSR-Schnittstelle bedienen, ist die Frage entscheidend, welches Lagerverwaltungssystem in Zukunft eingesetzt wird. Wechselt man zum Stock Room Management, bietet sich ebenfalls eine zeitnahe Abbildung des IDocs im Z-Namensraum an. Der Zeitpunkt ist – abhängig von der S/4HANA-Strategie – entweder vor der Umstellung oder im Rahmen des Transformationsprojekts zu bestimmen. Die vorzeitige Ablösung der Schnittstelle hat dabei den Vorteil, dass das Projektteam in der Umstellungsphase entlastet wird. Wechselt das Unternehmen vor dem 1. Januar 2026 auf SAP EWM, entfällt diese Fragestellung, da in EWM die Standardschnittstelle genutzt werden kann.
Ablösung der Schnittstelle zum Automatiklager
Grundsätzlich gelten bei der Kommunikation zum Automatiklager dieselben Überlegungen, die bei der Ablösung der Schnittstelle mit einfacher Kommunikationsrichtung erforderlich sind. Aufgrund der Komplexität der Schnittstellenausprägung bedarf es hier jedoch einer individuellen Betrachtung der bestehenden Lösung: Je nach Prozesskomplexität können weitere Lösungswege wie die Nachbildung der WM-IDoc-Typen im Z-Namensraum oder andere in Betracht gezogen werden. Bei der Entscheidungsfindung sollten ebenfalls unternehmensspezifische Prozess- und Organisationseigenschaften berücksichtigt werden. Hier gilt es also, die Vorteile und Herausforderungen abzuwägen, um die richtige Entscheidung zu treffen.
Der Autor Sebastian Keilhacker ist Managing Consultant bei der Consilio GmbH.
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