24.09.2019 – Kategorie: Automatisierung & Robotik
Roboterantrieb – Das Spiel mit Moment und Bauform
Ob Inspektionsroboter für Röhren und Kanäle, Rettungsroboter in Katastrophengebieten oder Humanoid-Roboter – sie alle haben eines gemeinsam: Es sind mobile Roboter, die den Menschen unterstützen. Der Beitrag klärt, welche Anforderungen die Roboter an die Antriebstechnik stellen.
Eine wesentliche Anforderung an den Roboterantrieb gerade von mobilen Robotern ist hohe Leistungsdichte. In den meisten Fällen ist dies ein hohes Drehmoment auf möglichst kleinem Bauraum. Was die Drehzahl betrifft, genügen in der Robotik meist Drehzahlen von unter 1.000 Umdrehungen pro Minute, auch für schnelle Bewegungen.
Roboterantrieb mit Gleichstrom = hohe Leistungsdichte
Gleichstrommotoren sind die erste Wahl, wenn es um eine hohe Leistungsdichte geht. Sie eignen sich wegen ihres hohen Anlaufmoments gut für Beschleunigungsaufgaben. DC-Motoren zeichnen sich zudem durch einen hohen Wirkungsgrad aus. Die schnelldrehenden Motoren sind in der Regel lang und schmal, das Drehmoment ist dabei eher gering. Um die in der Robotik geforderten hohen Drehmomente zu erreichen, werden sie mit Getrieben kombiniert. Typische Vertreter für solche DC-Motoren sind die eisenlosen Motoren von Maxon mit und ohne Bürsten.
Ist eine lineare Bewegung mit hoher Kraft gefordert, kann eine entsprechend gestaltete Mechanik mit hoher Untersetzung die Vorteile von schnelldrehenden Motoren ausspielen. Beispiele sind Spindeln mit kleiner Steigung oder Rollen und Räder mit kleinem Durchmesser.
Roboterantrieb: Mehr Pole, mehr Drehmoment
Höhere Drehmomente lassen sich durch eine höhere Zahl an Magnetpolen erreicht. Die EC-4pole-Motoren von Maxon beispielsweise sind ein erster Schritt in diese Richtung. Vielpolige bürstenlose Gleichstrommotoren sind oft mit einem genuteten Eisenkern ausgeführt. Sie geben ihre Leistung tendenziell durch ein höheres Drehmoment bei einer tieferen Drehzahl ab.
Flachmotoren mit Außenläufer erzeugen die Kraft auf größtmöglichem Abstand zur Drehachse, was eine vergleichsweise hohe Drehmomentdichte ergibt. Das Trägheitsmoment des Rotors ist jedoch ebenfalls hoch, was die Dynamik einschränkt. Dabei sind die bürstenlosen EC-Flachmotoren kostengünstig herstellbar, wegen ihrer konventionellen mehrzahnigen Wicklung mit Eisenkern und der Verwendung eines isotropen Permanentmagnetrings, der in einem Schritt magnetisiert wird.
Die EC-i Motoren von Maxon hingegen sind mehrpolige Innenläufer und verbinden damit hohes Drehmoment mit geringer Massenträgheit. Als Resultat sind diese Motoren extrem dynamisch und weisen eine kleine mechanische Zeitkonstante von teilweise unter einer Millisekunde auf.
Drehmoment kostet: Torque-Motoren benötigen hohe Schaltfrequenzen
Beispiele für Motoren mit besonders hoher Polzahl sind Torque-Motoren: Das sind langsam drehende, drehmomentstarke Elektromotoren mit Hohlwelle. Oft „frameless“ bestehen sie nur aus Rotor und Stator und werden in die Anwendung „hineinkonstruiert“. Weitere Elemente wie Getriebe, Riemen, Kupplungen oder Lagerungen können so eingespart werden. Diese spielfreien Direktantriebe kommen typischerweise in dynamischen Anwendungen mit steifer Regelung zum Einsatz.
Linearantriebe sind eher Spezialfälle. Torque-Motoren benötigen aufgrund der vielen Pole hohe Schaltfrequenzen. Die dabei entstehende Wärme muss gegebenenfalls über eine Wasserkühlung abgeführt werden. Torque-Motoren erfüllen zwar die Anforderungen bezüglich Drehmoment und Dynamik von mobilen Robotikanwendungen perfekt, die fehlende Standardisierung und die nötige Integration in die Konstruktion machen ihren Einsatz jedoch kostenintensiv.
Bevorzugt beim Roboterantrieb: Eisenlos, DC mit Getriebe
In Robotern werden deshalb bevorzugt modulare und flexible Motor-Getriebe-Kombinationen verwendet. Der Motortyp und die Bauform richten sich dabei nach den spezifischen Anforderungen an Leistung, Bauraum und – nicht zu vergessen – den Kosten.
Vor- und Nachteile des Getriebeeinsatzes
Nachteile: Der Einsatz eines Getriebes hat natürlich nicht nur Vorteile, denn es kann den Gesamtwirkungsgrad verringern. Zudem ist eine präzise Regelung durch das Getriebespiel nur mit größerem Aufwand realisierbar oder es wird ein teureres spielfreies Getriebe verwendet.
Vorteile: Der Antrieb kann insgesamt kleinere Dimensionen erreichen, da die DC-Motoren mit hoher Spannung betrieben werden können. Die Ströme bleiben damit absolut gesehen kleiner. Auch die erforderlichen Kabelquerschnitte, Abschirmungen und Regler können kleiner gewählt werden, was zusätzlich Kosten, Gewicht und Bauraum spart.
Beitrag von Urs Kafader. Herr Kafader ist Leiter technische Ausbildung bei Maxon Motor.
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