21.04.2021 – Kategorie: Hardware & Vernetzung
RFID-Systeme: Der aktuelle Stand der Technologie in der Industrie
Industrielle Identifikation ist eine Türöffner-Technologie. Deshalb bilden industrielle Identifikationssysteme mit Cloud-Connectivity wichtige Bestandteile auf dem Weg zur digitalen Transformation. Sie machen Objekte smart durch Kommunikation. Und Kommunikation ist die Grundvoraussetzung für die Digitalisierung.
Spricht man von digitaler Transformation, stellt sich kaum noch die Frage, ob sie überhaupt stattfinden soll, sondern wann und wie. Und noch intensiver wird darüber diskutiert, wie sich Digitalisierungsprojekte, beispielsweise durch RFID-Systeme, effizient umsetzen lassen.
RFID-Systeme: Welche Daten müssen wohin transportiert werden
Viele aktuelle Projekt leiden an der zu geringen Umsetzungsgeschwindigkeit und zu hohen Komplexität. Besonders bei Bestandsanlagen, den sogenannten Brownfield-Fabriken, mit ihren teilweise betagten Steuerungen ist es notwendig, sich genau zu überlegen, wie man an die benötigten Daten kommt und wie sie sich weitertransportieren lassen. Manchmal erfordert es eine dedizierte Software, um Prozessschritte zu erfassen sowie Daten zu sammeln, zu verdichten und zu formatieren, damit ein einheitliches Format für die Weiterverarbeitung entsteht. Für das Bereitstellen der Daten für übergeordnete Schichten, etwa ERP-Systeme, bietet sich eine Middleware an.
All das bedeutet aber zusätzlichen Aufwand, Zeit und Kosten. Vor allem muss man die Kompatibilität, zusätzliche Rechner und Server, regelmäßige Updates sowie sonstige IT-Wartungsaufwände berücksichtigen, um die Zukunftsfähigkeit der Lösung zu gewährleisten.
Daten aus der industriellen Identifikation gewinnen
Wie schön wäre es also, wenn die Kommunikation zu übergeordneten Instanzen direkt aus dem Identifikationssystem erfolgen könnte? Diese Problematik ist schon seit geraumer Zeit bekannt, und glücklicherweise gibt es auch Lösungen dafür. OPC UA (Open Platform Communication – Unified Architecture) ermöglicht den Datenaustausch zwischen Systemen jeglicher Art. Und das unter Berücksichtigung essenzieller Anforderungen wie Security, Verschlüsselung, Authentifizierung und „Firewall-Freundlichkeit“, um nur die wichtigsten zu nennen.
In seinem Portfolio der industriellen Identifikation hat Siemens OPC UA konsequent umgesetzt. Mit den eingebauten OPC-UA-Servern ist es möglich, Daten direkt an sogenannte übergeordnete Schichten, zum Beispiel MES, ERP oder WMS, zu liefern. Das geschieht entweder direkt aus den Lesegeräten heraus, wie bei den UHF-RFID-Systemen Simatic RF600, oder man verwendet Kommunikationsmodule, zum Beispiel Simatic RF186C für die kompakten HF-RFID-Systeme wie Simatic RF200 und RF300. Diese verfügen aus baulichen Gründen über keine eigene Ethernet-Verbindung.
Wie man von den Daten in der Cloud profitiert und wie sich die Umstellungskosten amortisieren können, sind nach wie vor häufig gestellte Fragen. Die nachfolgenden Beispiele zeigen, dass sich die RFID-Technologie im industriellen Bereich bereits etabliert hat und Stand der Technik ist.
Transparente Logistik durch „smarte Objekte“
Beim ersten Beispiel geht es um ein Lager mit seinen Warenein- und -ausgängen. Durch die umfangreiche Steuerung aller intralogistischen Vorgänge – von der Materialanlieferung über die Intralogistik bis hin zur Lieferung an die Produktionszellen – ist es unabdingbar, die nötigen KPIs (Key Performance Indicators) zu erzielen. Angestrebt wird ein flexibler und genauer Warenumschlag unter minimalem Personaleinsatz und geringstmöglichem Schwund. Das Material wurde möglicherweise in wiederverwendbaren Transportbehältern (RTI – Returnable Transport Item) angeliefert oder auf Paletten, die mit UHF-RFID-Transpondern ausgestattet sind.
All diese Transportmittel kann man durch den angebrachten RFID-Transponder als „Smart Objects“ bezeichnen, die durch RFID in der Lage sind, zu kommunizieren. Verwendet man bei der Anlieferung ein RFID-Gate, so lassen sich bereits die Daten aus den allerersten Prozessen erfassen und über den OPC-UA-Server im Reader weiterleiten. Mit dem IIoT-Gateway Simatic CloudConnect 7, welches das passende Gegenstück – einen OPC-UA-Client – enthält, werden die Daten an die Cloud oder die ERP-Umgebung der Fabrik gesendet.
