17.09.2021 – Kategorie: Digitalisierung

MES-Software als Wegbereiter zur Smart Factory

MES-SoftwareQuelle: Salinen Austria

Je weiter die Historie eines Unternehmens und seiner Branche zurückreicht, desto mehr scheint Digitalisierung zu kontrastieren. Dass das nicht so sein muss, zeigt die Nutzung eines MES-Systems als Wegbereiter zur Smart Factory bei der Salinen Austria AG.

MES-Software im Einsatz: Die Wurzeln der Salinen Austria AG als Unternehmen reichen bis ins Jahr 1449 zurück. 1903 wurde erstmals Tafelsalz abgepackt, das noch heute unter dem Markennamen „Bad Ischler“ verkauft wird. Noch immer gilt beim Salz aus den Alpen von der Gewinnung bis zur Veredelung „Made in Austria“ – auch wenn nun moderne Technik in der Produktion des hochreinen Siedesalzes eingesetzt wird.

Die Salzgewinnung in Österreich

Die Salinen Austria AG beschäftigt aktuell 520 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Österreich und den acht Vertriebsniederlassungen in Mittel- und Osteuropa. Jährlich werden an den Standorten Altaussee, Hallstatt und Bad Ischl vier Millionen Kubikmeter Sole gewonnen, aus denen 1,2 Millionen Tonnen Salz für unterschiedliche Einsatzzwecke produziert werden.

Vom Rohstoff bis zum verkaufbaren Endprodukt erfolgen mindestens die folgenden Verarbeitungsschritte: Solegewinnung (Auswaschen des Salzes) im Bergwerk, Reinigung der Sole, Eindampfung des Wassers und Trocknung des Salzes. Anschließend kommt das Salz entweder in eine der Lagerhallen, die in Summe rund 300.000 Tonnen fassen können, oder in die Finalproduktion, wo es direkt verpackt oder mit anderen Zutaten vermengt wird.

Digitalisierung des Herstellungsprozesses

Um den Ablauf in der Finalproduktion zu überwachen, nutzt Salinen Austria das Manufacturing Execution System Hydra von MPDV. In der Finalproduktion sind sämtliche Verpackungsanlagen ans MES angebunden. Zudem sind einzelne Außenstandorte mit dem zentralen System verbunden.

In all diesen Anwendungsfällen dient die Anbindung mehreren Zwecken: Zuweisung von Fertigungsaufträgen aus der Planung und Erfassung von relevanten Daten für Auswertungen. Zusätzlich kann mit den erfassten Daten die Rückverfolgbarkeit der Produkte sichergestellt werden.

MES-Software: Der Ablauf im Detail

Die konkrete Nutzung von Hydra lässt sich am besten anhand des Weges einer Palette durch die Fertigung bis ins Lager erklären. „Aller Anfang ist ein Arbeitsgang“, erläutert Dietmar Quatember, IT-Leiter bei Salinen Austria. „Das heißt, wir mussten lernen, unsere Abläufe in sinnvolle Teilschritte zu gliedern, die wir dann als Arbeitsgänge im MES abbilden konnten.“

Stand heute gibt es folgende Arbeitsgänge: Mischen und Pressen, Abfüllen, Sammelpacken, Palettieren und Einlagerung. Ein Fertigungsauftrag fasst die einzelnen Arbeitsgänge zusammen. So lassen sich alle erfassten Zeiten und Mengen bedarfsgerecht auswerten.

Jede Palette beginnt ihren Weg damit, dass ein Fertigungsmitarbeiter den ersten Arbeitsgang aus einer Vorgabeliste auswählt und diesen anmeldet. Dabei meldet der Werker neben dem eigentlichen Arbeitsgang auch das Material in Form von Losen und sich selbst als Person an. So kann später nachvollzogen werden, welche Lose verarbeitet wurden und von wem.

MES-Software
Bei Salinen Austria sind alle Produktionsanlagen der Finalfertigung ans MES angebunden. Bild: Salinen Austria

Maschinen über OPC-UA angebunden

Nun kann die eigentliche Arbeit beginnen: Über die OPC-UA-Anbindung der Maschinen erfasst die MES-Software kontinuierlich die produzierten Mengen und visualisiert diese für den Werker direkt am Maschinenterminal – ganz ohne Papier. Etwaige Störungen und Unterbrechungen werden automatisch erkannt oder vom Werker ins MES-System gemeldet.

Sofern alles nach Plan läuft, produziert die Maschine kontinuierlich den gewünschten Artikel und das MES generiert je Palette eine Ausgangslosnummer. Anhand dieser Losnummer kann jede Palette eindeutig identifiziert werden – auch über die Systemgrenzen des MES hinaus.

