02.03.2022 – Kategorie: Digitalisierung
Mit dem Lean-Management-Prinzip zum Erfolg
Ein Schweizer Systemlieferant setzt bei einer Fertigungstiefe von 75 Prozent voll auf Lean Management. Selbst das eingesetzte ERP ist dabei immer wieder auf dem Prüfstand.
Lean-Management-Prinzip: Ringele unterstützt Hersteller dabei, Produkte schneller auf den Markt zu bringen. Dafür liefert der Schweizer Systemlieferant Blechteile unter anderem nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz. Mal ist es die glänzende Front einer hochwertigen Kaffeemaschine, mal ein Sterilisationsbehälter für den medizinischen Einsatz, der den regulatorischen Vorgaben gerecht werden muss.
Lean-Management-Prinzip: Schnell zu guter Qualität
Um die geforderte Qualität termintreu liefern zu können, orientiert sich der Blechbearbeiter in Produktion und Administration seit mehr als 15 Jahren an Lean-Management-Standards. Damit hat Ringele der Verschwendung den Kampf angesagt. Es stehen nicht nur Material- und Ressourceneinsatz regelmäßig auf dem Prüfstand, sondern auch die Unternehmensprozesse und die Durchlaufzeiten in der Produktion. Wo es geht, werden Abläufe im ERP automatisiert. An anderen Stellen justiert das Management organisatorisch nach. Auf diese Weise konnte das Unternehmen den Auftragsprozess deutlich beschleunigen. Heute ist Ringele in der Lage, das gleiche Auftragsvolumen wie vor 10 Jahren mit nur 50 Prozent der Kapazität zu bewältigen. Die Liefertermintreue lag in den letzten Jahren zwischen 96 und 98 Prozent, wozu auch die automatische Orchestrierung der Produktionsaufträge im ERP deutlich beigetragen hat.
Komplexität mit schlanken Mitteln meistern
Ringele wendet das Lean-Management-Prinzip der konsequenten Reduktion von Verschwendung ebenso auf die eingesetzte ERP-Lösung Proalpha an: Ziel ist, den Funktionsumfang bestmöglich auszunutzen, wie Urs Leuenberger, Mitinhaber und verantwortlich für die Gesamtlogistik bei Ringele, erläutert: „Unternehmen, die ihr ERP-System nicht richtig einsetzen, nehmen riesige Effizienzverluste in Kauf. Das ERP hilft uns, schneller zu sein und die Bedürfnisse unserer Kunden optimal zu erfüllen. Daher ist die ERP-Lösung ein wichtiger Erfolgsfaktor für unser Unternehmen und wir prüfen laufend, wie wir die Funktionalitäten noch besser nutzen können.“
Die Produkte des Systemlieferanten finden sich in keinem Katalog. Jedes erfordert individuelles Engineering: „Wir entwerfen und fertigen die Teile genau nach den Kundenbedürfnissen – ob als Einzelstück oder in Losen von bis zu 10.000 Stück“, erklärt Leuenberger. Und das bei rund 6.000 Aufträgen pro Jahr: Während an dem einen Produkt zwei bis drei Mitarbeiter im Schichtbetrieb 1.000 Schweißstunden erbringen, durchlaufen andere Teile in Kleinserie sechs oder sieben Arbeitsschritte und sind bereits nach drei Stunden fertig.
Um die Qualität seiner Produkte sicherzustellen, setzt Ringele neben dem Lean-Management-Prinzip auf Fertigungstiefe: 75 Prozent des Unternehmensumsatzes werden inhouse generiert. Damit hat Ringele alle wichtigen Prozesse selbst unter Kontrolle – vom Laser- und Stanzzuschnitt, über Biege- und Schweißroboter, anspruchsvolle Umformung bis hin zu Oberflächenbehandlungen wie Pulverbeschichten und Elektropolieren sowie komplexe Endmontagen.
Lean-Management-Prinzip: Automatisierte Produktionsplanung und -steuerung
Erteilt ein Kunde seinen Auftrag, legt der Vertrieb alle Stammdaten an und verschickt die zugehörige Auftragsbestätigung direkt aus dem ERP-System. Die Konstruktionsdaten werden dabei per Schnittstelle aus dem CAD-System übernommen. Anschließend werden Stücklisten, Arbeitspläne und Produktionsaufträge erstellt.
Der Wunschtermin des Kunden gibt dabei die Terminierung vor, die in Proalpha APS erfolgt. Das System errechnet automatisch den Starttermin für jeden einzelnen Produktionsauftrag, so dass alle notwendigen Arbeiten in der richtigen Qualität ausgeführt werden können und zeitlich optimal aufeinander abgestimmt sind.
Dabei sind durchschnittlich etwa 500 parallel laufenden Aufträgen im System. Die Produktionsleitung hat alle Ressourcen im Blick – der Urlaub der Mitarbeiter wird genauso berücksichtigt, wie ein wartungsbedingter Maschinenstillstand, wenn etwa die im ERP vordefinierte Hubzahl einer Maschine erreicht ist.
