15.12.2022 – Kategorie: Digitalisierung

Ressourceneffizienz: Trends für die nachhaltige digitale Fabrik der Zukunft

RessourceneffizienzQuelle: Getty Images

Nachhaltigkeit im Unternehmen hat jede Menge Aspekte. Viele davon lassen sich über Software steuern und beeinflussen. Wir haben einige der neuesten Entwicklungen und Angebote zusammengetragen – vom Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) über die Arbeit mit logischen digitalen Zwillingen bis hin zum so genannten Green Scheduling.

KI-Lösungen haben das Potenzial, Produktivität, Sicherheit und Ressourceneffizienz in der Fertigung deutlich zu steigern. Google Cloud hat deshalb gerade neue Lösungen vorgestellt, die sich direkt von Ingenieuren in der Fertigung einsetzen lassen: Sie benötigen keine Hilfe spezialisierter Datenwissenschaftler oder zusätzlichen Integrationscode, um Pilotprojekte zur digitalen Transformation in die Produktion zu bringen. Als Google Cloud Global-Partner hat GFT die Lösungen bei führenden Automobil- und Produktionsunternehmen getestet und implementiert.

Hohe Flexibilität bei niedrigen Kosten

Eine Anwendung in diesem Kontext ist die KI-gestützte Qualitätskontrolle, bei GFT Visual Inspection genannt. Bilderkennung ist grundsätzlich kein neues Thema, sondern kommt in der Qualitätssicherung bereits seit vielen Jahren zum Einsatz. Mit modernen Ansätzen der künstlichen Intelligenz ergeben sich jedoch weit mehr Einsatzmöglichkeiten, gepaart mit einer hohen Flexibilität bei deutlich niedrigeren laufenden Kosten. Dank klimaneutraler Rechenleistung in der Cloud schont das nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt, weil bessere Prozesse zu weniger Ausschuss und damit zu Material- und Energieeinsparungen führen.

Ressourceneffizienz: KI-Lösungen sparen Material, Energie und Papier

Beispiele für den Einsatz von Visual Inspection finden sich etwa im Bereich der Glasflaschen-Herstellung. Am so genannten „Hot End“ werden die Flaschen direkt nach dem Ofen bei etwa 700 Grad Celsius automatisch überprüft, und zwar hinsichtlich zwölf verschiedener Fehlerkategorien. Dabei nimmt das System mit Hilfe von Infrarot-Wärmebildkameras unterschiedlichste Stellen unter die Lupe. Mit Hilfe von in Google Cloud trainierten Modellen ­erkennt die Lösung direkt vor Ort frühzeitig Fehler, bevor sich weitere Prozessschritte anschließen, und vermeidet so Ausschuss in der Produktion. Fehlerhafte Flaschen müssen nicht erst wieder erhitzt werden, sondern lassen sich direkt einschmelzen und neu formen. Das führt zu einer hohen Ressourceneffizienz durch Energieeinsparung.

Auch im Automotive-Bereich hilft Visual ­Inspection bei der Qualitätssicherung, etwa bei der Prüfung von Schweißnähten. Auf Basis von Mikroskop-Bildern werden die Nähte automatisch vermessen. Dabei ­erkennt die auf verschiedene Schweiß­typen trainierte KI auch kleinste Anomalien. Die QS-Mitarbeiter können die Informationen direkt auf Dashboards ablesen. Gleichzeitig wird automatisch ein Report zur Prüfung erzeugt, was die Rückverfolgbarkeit stark vereinfacht. So läuft der Prüfprozess sicherer und schneller ab, verhindert ­unnötigen Materialeinsatz und ist obendrein weitestgehend papierlos.

Dies gilt auch für ein weiteres Tool, das neue Möglichkeiten in der nachhaltigen Fabrik der Zukunft eröffnet: das so genannte Voice Assisted Manufacturing, mit dem sich jede Menge Papier einsparen lässt. Spracherkennung kommt im Privaten längst überall zum Einsatz – von der Küche bis zum Kinderzimmer, vom Handy bis zum smarten Lautsprecher. Doch in der industriellen Anwendung dominiert noch immer das Vorgehen, zunächst auf Papier zu schreiben und erst in einem weiteren, fehleranfälligen Prozessschritt das Geschriebene ins Produktionssystem zu übertragen.

