27.04.2022 – Kategorie: Digitalisierung

Prozessvisualisierung: So lässt sich die Effizienz um 50 Prozent steigern

ProzessvisualisierungQuelle: Coscom

Die digitale Prozessvisualisierung mit Ablösung aller Satellitensysteme im Shopfloor verringert Rüstzeiten und steigert die Prozesseffizienz. Dies ist der Siemens-Tochtergesellschaft Sykatec mit einem durchgängigen Shopfloor-System gelungen, das CAM-Datenmanagement, NC-Programmverwaltung und DNC bereithält.

Nahezu alle papierbasierten, manuellen Prozesse vollständig digital im Shopfloor abbilden – und gleichzeitig die Software-Insellösungen durch ein zentrales System ersetzen: Dies hat der Lohnfertiger Sykatec, eine 100-prozentige Tochter der Siemens AG, mit Hilfe des ECO-Systems von Coscom als Datenbankplattform umgesetzt. Hierbei wurde das bestehende CAM- und Maschinensimulationssystem mit dem neuen, prozessfähigen 3D-Tool-Management und dem ECO-Fertigungsinformationssystem vernetzt. Als Folge konnte die Prozesseffizienz durch Prozessvisualisierung um bis zu 50 Prozent gesteigert und die Fehlerrate bei der Werkzeugeinstellung um 20 Prozent gesenkt werden.

Volatile Varianz der Auftragsabwicklung

Digitalisierung erfordert tiefgreifende analytische Fähigkeiten und Handlungsfreiheit bei der Umsetzung. Denn in jedem Fertigungsbetrieb gibt es individuelle Abläufe, die es zu verstehen gilt. Darauf aufbauend werden maßgeschneiderte Lösungen erarbeitet und umgesetzt. Die Sykatec GmbH hat bei der optimalen Vernetzung ihres Shopfloors auf das ECO-System der Coscom Computer GmbH gesetzt.

Das in Erlangen ansässige Produktionsunternehmen hat sich auf Fertigungstechnologien rund um die Blechverarbeitung und Verkabelung verschiedener Konverter-Typen und -Komponenten spezialisiert. Darüber hinaus stehen zehn Fräsmaschinen im Span, von Standard-3-Achs- bis hin zu 5-Achs-Highspeed-Maschinen, um den Kunden eine durchgängige Wertschöpfungskette aus einer Hand bieten zu können. Über alle Anlagen hinweg werden rund 800 Werkzeuge verwendet. Typischerweise werden kleinere Stückzahlen der Losgrößen eins bis zehn gefertigt, aber gelegentlich auch im Bereich von 100 oder 150. Mit anderen Worten, die Varianz in der Auftragsabwicklung ist enorm volatil.

Prozessvisualisierung: Digital Native trifft auf Mittelständler

Sykatec hat sich bereits vor geraumer Zeit auf die Suche nach einer umfassenden Digitalisierungslösung im Shopfloor gemacht. So wurde im ersten Schritt von Pimpel die CAM-Lösung Esprit inklusive Virtual Machine erweitert. Auch ein System für die Werkzeugverwaltung fand seinen Weg in die Arbeitsvorbereitung. Ingo Kolberg, Key Account Manager bei Coscom, erläutert: „Bei Sykatec führte dies zu einem Ensemble von Satellitensystemen, die nicht als Einheit agierten. Für uns bestand daher die Aufgabe darin, die Datendurchgängigkeit herzustellen und die Beteiligten mit den Vorteilen des neuen Prozessdesigns, wie Transparenz, Flexibilität, Fehlerfreiheit und Schnelligkeit, vertraut zu machen.“ Gezielt wurden den späteren Anwendern bei Sykatec nach und nach die enormen Vorzüge vermittelt und Migrationspfade aufgezeigt. Eine weitere Herausforderung bestand darin, dass das zuvor im Einsatz befindliche Tool-Managementsystem abgeschaltet werden musste.

Prozessvisualisierung
Produktive Symbiose: Mensch und Maschine verschmelzen dank InfoPoint VM zu einem schlagkräftigen Team – im Sinne von Prozessbeschleunigung und -stabilität. Bild: Coscom

Software-unabhängige und indivuelle Beratung

Doch selbst wenn die ausgewählte Technologie hervorragend ist, verlangt es nach Experten, die das Neue mit den bisher gelebten Abläufen in Einklang bringen. So bedeutet eine tiefe Integration, dass entschieden werden muss, in welcher Datenbank die Daten wie abgelegt werden sollen. Dies ruft einen Mediator auf den Plan, der sein Handwerk versteht: „Das fängt bereits damit an, dass man sich auf ein einheitliches Bezeichnungssystem einigen muss. Schließlich soll eine homogene Lösung entstehen, die leicht von der Hand geht und einem die Arbeit abnimmt – und nicht noch Mehrarbeit verursacht“, gibt Ingo Kolberg zu bedenken. Bei dieser Aufgabe hat das Team von Coscom viel Fingerspitzengefühl bewiesen.

