27.07.2021 – Kategorie: Digitalisierung
Produktionsdaten digital managen: Wettbewerbsfähigkeit steigern & Rüstzeiten minimieren
Der Ventilhersteller Vetec nutzt ein zentrales, digitales Werkzeug- sowie Fertigungsdatenmanagement zur Verkürzung seiner Lieferzeiten und steigert so seine Wettbewerbsfähigkeit.
Die Fertigungstiefe ist mehr als beachtlich: Die Arbeitsgänge Sägen, Drehen, Fräsen, Erodieren, Strahlen, Schleifen, Waschen, Abdrücken, Lackieren, Schweißen, Beschichten, Montieren und natürlich das Prüfen und Verpacken finden auf dem firmeneigenen Betriebsgelände in Speyer statt – dabei fallen viele Produktionsdaten an.
Viele Produktionsdaten wegen Einzelanfertigungen
Die Geschichte der Vetec Ventiltechnik GmbH reicht mehr als 100 Jahre zurück. Hauptprodukt sind Drehkegelventile, die vor allem im Bereich von Raffinerien und der chemischen Industrie, aber auch in Fernwärme- und Fernkälteanlagen sowie bei der Metallerzeugung und -veredelung oder in Lebensmittelanlagen eingesetzt werden.
Häufig handelt es sich um Einzelanfertigungen aus einem modularen Baukasten, die speziell auf die Prozessbedingungen abgestimmt und auftragsbezogen gefertigt werden.
Der Kunde ist König
Die Auftragsdurchlaufzeiten variieren deutlich, da die Produkte nach Kundenanforderungen konfiguriert werden und die Wiederbeschaffungszeiten der Rohteile maßgeblich die Liefertermine bestimmen. Für weniger kritische Medien wurde eine leichte Baureihe entwickelt, die als „Fast Track“-Produkt mit vormontierten Komponenten die Lieferzeit für eine vollständig montierte Armatur auf wenige Arbeitstage reduziert.
Produktionsdaten: Der Weg zum digitalen Eco-System
Qualität hat höchste Priorität nach dem Motto: „Ausschuss ist keine Option“, wie Sven Donner, Produktionsleiter bei Vetec, klarstellt. Weitere tragende Säulen der Wettbewerbsfähigkeit sind kurze Lieferzeiten. Und für die sorgt auch die umfassende Digitalisierung des Shopfloors durch die Einführung eines neuen Konzeptes in die Fertigungs-IT von Vetec.
Sven Donner erklärt: „Wenn wir einen Liefertermin kommunizieren, muss dieser auch eingehalten werden. Unser Ziel ist ‚Liefertreue auf den Tag genau‘. Wird eine Armatur nicht pünktlich geliefert, kann eine Großanlage nicht in Betrieb genommen werden. Deshalb ist für unsere Kunden die Planungssicherheit immens wichtig. Wir müssen das, was wir versprechen, auch halten“.
Gewöhnlich denkt, man ein CAM-System sei das Herzstück im Shopfloor. Das ist aber bei Vetec mitnichten der Fall. Denn mehr als 4-Achs-Bearbeitungszentren hat Vetec nicht im Einsatz und Freiformflächen müssen nicht aus dem Vollen gefräst werden.
„Deshalb würde bei uns prinzipiell jedes Standard-CAM-System gute Dienste verrichten“, erörtert Sven Donner – trotzdem sprach mit den Coscom eigentlich wegen einer Angelegenheit aus dem CAM-Bereich. Diese Gespräche brachten zu Tage, dass durch eine geschickte Organisation und Durchgängigkeit von Fertigungsdaten ein viel höherer Nutzen zu erzielen sei.
Datendrehscheibe ergänzt ERP
Diese führte zur Einführung eines neuen Konzeptes in der Fertigungs-IT von Vetec: Das Eco-System von Coscom ist modular aufgebaut und umfasst die Softwarelösungen FactoryDirector VM für die Fertigungsdatenverwaltung, ToolDirector VM für das Werkzeug- und Lagermanagement sowie InfoPoint für die Datenvisualisierung im Shopfloor. Hinzu kommt das universelle CAM- und Simulations-System ProfiCam VM für die CNC-Code-Erstellung.
Die Rolle des führenden Systems übernimmt bei Vetec das ERP-System ProAlpha. Über eine Schnittstelle ist das ERP mit dem Data Hub des Shopfloors, dem FactoryDirector, bidirektional verbunden.
Dieser bündelt alle Produktionsdaten, reichert sie weiter an und stellt sie den Arbeitsplätzen zur Verfügung. „Auf diese Weise können alle Vetec-Mitarbeiter an einem einheitlichen Datensatz arbeiten“, erklärt Dirk Boothe, Key Account Manager bei Coscom.