Ressourceneffizienz
Material- und Energieeffizienz sind heute zentrale Themen für alle fertigenden Unternehmen. Bild: GFT Technologies SE/ Fotograf: Wolfram Scheible

Spracherkennung in der Produktion

Diese Lücke schließt das erfolgreich in der Produktion erprobte Voice Assisted Manufacturing. Die Applikation nutzt die Vorteile der intelligenten Spracherkennung: Sprache ist der effizienteste Weg, um Informationen zu übermitteln, denn Menschen sprechen schneller als sie ­schreiben. Während der Dateneingabe via Sprache sind die Hände der Mitarbeitenden frei, so dass sie bereits die nächsten Schritte durchführen können. Durch die direkte Eingabe ins Zielsystem lassen sich Medien­brüche vermeiden – und damit auch mögliche Fehlerquellen. Das von GFT mitentwickelte System kann zudem von jedem Nutzer in seiner jeweiligen Muttersprache eingesetzt sowie selbst lernend gestaltet werden, so dass es sich mit jeder Interaktion der Anwenderinnen und Anwender weiterentwickelt.

Die vorgestellten Lösungen fördern nicht nur Ressourcenschonung und Qualität, sondern auch die Motivation der Mitarbeitenden. Viele haben Spaß an der Einführung von Sprachsteuerung und sind gerne Teil von innovativen Zukunftskonzepten. Eine ähnliche Erfahrung machte die Schinko GmbH im österreichischen Neumarkt im Mühlkreis mit einem noch umfassenderen Veränderungsprojekt: der Einführung eines neuen digitalen Shopfloor-Management-Systems. Dieses basiert auf der ­Logical Digital Twin-Plattform Sphinx Open von GFT. Dabei handelt es sich um eine intelligente Vernetzungs- und Visualisierungslösung, die mit logischen digitalen Abbildern arbeitet und beliebige Datenlieferanten wie Anlagen, Sensoren, aber auch Management- und Planungssysteme oder Cloud-Services in einen durchgängigen Daten-Pool integriert, analysiert und damit kosteneffizient steuerbar macht.

Logische digitale Zwillinge bilden die Basis für intelligente Vernetzung und Ressourceneffizienz

Bei Schinko wollte man Schritt für Schritt alle Produktionsbereiche an ein gemein­sames digitales Shopfloor-Management-System anbinden, um nicht nur Transparenz über die Produktion zu gewinnen, sondern auch steuernd eingreifen zu können – bei Bedarf sogar automatisiert. Der Hersteller hochwertiger individueller Gehäuse aus Blech kommt seinem Digitalisierungsziel immer näher. Das von GFT auf Basis der Sphinx Open-Plattform installierte System erfasst im ersten Fertigungsabschnitt (dem Zuschnitt) bereits sämtliche verfügbaren Maschinendaten wie Laufzeiten, Fehlergründe, Materialien oder Mitarbeiterzeiten je Auftrag und stellt sie dem Produktionsteam auf Dashboards in Echtzeit zur Verfügung.

Auch im Bereich Beschichtung lassen sich bald sämtliche Prozessschritte und die dazugehörigen Sensordaten digital abbilden, so dass auch hier das Shopfloor-Management-System mit großen Monitoren demnächst live gehen kann. Seit die Mitarbeitenden einheitliche Transparenz über die anstehenden und erledigten Aufträge sowie den Status der Maschinen und die eigene Zielerreichung haben, sind Motivation und Produktivität enorm gestiegen – letztere um bis zu 20 Prozent. Gerhard Lengauer, Geschäftsführer von Schinko, ist ein weiterer Aspekt sehr wichtig: „Eine große aktuelle Herausforderung ist die Ressourceneffizienz. Wir wollen noch nachhaltiger werden und Ressourcen schonen, indem wir Material einsparen. Dabei hilft uns unser digitales Shopfloor-Management, weil wir Daten und Fakten haben, und nicht nur Vermutungen.“

Ressourceneffizienz
Dank der Transparenz, die das GFT Shopfloor-Management bietet, spart der Gehäusehersteller Schinko Zeit und Ressourcen. Bild: GFT Technologies SE/Fotograf: Wolfram Scheible

Energieaufwand kontinuierlich optimieren

Das Thema Ressourceneffizienz und -verbrauch trieb auch den Automobilzulieferer ZF in Friedrichshafen um. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, den Energieaufwand konzernweit kontinuierlich zu optimieren. Eine erste Verbrauchsanalyse identifizierte Stromlastspitzen als Kostentreiber und damit als wichtiges Handlungsfeld. Heute sorgt eine auf Sphinx Open basierte, intelligente Energiemanagement-Lösung an zwei Produktionsstandorten für die Prognose und autonome Vermeidung von Lastspitzen.

Das System wird kontinuierlich mit Daten über Stromerzeugung und -bedarf sowie über die angebundenen Komponenten des Energiesystems gefüttert. Hinzu kommen historische Daten, Wetterprognosen und Planungsdaten für die Produktion. Daraus ergibt sich im Minutentakt eine Priorisierung der Komponenten, die ab- oder zugeschaltet werden, damit die Lastgrenze im Betrachtungszeitraum nicht überschritten wird. Zudem lassen sich potenzielle Bedarfsspitzen bis zu einer Woche im Voraus prognostizieren, so dass sich die Lösung zu einem integralen Bestandteil der Energiemanagementstrategie von ZF entwickelt hat.