Die drei Musketiere – einer für alle

Die zentrale Datenplattform für den Shopfloor im ECO-System bildet FactoryDirector VM, das alle Prozesse vernetzt – von der Arbeitsvorbereitung in den Shopfloor hinein – und die vorhandenen Terminals mit der Software für Prozessvisualisierung InfoPoint VM direkt an den Maschinen mit Daten versorgt. Dadurch ist sichergestellt, dass es zu keiner Unterbrechung im Datenfluss von der Arbeitsvorbereitung hin zum Werker und der Wertschöpfung an den Maschinen mehr kommt. Das neue Tool-Management ToolDirector VM wurde eng mit der CAM-Software und der Maschinensimulation verknüpft. Edwin Heumann, IT-Koordinator bei Sykatec, war von der End-to-End-Prozesslösung überzeugt: „Die Datendurchgängigkeit zwischen der Software von Coscom und Esprit funktioniert hervorragend.“ Zunächst wollte man nur die zukunftsweisende Technologie ToolDirector VM einführen, doch schließlich konnte Ingo Kolberg den Hersteller von den drei Lösungen FactoryDirector VM, ToolDirector VM und InfoPoint VM überzeugen: „Werkzeugmanagement im Shopfloor ist eine wichtige Sache, aber weit bedeutender ist, die Daten möglichst schnell und fehlerfrei bis ans Bearbeitungszentrum zu übermitteln, um den digitalen Wertestrom vollständig zu schließen und Prozesse zu beschleunigen“, betont Kolberg.

Edwin Heumann ließ sich gerne davon überzeugen: „In der Tat, wir wollten nicht nur 30 Prozent, sondern 50 Prozent Effizienzsteigerung erreichen. Zudem wollten wir die Fehler bei den Werkzeugeinstellungen um 20 Prozent minimieren – damit verbunden sollten die Einfahrzeiten an unseren Bearbeitungszentren von Stunden und teilweise auch Tagen auf Minuten beziehungsweise Null gedrückt werden. Wir wussten, dass wir dies nur mit einem tief integrierten Lösungsansatz erreichen konnten.“

Digitale Zwillinge im Shopfloor durch Prozessvisualisierung

„Die CAD/CAM-Integration zu Esprit funktioniert wirklich hervorragend, denn alles, was einmalig in 3D im ToolDirector­ VM angelegt wird, kann 1:1 auch in der Virtual Machine CheckitB4 von Pimpel genutzt werden. Und durch die enge Verzahnung lässt sich der digitale Zwilling des Bearbeitungszentrums direkt simulieren. Das gibt den Anwendern ein hohes Maß an Sicherheit und Qualität sowie spart erhebliche Rüst- und Einfahrzeiten ein“, berichtet Edwin Heumann. Ingo Kolberg ergänzt: „Der ToolDirector VM stellt zusätzlich sicher, dass die Daten zukunftsfähig, sprich Release-unabhängig von der CAM-Software, abgelegt werden. Unser Tooldata Container Interface (TCI) garantiert dies.“ Im Bereich der spanenden Fertigung liegt der Anteil der 5-Achs-Fertigung bei Sykatec inzwischen bei beachtlichen 30 Prozent.

Dank InfoPoint VM Kommunikation bis zur Maschine – ein Kreislauf

Sykatec hat das Ziel klar formuliert: Daten möglichst schnell und fehlerfrei an die Maschine übermitteln, Dateninseln abschaffen und doppelte Daten vermeiden. Das ECO-System von Coscom unterstützt die gesamte Prozesskette, beginnend mit dem zu fertigenden Artikel sowie den notwendigen Werkzeugen und Spannmitteln/Vorrichtungen für das CAD/CAM-System, das aus der zentralen Plattform von FactoryDirector VM mit Daten gestartet wird. Diese übergibt die artikelbasierten Technologiedaten an das CAD/CAM-System und so entsteht ein digitaler Zwilling des zu bearbeitenden Werkstücks. ToolDirector VM steuert hierbei die 3D-Modelle der Werkzeuge/Spannmittel bei, sichert die Fertigungsprozesse ab und erhöht die Qualität. Das Ergebnis der Maschinensimulation (Prozessvisualisierung) wird als Video zusammen mit den Auftragsdaten und dem digitalen Einrichteblatt an InfoPoint VM auf das Maschinen-Terminal geschickt.

„Gerade bei kritischen Maschinenoperationen ist es sehr hilfreich, wenn sich der Werker mithilfe von realistischen Werkzeuginformationen (durch Prozessvisualisierung) rückversichern kann, ob es zu einer Kollision kommen könnte, etwa wenn der Fräser unmittelbar am Werkstück vorbeifährt. Mit aktuellen 3D-Werkzeugdaten lässt sich ein viel besserer Eindruck gewinnen als mit generisch erzeugten geometrischen Primitiva“, freut sich Edwin Heumann.

Der Autor Dr. Bernhard Valnion ist freier Fachjournalist in München.

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