10.04.2019 – Kategorie: Fertigung, IT, Management, Technik
Mit Datenanalyse zum Carbon Footprint in der Produktion
Der Klimawandel ist heute allgegenwärtig. Zugleich werden immer mehr Möglichkeiten aufgezeigt, die CO2-Belastung zu reduzieren. Im industriellen Umfeld bezieht sich dies meist auf die energieeffiziente Nutzung von Maschinen und Anlagen sowie die Nutzung regenerativer Energiequellen. Mithilfe einer Datenauswertung lassen sich die ökologischen Folgen verschiedener Antriebsarten in Produktionsanlagen exakt berechnen.
Der Klimawandel ist heute allgegenwärtig. Zugleich werden immer mehr Möglichkeiten aufgezeigt, die CO2-Belastung zu reduzieren. Im industriellen Umfeld bezieht sich dies meist auf die energieeffiziente Nutzung von Maschinen und Anlagen sowie die Nutzung regenerativer Energiequellen. Mithilfe einer Datenauswertung lassen sich die ökologischen Folgen verschiedener Antriebsarten in Produktionsanlagen exakt berechnen.
Um den Umwelteinfluss ihrer Anlagen abschätzen zu können, fehlt den meisten Unternehmen eine valide Grundlage an Daten und eine geeignete Analyselösung. Dazu kommt, dass in der Maschinen- und Anlagenindustrie und insbesondere bei den Antriebstechnologien wie der Hydraulik häufig mit großer Sicherheit geplant wird, um einen Ausfall von Produktionsprozessen zu verhindern. In diesem Zusammenhang stehen die ökologischen Zielsetzungen noch im Schatten der ökonomischen Ziele. Mit Industrie 4.0 und stark umkämpften Märkten gilt es jedoch, Alleinstellungsmerkmale für Produkte zu finden und der Verantwortung gerecht zu werden, Vorreiter bei ökologischen Merkmalen zu sein.
In dem AiF-Forschungsprojekt „Carbon Footprint – Ermittlung des Carbon Footprints unterschiedlicher Antriebsarten von Produktionsanlagen“ wird derzeit an einer Lösung gearbeitet, bei der mittels Datenaggregation der ökologische Betrachtungsfokus auf Produkte der fluidtechnischen sowie elektromechanischen Antriebstechnologien gesetzt wird. Dabei wird der komplette Produktlebenszyklus betrachtet und mithilfe von Datenauswertungen und Kombinatorik versucht, eine benutzerfreundliche Abschätzung bereitzustellen. Das generierte Wissen kann beispielsweise bei der Kaufentscheidung einer neuen Anlage miteinfließen. Hersteller der Antriebe können zudem eine ökologische Klassifizierung ihrer Produkte anbieten und Produkte mit spezifischen Eigenschaften bereitstellen.
Spezifizierte Analyse einzelner Lebensphasen
Fluidtechnische und elektromechanische Linearantriebe von Produktionsanlagen werden für die drei Bereiche Herstellung, Betrieb und End-of-Life analysiert. Im Kern der Analysen steht die Erzeugung von CO2-Äquivalenten, welche einen Rückschluss auf die Umweltfreundlichkeit ermöglichen. Ausgangspunkt einer jeden Analyse ist die Herstellung solcher Antriebe. Die Schwierigkeit der Analyse des Produktlebensabschnitts liegt in der Abgrenzung der Bilanzgrenzen. Zur Definition der Bilanzgrenzen gehört die Definition der Recycling-Stoffströme. Die recycelten Materialien werden oftmals bei der Produktion von neuen Antrieben wiederverwendet und verlassen somit nicht die Bilanzhülle. In dieser Produktlebensphase müssen jedoch noch weitere Bereiche, wie Rohstoffgewinnung, Logistik, Materialhandling, Verpackungen oder Aufbereitung berücksichtigt werden. Durch ihre Vielzahl erscheint die Herstellung als ein komplexes Gebilde unterschiedlicher Netzwerkpartner.
Der Betrieb der Anlagen erzeugt einen erheblichen Anteil an der gesamten CO2-Produktion. So haben erste Projektergebnisse gezeigt, dass während des Betriebs bei pneumatischen Kompaktantrieben rund 90 Prozent der gesamten CO2-Emissionen erzeugt werden. Der Grund hierfür liegt unter anderem in der Überdimensionierung der Anlagen, welche einen unnötigen Ressourcenverbrauch nach sich zieht. Bei der Betriebsphase werden unterschiedliche Profile definiert, welche die Bandbreite der Nutzung und Einsatzszenarien solcher Antriebe abdecken. Hierdurch können die verschiedenen Anspruchsgruppen integriert werden.