Bei einem anderen großen Industrie­unternehmen gehen die Ambitionen sogar noch weiter. Hier soll Sphinx Open in Zukunft für das Monitoring sämtlicher Energieströme rund um die betriebenen Maschinen und Anlagen zum Einsatz kommen. Die Transparenz über die Verbräuche soll helfen, die Maschinen optimal auszulasten und die Energieeffizienz deutlich zu steigern. Bereits jetzt wird die GFT-Plattform für ein detailliertes Produktions-Monitoring an einer Vielzahl von Arbeitsplätzen genutzt. Neben aktuellen Produktionskennzahlen und Informationen zu etwaigen Verzögerungen enthält die Oberfläche auch Verlinkungen zu anderen Systemen, um die anfallenden Arbeitsschritte zu zentralisieren. Diese Arbeitsplatz-Ausstattung entwickelt sich auch bei neuen Hallen­planungen zum Standard.

Ressourceneffizienz: Datenverarbeitung und grüne Energie im Einklang

Neben innovativen KI-Lösungen wie Visual Inspection oder Voice Assisted Manufacturing sowie umfassenden Vernetzungs- und Visualisierungs-Szenarien ist die Software selbst ein wichtiger Aspekt. Auch sie lässt sich direkt zum Ressourcensparen nutzen. In Fabrikhallen verbraucht man stets die meiste Energie für Hardware, also Anlagen und deren Betrieb; dennoch darf man auch die Beschaffenheit der Software nicht übersehen. Denn konventionelle IT ist längst noch nicht grün und Rechenzentren und Netzwerke verbrauchen viel Energie. GFT hat deshalb den Ansatz GreenCoding etabliert, der durch grünere Logik, Methodik und Plattform-Auswahl den Weg zum Null-Emissions-Code eröffnet.

Das neueste Ergebnis der GreenCoding-Initiative ist das so genannte Green Scheduling. Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise wächst das Bewusstsein für die Notwendigkeit, Rechenaufgaben je nach Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie zu verlagern. Nicht alles eignet sich in gleicher Weise – aber, wie im wirk­lichen Leben auch, gibt es Aufgaben, die sich verschieben lassen – auf einen Zeitpunkt oder an einen Ort, an dem grüne Energie verfügbar ist. Das steht im Gegensatz zur traditionellen Zeitplanung, die oft eine sofortige oder zeitlich festgelegte Ausführung vorsieht. Viele Aufträge wie Dateifreigaben oder Systemwartungen werden klassischerweise für die Nacht geplant, wenn die Systemnutzung gering ist – ohne Berücksichtigung der Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien.

Ressourceneffizienz
Visuelle Qualitätskontrolle auf KI-Basis hilft Ausschuss zu vermeiden und hat viele weitere Vorteile. Bild: GFT Technologies SE

Carbon Awareness mittels Green Scheduling

Green Scheduling geht dieses Problem an, indem es neue Parameter in der Zeitplanung einführt. Es schafft eine „Carbon Awareness“, da es Aufgaben nach Aufwand und Relevanz plant und die Verarbeitung mit der Verfügbarkeit grüner Energie in Einklang bringt. Intelligente Technologie berechnet die Dringlichkeit der Aufgabe zusammen mit den Verarbeitungsanforderungen und wägt sie gegen die Verfügbarkeit erneuerbarer Energie ab. Green Scheduling basiert auf bestehenden Technologien und Algorithmen und erfordert lediglich eine neue Denkweise der Beteiligten, vom Softwareentwickler bis zum Server-Administrator.

Möglichkeiten, die eigene Fertigung energieeffizienter und nachhaltiger zu gestalten, gibt es also in großem Ausmaß und verschiedensten Ausprägungen. Soll es gleich eine neue, ideal geplante Werkshalle sein? Oder genügt zuerst einmal die Einführung eines innovativen, papiersparenden Tools wie Voice Assisted Manufacturing? Auf welcher Basis lässt sich das alles am besten konzipieren und Ressourceneffizienz implementieren? Und welche Lösungen sind dabei softwareseitig am grünsten? „Die Fragen in diesem Kontext sind mannigfaltig und betreffen oft aufeinander aufbauende Elemente“, sagt Denis Häußler, Lead Consultant von GFT. „Deshalb haben wir von GreenCoding-Architekten über Lean Production-Consultants bis hin zu KI-Entwicklern eine große Bandbreite an Experten im Boot und sind gleichzeitig enger Partner aller großen Cloud-Anbieter. Damit finden wir für jedes Unternehmen den passenden Weg in Richtung Fabrik der Zukunft.“

Die Autorin Anke Roser ist Head of Marketing & Communi­cations bei GFT Germany.


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