14.09.2022 – Kategorie: Digitalisierung

Ökologische Transformation: Wie Digitalisierung eine nachhaltige Fertigung ermöglicht

Ökologische TransformationQuelle: Vectormine/Adobestock

Erst die digitale, und nun die ökologische Transformation. Die Anforderungen an Unternehmen in der Industrie sind so hoch wie nie. Das Gute dabei: Die vernetzte Produktion 4.0 bietet größte Potenziale für eine nachhaltige Fertigung.

Mit hochgesteckten Zielen und neuen gesetzlichen Vorgaben zieht die deutsche Bundesregierung das Tempo in Sachen Klimaschutz und ökologische Transformation an: Wie sämtliche Industriezweige auch, muss die Fertigung in den kommenden Jahren insgesamt deutlich nachhaltiger werden, um wie gefordert die Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Zugleich regen neue Technologien und die smarte Datennutzung Unternehmen dazu an, das eigene Carbon Management gleich vom Anfang bis zum Ende zu denken. Nicht zuletzt die Innovationen der Industrie 4.0 befähigen Betriebe dazu, ihren CO2e-Ausstoß datengestützt zu tracken, zu analysieren und zu reduzieren.

Ökologische Transformation: Die Wertschöpfungsketten auf dem Prüfstand

Bereits die Erfassung der ausgestoßenen Treibhausgase ist dabei ein nicht zu unterschätzendes Unterfangen. Besonders in produzierenden Unternehmen fällt an zahlreichen Stellen CO2e an – angefangen bei der Entwicklung und Planung, über die Produktion bis hin zur Auslieferung. Zusätzlich weisen Betriebe in der Fertigungsindustrie häufig ein komplexes Netzwerk von Lieferanten, Zwischenhändlern, Kontraktoren und Partnern auf. Sogar die spätere Nutzung durch den Endkunden kann angesichts einer möglichst nachhaltigen Verwendung bereits mitgedacht werden, beispielsweise durch entsprechende Funktionen und Recyclingoptionen – ganz im Sinne einer regenerativen Kreislaufwirtschaft. Insgesamt ergibt sich damit ein äußerst vielschichtiger Produktlebenszyklus.

Ganzheitliches Carbon Management umfasst daher alle Prozessstufen und erfordert deshalb auch einen geeigneten Ansatz. Bevor jedoch Maßnahmen zur CO2e-Vermeidung ergriffen werden können, gilt es, auch die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette im Ganzen zu analysieren.

Transparenz durch datenbasiertes Tracking

Ganzheitliches Emissionsmanagement von Unternehmen gliedert sich in drei grundlegende Aktionsschritte: Beim Tracking wird zunächst erfasst und analysiert, an welchen Stellen wie viele Emissionen ausgestoßen werden. Anschließend gilt es, diese durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden (avoid). Einzelne in CO2e eingehende Gase, bei denen dies nicht möglich ist, werden kompensiert (compensate).

Aber wie stellt sich dieses Verfahren in der Praxis dar? Und vor allem: Wie können produzierende Unternehmen ihren Emissionsausstoß nachvollziehbar ermitteln und reporten? Viele Betriebe stützen sich nach wie vor auf Schätzungen und händische Dokumentationen. Mehr Transparenz und Genauigkeit bieten Analysen, die beispielsweise auf Daten von Energietrackingsystemen und mobilen Messeinrichtungen basieren. Datenbasierte Prozesse wie diese sorgen nicht nur für eine nachweisbare Energiebilanz, sondern helfen auch dabei, die tatsächlichen Treiber des Emissionsausstoßes zuverlässig zu identifizieren.

Da viele CO2e-Erzeuger auch außerhalb der eigenen Anlagen liegen, ist die Ausweitung der Analyse auf die weiteren Akteure in der Wertschöpfungskette unabdingbar. IT-Systemintegratoren wie NTT Data Business Solutions können Einsicht in diese CO2e-Emissionen herstellen und damit zu mehr Transparenz beitragen. IT-Systeme, beispielsweise von SAP, ermöglichen die Zusammenführung dieser Daten und bieten einen ganzheitlichen Blick auf Emissionen im gesamten Produktlebenszyklus – von der Entwicklung bis zur Auslieferung.