Workflows steuern zuverlässig alle erforderlichen Schritte – von der Prüfung, Freigabe und Terminierung des einzelnen Produktionsauftrags bis hin zur Fertigstellung und Auslieferung an den Kunden, begleitet vom automatisch erstellten Lieferschein. Er ist das einzige Papier im gesamten Fertigungsprozess.
Auch die Rechnungsstellung erfolgt weitgehend automatisiert im ERP mit digitalem Versand per E-Mail.
Relevante Informationen auf einen Blick
Ob im Vertrieb, der Finanzbuchhaltung oder der Fertigung – damit jeder ERP-Anwender auf einen Blick alle für seine Arbeiten relevanten Informationen vor sich hat, hat Ringele standardmäßige Szenarien für die jeweiligen Benutzergruppen erstellt.
Das Szenario „Produktionsauftrag“ besteht beispielsweise aus acht Fenstern. Diese enthalten für die Produktion relevante Daten aus verschiedenen Funktionsbereichen des Systems: Was für ein Auftrag ist es? Wann muss er geliefert werden? Welche Aktivitäten sind erforderlich, welche bereits abgeschlossen? Welche Kosten sind aktuell aufgelaufen?
Urs Leuenberger kommentiert: „Mit dem ERP kann ich online bei jedem Auftrag auf die Minute genau sehen, wo er gerade steht und habe entsprechende Steuerungsmöglichkeiten.“ Zudem greife die Geschäftsführung auf komplexe Reports aus Proalpha-Analyzer zu. Diese zeigen beispielsweise den Kostenstatus der gesamten aktuellen Ware in Arbeit – eine wichtige Kennzahl für die Bilanz des Zulieferbetriebs.
Glänzender Datenschatz
Damit auch das Management belastbare Informationen aus dem ERP-System erhält, muss die Datenqualität stimmen – von korrekten Grunddaten über sorgfältig gepflegte Preise und Bearbeitungszeiten bis hin zu korrekten Auftragsrückmeldungen nach Abschluss der Arbeitsschritte.
„Das ERP ist bei uns an oberster Stelle im Management angesiedelt, es ist der Lebensnerv für unser Geschäft“, erläutert Leuenberger. „Daher arbeiten wir mit verbindlichen Standards für alle Datentypen und Bereiche. Diese können nur die Standardverantwortlichen erstellen und freigeben. Wir entwickeln sie kontinuierlich weiter.“
Alle vier Jahre nimmt Ringele den Versionswechsel des ERP zum Anlass, die Daten gründlich zu bereinigen und das System so schlank wie möglich zu halten. „Wir haben uns für einen Vier-Jahres- Rhythmus entschieden. Denn so nutzen wir die Proalpha-Version, die wir haben, jeweils optimal aus und verhindern zugleich, dass der Migrationsaufwand irgendwann zu hoch wird“, erklärt Leuenberger, der mit einem Projektteam aktuell am Releasewechsel auf die Version 7.1 arbeitet. Ein Tool zur Migration hilft dabei, die Stamm- und aktuellen Bewegungsdaten zu bereinigen und fehlerfrei zu übernehmen. „Im Vergleich zur letzten Migration konnten wir unsere aktiven Artikel durch systematische Archivierung von rund 70.000 auf 20.000 reduzieren. Das spart enorm viel Zeit bei der Suche“, erklärt Leuenberger.
Lean-Management-Prinzip bedeutet: Die Optimierung hört nie auf
„Wir holen noch nicht genug aus dem ERP heraus. Es gibt zum Beispiel noch immer Luft in unseren Aufträgen – Liegezeiten und Wartezeiten zwischen den Aktivitäten, Aus- und Einlagerungen. Mit den Lean-Production-Prinzipien arbeiten wir momentan daran, diese Luft herauszunehmen.“ Auch die Weiterentwicklung des selbst programmierten Kalkulationssystems ist geplant. Bislang läuft dies als eigenständige Lösung. Über eine Schnittstelle sollen die zugrundeliegenden Materialpreise, Rohmaterialien, Norm- und Kundendaten künftig direkt aus dem ERP in die Kalkulation fließen.
Zudem sollen mittelfristig die Arbeitsplätze weiter digitalisiert werden. Dafür wird zunächst eine mobile Lösung des ERP im Lager zum Einsatz kommen. In Zukunft sollen auch die Produktionsmitarbeiter ihre Aufträge über Mobilgeräte direkt an den Arbeitsplätzen an- und abmelden können – bis dato erfolgt dies über zentrale Terminals mit der Betriebsdatenerfassung (BDE) von Proalpha.
Unmittelbar bevor steht zudem die Einführung mehrerer Module der Qualitätsmanagementlösung QS1 von QSC. Vollständig ins ERP integriert soll die Lösung Ringele helfen, die Messmittelverwaltung zu synchronisieren, Messdaten im ERP weiter zu nutzen und das gesamte Reklamationswesen abzubilden.
Der Autor Ronny Winkler ist Head of Corporate Communications bei Proalpha.
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