Jede Palette durchläuft den sogenannten Wickler, der sie mit Folie umwickelt und ein standardisiertes Etikett mit allen relevanten Produktdaten anbringt – dazu gehört auch die generierte Losnummer. Anschließend geht es weiter zur automatisierten Prüfstation. Dort wird neben den Abmessungen und dem Gewicht der Palette auch der Gabelfreiraum überprüft, sodass es beim späteren Einlagern keine Überraschung gibt. Fehlerhafte Paletten werden ausgeschleust.

Im letzten Arbeitsgang wird die Palette im automatisierten Hochregallager abgestellt und das MES setzt den Paletten-Status auf „frei“ beziehungsweise auf „Prüfung“. Letzteres ist insbesondere für Pharmasalz wichtig, da dieses vor der Auslieferung nochmals explizit im Labor geprüft werden muss. Nach der Meldung an das ERP ist die Ware verfügbar und kann verkauft und ausgeliefert werden.

MES-Software als unsichtbarer Helfer

Im Hintergrund unterstützt das MES den Fertigungsalltag durch diverse Berechnungen und Datenbereitstellungen. Beispielsweise wird der Materialverbrauch kontinuierlich an das ERP gemeldet, sodass dort jederzeit ersichtlich ist, wann beispielsweise neues Verpackungsmaterial eingekauft werden muss. Gleichzeitig fließen alle Daten zu den verwendeten Materialien in die Traceability-Anwendungen des MES ein.

Hier kann sowohl nachverfolgt werden, welche Eingangslose in ein bestimmtes Endprodukt eingeflossen sind (Top-down), als auch umgekehrt, in welchen Endprodukten ein bestimmtes Eingangslos verwendet wurde (Bottom-up). Hierzu bietet das MES eine grafische Darstellung; den sogenannten Chargenbaum. „Insbesondere für unsere Speise- und Pharmasalz-Herstellung ist das enorm wichtig, um im Falle von Reklamationen rasch reagieren und eventuell betroffene Chargen gut eingrenzen zu können“, erklärt IT-Leiter Quatember.

Zudem ermittelt das MES für jede Palette automatisch sowohl die Chargenbezeichnung als auch das Mindesthaltbarkeitsdatum. Letzteres berechnet Hydra formelbasiert auf Basis des aktuellen Schichtdatums und weiterer Parameter, die Salinen Austria selbst festlegt. Bei der Chargenbezeichnung können je nach Kundenwunsch individuelle Aspekte berücksichtigt werden, die ein Mitarbeiter bei Salinen Austria in der MES-Software hinterlegen kann.

MES-Software
Aus der Region Salzkammergut, Österreich, liefert Salinen Austria seit 500 Jahren das lebenswichtige Produkt. Bild: Monika Löff

Personalplanung in der MES-Software

Bei Salinen Austria unterstützt das MES auch die Personalplanung für alle Mitarbeiter in der Fertigung. Dazu gehören intelligente Schichtrhythmusmodelle und eine im MES gepflegte Qualifikationsmatrix. „Früher mussten wir Schichtpläne jedes Jahr neu erstellen“, berichtet Quatember, „mit Hydra funktioniert das alles automatisch – eine tolle Sache.“

In der Qualifikationsmatrix ist hinterlegt, welche Aufgaben jeder Mitarbeiter erledigen kann und wo er bevorzugt eingesetzt werden soll. Der Schichtplan und die Qualifikationsmatrix werden automatisch an das Produktionsplanungstool übergeben, das im Rahmen der Auftragsfeinplanung auch eine optimale Personaleinsatzplanung in Form einer Arbeitsplatzverteilung vornimmt.

Es gibt immer etwas zu tun

Aktuell beschäftigt sich Salinen Austria damit, das MES in die Validierung der Produktionsprozesse gemäß GMP (Good Manufacturing Practice) für den Pharma-Bereich zu integrieren. Das ist ein aufwendiges, aber notwendiges Vorhaben, um auch künftige Produkte in regulierte Märkte liefern zu können.

IT-Leiter Quatember fasst seine Erfahrungen mit dem MES zusammen: „Ich betrachte Hydra als Werkzeugkasten. Unsere Produktpalette ist ziemlich breit und unterschiedliche Kundenanforderungen erfordern eine hohe Flexibilität. Das MES macht unsere Produktion so flexibel, dass wir von einer Lagerproduktion auf eine kundengetriebene Produktionsplanung umstellen konnten. Ohne MES wäre das sicher nicht möglich gewesen.“

Der Autor Markus Diesner ist Marketing Specialist Products bei MPDV.

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