Welche Vorteile ergeben sich aus dieser zentralen Datendrehscheibe für die Produktion? Kann diese Aufgaben nicht auch das ERP-System übernehmen?
Donner bringt es auf den Punkt: „Wir wollten weg von den Insellösungen in der Fertigung, hin zur Gesamtvernetzung aller Systeme mit einer zentralen Informations- und Datenbankplattform, die hochintegrativ alle Zielsysteme wie ERP, CAM und Simulation, Voreinstellung und Datenvisualisierung im Shopfloor verknüpft.“ Ein so erweiterter Aufgabenumfang für das ERP-System wäre aufwendig nicht zielführend gewesen.
Sven Boothe erklärt: „Mit der neuen Auslegung der Fertigungs-IT kann sich bei Vetec jeder Anwender auf seine Kernapplikation konzentrieren und muss nur so viele Fenster am Bildschirm öffnen, wie er wirklich braucht. Das gilt nicht nur für die NC-Programmierung oder das Betriebsmittelmanagement, sondern es lässt sich auch unmittelbar einsehen, ob alle Messgeräte vorhanden und diese kalibriert sind.“
Auch solch vermeintliche Kleinigkeiten wie ein fehlendes Messmittel könnten bei den engen Zeitpuffern, große Folgen haben – wie Sven Donner es zuspitzt: „Wenn nur eine Bügelmessschraube fehlt, steht ein Projekt!“
Digitaler Zwilling in der Fertigung
Der FactoryDirector stellt den eindeutigen Bezug zwischen Teile- sowie Zeichnungsnummer und gültigem, freigegebenen NC-Programm her. Dies verbessert die Zusammenarbeit zwischen Konstrukteur, Programmierer und Arbeitsvorbereiter und erhöht zudem die Prozessstabilität und -geschwindigkeit.
Die Produktionsdaten werden in Form eines digitalen Zwillings des Auftrags entlang der gesamten Wertschöpfungskette durch den Betrieb gereicht. Ganz konkret bedeutet dies für Sven Donner: „Wir haben eine schnelle und vor allem sichere Datenübertragung realisiert, früher wurden die Programme mittels USB-Stick oder Diskette in die Maschine geladen.“
Vor der Einführung kam es nicht selten zu Datenverlusten oder zu langen Suchzeiten. Nun ist nun Datendurchgängigkeit sichergestellt, sodass das richtige NC-Programm auf der entsprechenden Maschine tatsächlich im Zugriff ist.
Produktionsdaten managen: Minimierung der Rüstzeiten
Mit dem Eco-System von Coscom hat Vetec seine Rüstzeiten in den Griff bekommen. Auf die Taktzeiten legt das Unternehmen dagegen kein so großes Augenmerk. Schließlich ist Vetec ein Losgröße-1-Fertiger und kein Serienfertiger: „Wir sind zufrieden, wenn sich die Produktivität unserer Bearbeitungszentren im Rahmen von 50 Prozent bewegt“, erklärt Donner.
Auch die Datenvisualisierungs-Lösung InfoPoint unterstützt dabei, die Rüstzeiten zu verkürzen. So können die Daten für das Spannen eines Werkstücks direkt an der Maschine abgerufen werden. Aus der zentralen Datenbank werden hierzu die Aufspannpläne in ein digitales Maschinen-Einrichteblatt eingespielt.
Wiederholteilfertigung enorm beschleunigt
Die tatsächlichen Rüst- und Stückzeiten werden im FactoryDirector dokumentiert und an das ERP-System zurückgemeldet. Aus diesen Angaben werden die Soll- mit den Ist-Zeiten abgeglichen, um in Zukunft noch besser planen zu können.
„Wir versuchen, unsere Laufzeiten auf diese Weise so genau wie möglich zu steuern. Quartalsweise überprüfen wir die rückgeschriebenen Zeiten auf Plausibilität, wobei wir uns dabei auf unseren Lieferstandard beschränken“, erklärt Sven Donner. Gerade im Falle der Wiederholteilfertigung ergibt sich ein weiterer großer Vorteil des neuen Systems: Ein Auftrag läuft quasi automatisiert mit allen relevanten Daten aus dem FactoryDirector durch, falls das Teil bereits auf einer CAM-relevanten NC-Maschine gefertigt wurde.
„Mit Coscom haben wir einen verlässlichen Partner gefunden“, schließt Sven Donner.
Der Autor Dr. Bernhard Valnion ist freier Fachjournalist aus München.
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