Mit diesen, vergleichsweise überschaubaren Maßnahmen weiß man nun, zu welchem Zeitpunkt welches Material das Werk erreicht oder verlassen hat. Die Vorteile der Lösung durch RFID-Systeme liegen auf der Hand: Die Erfassung erfolgt automatisch – auch mit größeren Mengen von Behältern und ohne manuelle Interaktion. Nun lassen sich die weiteren Vorteile der Lösung heben, die im Wesentlichen mit Transparenz, also dem Wissen um die Vorgänge im Lager, zu tun haben.
Dabei kann man den Bestand erfassen, sowie die Anzahl der Warenumschläge und die Zeiten für den Transport. Man kann Analysen durchführen, um Bewegungen zu optimieren und gleichzeitig die Verfügbarkeit erhöhen. Überbestände werden erkannt, Bestandskosten reduziert oder gar vermieden. Es gibt viele Beispiele, die zeigen, wie durch die „Fast-Echtzeitüberwachung“ eine Optimierung in allen Bereichen stattfinden kann.
Digitale Produktionsakte
Das zweite Beispiel dreht sich um einen Primärprozess, in diesem Fall um die Verfolgung innerhalb der Produktion. Hier werden beispielsweise die Prozess-ID, also der Produktionsschritt, und die Produkt-ID, eine Art Seriennummer des produzierten Produkts, mittels RFID-Transponder oder optischem Code erfasst. Mit diesen Daten lassen sich die Produktionsschritte steuern. Zusätzlich kann aber auch mithilfe der RFID-Systeme eine digitale Produktionsakte angelegt werden, die alle relevanten Daten erfasst.
Sie gibt für jedes Produkt Auskunft über Produktionsschritte, eingesetzte Materialien, Prüfergebnisse und viele weitere Informationen. Damit lassen sich beispielsweise Rückrufaktionen exakt im nötigen Umfang durchführen, was sich positiv auf die Kosten für den Hersteller und seine Reputation auswirkt.
Denkt man noch einen Schritt weiter und spielt jeden Fertigungsschritt direkt ins Cloud-gestützte QMS (Quality Management System) ein, erhält man die Möglichkeit, die finale Qualität des Produkts zu analysieren, zu dokumentieren und bereitzustellen. Diese Daten lassen sich beispielsweise zur Vorbereitung interner oder externer Audits verwenden. In der Vergangenheit sind hier Dokumente aus unterschiedlichen Quellen und Systemen – teilweise sogar auf Papier – zum Einsatz gekommen, um die Qualität lückenlos nachzuweisen. Wer diese Aufwände bereits einmal betrieben hat, kann sich in etwa vorstellen, welche Vorteile solch ein System bietet.
Mit den Daten in der richtigen Form, am richtigen Ort und in einem Format, das sich weiterverarbeiten lässt, braucht man sich nur noch Gedanken zu machen, wie man die Daten aufbereitet, kommentiert und zur Verfügung stellt. Der bisher mühsame Prozess, das Gewinnen der Daten, gehört damit der Vergangenheit an.
RFID-Systeme: Keine Angst vor der Cloud
Betrachtet man den Prozentsatz an aktuell ausgerollten Softwaresystemen in der Cloud und vergleicht sie mit denjenigen, die „on premise“, also klassisch auf dem Firmengelände installiert wurden, zeigen die Zahlen einen klaren Trend. Gemäß der McAfee-Studie „Navigating a Cloudy Sky“ haben 65 Prozent der befragten Firmen eine „Cloud first“-Strategie. Die Mehrheit der ERP-Software-Anbieter offerieren Cloudlösungen als bevorzugte Variante, manche sogar als die einzige Möglichkeit.
Es gibt drei Arten der Umsetzung. Während die „On premise“-Lösung die firmeneigenen Server nutzt, greift der Kunde bei einer Cloudlösung über ein Web-Interface auf seine Daten zu. Er muss weder eine Server-Infrastruktur besitzen noch betreiben. Als dritte Möglichkeit kommt noch eine Hybridlösung in Frage, also ein Cloudsystem am Firmenstandort.
Die Hauptvorteile der „echten“ Cloudlösung liegen in den Installations- und Betriebskosten. Der Anwender kauft die Verfügbarkeit der Cloud, die Sicherheit der Daten sowie die Plattformunabhängigkeit und vieles mehr. Damit kann er die Daten auf unterschiedlichste Weise nutzen, beispielsweise über Smartphones und Tablets, oder für Dritte verfügbar machen. Allerdings erfordert das Aufsetzen einer eigenen Cloudlösung viele Ressourcen.
Fazit: Die beiden Beispiele zeigen, dass das Industrie-4.0-Konzept ein Umdenken erfordert: weg von komplexen IT-Systemen innerhalb der Firmen und weg von proprietären Lösungen. Vielmehr ist eine breite Querverbindung und Datenverteilung über alle Systeme hinweg der Schlüssel zu den dringend benötigten KPIs, wie einer gesteigerten Produktivität bei individuellen Kundenanforderungen oder einer kürzeren Time-to-market.
Autorin Hana Balasova ist Portfolio Sales Development Manager for Industrial Identification
bei Siemens. Autor Dieter Horst ist Head of Industrial Identification bei Siemens.
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