Demontage, Recycling oder endgültige Entsorgung
Für das Ende eines Produktlebenszyklus werden Demontage-, Entsorgungs- sowie Recyclingprozesse berücksichtigt. Wichtig ist hierbei, wie eingangs erläutert, die genaue Abgrenzung zu Beginn des Produktlebenszyklus, welche die Komplexität der Berechnungen festlegt. Für eine klare Definition endet die Bilanzgrenze nach der Endmontage und dem Transport zum letzten Lagerort. Dieser kann entweder der Start eines Recyclingprozesses oder die endgültige Deponierung einzelner Komponenten sein. Somit muss für die Verwendung von recycelten Grundstoffen bei der Herstellung keine „Gutschrift“ in Form von CO2-Äquivalenten für die Berechnung berücksichtigt werden. Der Recyclingprozess geht dann in die Bilanzhülle der Herstellung mit ein und sorgt so für eine umfassende Betrachtung.
Die richtige Erfassung aller Wirkzusammenhänge entlang des Produktlebenszyklus gestaltet sich als äußerst komplex. Die notwendige Datengrundlage ist insbesondere in den Produktlebensphasen der Herstellung und des End-of-Life nur schwer zu bestimmen. Daher wird insbesondere bei Bearbeitungsprozessen mit Standardwerten gerechnet, die auf Plausibilität durch beispielhafte Messwerte aus der Praxis überprüft werden.
Relevante Daten für die Lebenszyklusanalyse sammeln
Die Voraussetzung einer Lebenszyklusanalyse ist die Datenaufnahme, auf dessen Basis eine Datenaggregation stattfinden kann. Dazu müssen Anbieter von fluidtechnischen oder elektromechanischen Linearantrieben mit einbezogen werden. Insbesondere bei KMUs fehlt es häufig an einem betrieblichen Energiemanagementsystem, das eine ganzheitliche Betrachtung der Verbräuche ermöglichen würde. Eine Datenbasis für spezifische Anlagenkomponenten ist zudem nur begrenzt vorhanden und muss in den meisten Fällen vollständig neu generiert werden. Unternehmen können hierbei zum Beispiel spezifische Maschinendaten wie den Stromverbrauch oder beschreibende Merkmale wie Lastzyklen oder Haltedauern aus vorhandenen Schnittstellen auslesen. Allerdings müssen die Unternehmen ein Bewusstsein dafür entwickeln, welcher Mehrwert in diesen Daten liegt.
Ein weiteres Ziel des Forschungsprojektes ist es, interessierten Unternehmen aufzuzeigen, welche Schwachstellen in der Datenaufnahme bestehen und wie sie diese Schwachstellen beheben können. Im Zuge von Industrie 4.0 sind der Umgang und die Erzeugung von großen Datensätzen kein Problem mehr. Daten werden aktuell überwiegend zur Planung und Optimierung von Produktionsprozessen generiert. Die Auswertung von Energiedaten steht hierbei noch nicht im Vordergrund.
Zur Sammlung spezifischer Daten wurde für das Projekt ein Online-Fragebogen entwickelt, der für Hersteller sowie Anwender von fluidtechnischen und elektromechanischen Antrieben ausgelegt ist. Dieser wird zur Erweiterung und Ergänzung der bereits bestehenden Datenbasis eingesetzt und soll beispielhafte Fragen im Energiekontext aufzeigen. Die gesammelten Daten werden anschließend genutzt, um in einem Berechnungsverfahren eine Schnellabschätzung zur CO2-Produktion entlang des Lebenszyklus zu erhalten.
Verbesserungspotenziale in der Produktion aufzeigen
Ein Abgleich mit alternativen Szenarien ist Bestandteil einer validen Einschätzung der Auswirkungen auf das Klima. So kann den Anwendern aufgezeigt werden, welche Verbesserungspotenziale es zu den bisherigen Optionen gibt. Die Betrachtung der alternativen Szenarien bezieht sich dabei auf die Produktentstehungs- und Produktentsorgungsphase. Im Betrieb können alternative Szenarien nur durch geänderte Prozesse umgesetzt werden, was nicht allgemeingültig zu erfassen ist.
Alternative Szenarien können beispielsweise im Bereich der Werkstoffauswahl, der Liefer- und Prozesskette oder den Herstellungsverfahren liegen. Hier gilt es, den direkten Vergleich zu den bisher bekannten Optionen zu ziehen. Aluminium ist zum Beispiel ein weitverbreiteter Werkstoff in Pneumatik-Komponenten. Mit Aluminium geht jedoch ein relativ großer Anteil an CO2-Äquivalenten in die Bilanzhülle mit ein, da mit dem Werkstoff eine äußerst energieintensive Herstellung einhergeht. In der Betrachtung unterschiedlicher Anwendungsfälle können Möglichkeiten aufgezeigt werden, Einsparpotenziale zu realisieren. Eine Netzwerkbetrachtung mit unterschiedlichen Einsatzfällen erschwert jedoch diese Analysen. sg
Autoren
Andreas Külschbach (M.Sc.) ist Projektingenieur und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Produktionsmanagement am FIR der RWTH Aachen.
Maximilian Waerder (M.Sc.) ist Gruppenleiter der Forschungsgruppe Digitalisierung & Automatisierung des ifas der RWTH Aachen.
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