22.03.2023 – Kategorie: Produktionsprozesse
Nachhaltige Produktion: 3 Strategien, um der Kostenexplosion zu entgehen
Die Industrie wird ohne ein Denken und Handeln gemäß dem Prinzip „Out of the box“ die Energiekrise nicht meistern. Und auch die angestrebte Nachhaltigkeit nicht erreichen, denn die Energiepreise werden dauerhaft hoch bleiben.
Nachhaltige Produktion in der Krise? Der Ukraine-Krieg hat die Nachhaltigkeitsdebatte in Deutschland heftig durcheinander gewirbelt. Aufgrund des drohenden Gas- und Strommangels wurden unter anderem viele politische Entscheidungen relativiert oder korrigiert. So wurden zum Beispiel Kohlekraftwerke reaktiviert und die Laufzeiten von Kernkraftwerken verlängert. Und plötzlich war auch das durch Fracking gewonnene Flüssiggas keine „Teufelszeug“ mehr. Und so manche politische Handlungsmaxime wurde – zumindest vorübergehend – beiseitegeschoben. So zum Beispiel die Frage: Wie gehen die Staaten, die uns fossile Brennstoffe liefern, mit den Menschenrechten um? Politisches Ziel ist es nun, dass die Energieversorgung zumindest in diesem Winter einigermaßen gesichert ist.
Nachhaltige Produktion: Grundüberzeugungen über Bord geworfen
Dieses Ziel wurde, so scheint es aktuell, erreicht – jedoch nur, weil viele Politiker aus den Regierungsparteien „Out of the box“ dachten – also Grundüberzeugungen über Bord warfen, die zuvor „heilige Kühe“ für sie waren. Und sie werden in naher Zukunft noch so manche heilige Kuh schlachten, wenn ihr Horizont sich weitet und die Frage nicht nur lautet „Wie kommen wir über den bevorstehenden Winter?“, sondern „Wie stellen wir die Energieversorgung in Deutschland und in der EU mittel- und langfristig sicher?“.
So ist es zum Beispiel aktuell schwer vorstellbar, dass in naher Zukunft Verstöße gegen das Anfang 2023 in Kraft tretende Lieferkettengesetz schwer geahndet werden – zumindest solange die Versorgung der deutschen Wirtschaft mit Energie, aber auch vielen Rohstoffen und Vorprodukten nicht gesichert ist und die oberste Frage lautet: „Wie halten wir die Wirtschaft am Laufen?“
Die Zeiten billiger Energie sind endgültig vorbei
Sicher ist aktuell nur eines: Die Energiekosten in Europa werden nicht mehr auf das Niveau vor Ausbruch des Ukraine-Krieges sinken. Also stellt sich für Unternehmen die Frage: Wie gehen wir mit den dauerhaft gestiegenen Fixkosten um? Die Antworten der Unternehmen auf diese Frage werden abhängig unter anderem von ihrem Geschäftsfeld, ihrem Markt, ihrer Struktur sowie davon, welche Bedeutung die Energiekosten bei ihrer Gesamtkalkulation haben, sehr verschieden sein.
Wie können Unternehmen also auf die Kostenexplosion reagieren? Einen Ausweg bieten folgende drei Strategien:
- Strategie 1: Ausweichen. Viele Unternehmen mit einer energieintensiven Produktion erwägen derzeit, (weitere) Teile ihrer Produktion in Länder zu verlagern, in denen die Energiekosten deutlich niedriger als in Deutschland sind. Diese Lösung ist zwar betriebswirtschaftlich oft sinnvoll, jedoch volkswirtschaftlich bedenklich. Und zwar nicht nur wegen des Verlusts von Arbeitsplätzen, sondern auch weil hierdurch die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft von ausländischen Lieferanten und einem reibungslosen Funktionieren der Lieferketten weiter steigt.
- Strategie 2: Reduzieren. Über die Frage, wie können wir unsere Produktion beziehungsweise Infrastruktur energieeffizienter gestalten, denken seit Monaten wohl fast alle Unternehmen nach. Das heißt, sie durchforsten ihre Organisation und die intern praktizierten Verfahren nach Einsparpotenzialen. Das ist gut so, hat jedoch auch einen Nachteil: Die in einer Optimierung des Bestehenden ruhenden Einsparpotenziale sind meist begrenzt. Deshalb lässt sich durch solche Bemühungen zwar oft kurzfristig der Kostendruck senken, sie führen aber nicht zu einer nachhaltigen Problemlösung.
- Strategie 3: Ersetzen. Bei dieser Möglichkeit stellen die Unternehmen sowohl ihre Produktpalette als auch ihre Herstellungsverfahren grundsätzlich in Frage. Sie fragen sich zum Beispiel:
Können wir die benötigten Metallteile auch im 3D-Druck produzieren?
Können wir die von uns gefertigten technischen Textilien auch kalt färben?
Das Ziel hierbei: Durch einen sogenannten Musterwechsel beim Lösen der Probleme soll ein Quantensprung beim Energieverbrauch erzielt werden – und zwar nach unten.
Bei diesem Lösungsansatz geht es also um „echte Innovationen“. Solche Lösungen lassen sich in der Regel nur durch interdisziplinäre Teams entwickeln, bei denen alle Mitglieder zumindest bereit sind, „Out of the box“ zu denken – also die in ihrer Organisation geltenden Denk- und Verhaltensmuster zu hinterfragen.
Nachhaltigkeit erfordert den Mut, vieles neu zu denken
Hierfür muss in der Regel zunächst der Mindset der Teammitglieder geweitet werden, damit sich bei ihnen das Gefühl einstellt: „Es geht eventuell auch ganz anders.“ Deshalb bietet Kraus & Partner unter anderem Innovations-Workshops zum Identifizieren nachhaltiger Werkstoffe und Produktionsverfahren und zum Entwickeln neuer, nachhaltiger Produkte an. Hierbei sind folgende Rahmenbedingungen zu berücksichtigen:
Ein Verlagern der Produktion beziehungsweise der Unternehmen ins Ausland aufgrund der hohen Energiekosten in Deutschland ist zumindest volkwirtschaftlich betrachtet keine erstrebenswerte Lösung.
Durch ein Optimieren der bestehenden (Produktions-)Infrastruktur und -Verfahren allein lässt sich der exorbitante Anstieg der Energiekosten bei vielen Unternehmen nicht ausgleichen.
Durch Innovation und Transformation eine nachhaltige Produktion erreichen
Also führt, wenn Deutschland weiterhin ein wichtiger Industriestandort und eine erfolgreiche Exportnation sein möchte, an den Themen Innovation und Transformation kein Weg vorbei. Diesen Weg sollten wir im Land der Dichter und Denker, das in der Vergangenheit oft zu Recht stolz auf seinen Erfinder-Reichtum war, erneut beschreiten. Denn auf dem Dienstleistungssektor allein lassen sich keine (wirtschaftlich) „blühenden Landschaften“ aufbauen. Das hat auch die wirtschaftliche Entwicklung seit der Wende gezeigt. Deshalb sollten wir danach streben, unsere Industriekerne zu bewahren und zu stärken.
Der Autor Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Kraus & Partner in Bruchsal.
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