Mit digitalen Technologien CO2e vermeiden

Nicht nur bei der Erfassung der Treibhausgase profitieren Unternehmen von datengestützten Tools. Digitale Technologien können auch helfen, Maßnahmen zu deren Vermeidung aufzuspüren. Einsparpotenziale können sich in verschiedenen Prozessstufen manifestieren: Schon in der Entwicklungsphase von Produkten helfen beispielsweise digitale Zwillinge und Simulationen dabei, Ressourcen in Form von Materialien aber auch barem Geld einzusparen und eine möglichst nachhaltige Nutzung durch den Endkunden mit einzuplanen. Werden Entwürfe oder auch ganze Abläufe zunächst digital abgebildet, können Prozesse untersucht und optimiert werden, bevor sie in der Realität umgesetzt werden und somit hohe Kosten erzeugen und zusätzliche Ressourcen verbrauchen.

An einer systematischen Herangehensweise zur Frage, wie auch über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg Emissionstreiber identifiziert und reduziert werden können, arbeitet NTT Data Business Solutions gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung. Ziel des Verbundprojekts climate bOWL (wobei OWL für Ostwestfalen-Lippe steht) ist die Entwicklung eines digitalen Assistenzsystems, das automatisiert den Product Carbon Footprint entlang der gesamten Wertschöpfungskette ermittelt und eine verursachergerechte Zuordnung auf Produktebene ermöglicht. Darauf basierend werden, ebenfalls automatisiert und mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI), Maßnahmen zu deren Vermeidung geprüft.

Sind die Potenziale gehoben, besteht die Möglichkeit, den Ausstoß von CO2e beispielsweise durch den Erwerb von Zertifikaten zu kompensieren und somit Emissionsneutralität herzustellen. Dies sollte jedoch nur dann erfolgen, wenn die Reduktion des CO2e-Ausstoßes nicht realisierbar oder wirtschaftlich tragbar ist.

Ökologische Transformation: Optimierte Prozesse fördern Innovationen

Gemäß dem Motto Fördern durch Fordern kann Nachhaltigkeit zum Treiber von Optimierung und Innovation werden: Die parallele Entwicklung von digitalen Technologien und Nachhaltigkeitsbestreben in der Fertigung fruchtet nicht nur in Sachen Klimaschutz. Ausgehend von dem Ziel, Ressourcen in Form von Energie und Materialien zu schonen, schlagen sich entsprechende Maßnahmen in der Regel auch in einer generellen Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung nieder.

Sowohl im eigenen Betrieb als auch in der Lieferkette kann die Auseinandersetzung mit Fragen nach emissionsärmeren Produktionslinien, alternativen Zulieferern, geringerem Ressourcenverbrauch und einer abfallminimierten Kreislaufwirtschaft zu verbesserten Abläufen und geringeren Energiekosten führen. Nachhaltigkeit ist damit oft nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch rentabel.

Damit verbunden ist auch ein steigendes Innovationspotenzial, denn in vielen Fällen sind Maßnahmen im Rahmen des Carbon Managements auch Anreiz für die Implementierung neuer Technologien und Tools. Nachhaltigkeit und ökologische Transformation gelingt nur gemeinsam – deshalb stehen auch hier geeignete Kollaborationen im Fokus, bei denen alle Teilnehmenden profitieren. Um angrenzende Abteilungen sowie Akteure außerhalb des eigenen Unternehmens mit einzubeziehen, eignet sich häufig auch die Beteiligung in Ökosystemen und an Co-Innovationsprojekten. Die gemeinsam entwickelten Kompetenzen können von allen genutzt werden und potenzieren so ihren Nutzen.

Nicht zuletzt sind nachhaltige Prozesse und Produkte auch Aspekte, die für Kunden, Partner, potenzielle Bewerber und viele weitere Stakeholder in den Vordergrund rücken. Damit hat verantwortungsbewusstes Unternehmertum auch das Potenzial, die eigene Reputation zu sichern und positiv zu beeinflussen. Denn letztlich begeistern sich viele Menschen für einen Schutz von Klima und Natur. Womit eine nachhaltige Fertigung eine natürliche Weiterentwicklung ökonomisch-ökologischer Ziele ist.

Der Autor Paul Dietrich ist Innovation-Manager bei der NTT Data Business Solutions AG und wirkt an Innovationsprojekten im Co-Innovation-Lab mit.


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