04.08.2021 – Kategorie: Produktionsprozesse

MES-Lösung: So konnte Gerolsteiner die Prozesssicherheit erhöhen

MES-Lösung: So konnte Gerolsteiner die Prozesssicherheit erhöhenQuelle: IGZ

Mit der Einführung von SAP MII (SAP Manufacturing Integration and Intelligence) hat Gerolsteiner Brunnen die Digitalisierung der Produktion erfolgreich umgesetzt. Damit konnte das Unternehmen die Prozesssicherheit erhöhen und die Effizienz steigern.

Die standardisierte SAP MES-Lösung wurde bei Gerolsteiner als Projekt­beschleuniger um die vorkonfigurierte IGZ-Best-Practice-Lösung Fill & Pack für vollautomatische Abfüll­linien und Verpackungsprozesse ergänzt. Dabei handelt es sich um eine MES-Lösung des Falken­berger SAP-Projekt­hauses für Produktion, die in Echtzeit durchgängig Transparenz über den exakten Auftragsfortschritt in der Mehrweg- und Einweg-Abfüllung schafft. Der modulare Aufbau von SAP MII versetzt Gerolsteiner zudem in die Lage, den Funktionsumfang der Standardsoftware kontinuierlich auszubauen und bisherige Insellösungen in der Abfüllung phasen­weise und sicher abzulösen.

Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG mit Sitz im rheinland-pfälzischen Gerolstein ist in Deutschland die Nummer 1 im Segment Markenmineralwasser und zugleich einer der führenden Anbieter alkoholfreier Getränke. Neben Mineral- und Heilwasser füllt der Mineralbrunnen ein breites Spektrum an Erfrischungsgetränken ab, das von Schorlen über ­Limonaden bis zu Wasser-plus-Getränken reicht. Im Jahr 2020 setzte Gerolsteiner 7,61 Millionen Hektoliter Mineral­wasser und mineralwasserbasierte Erfrischungsgetränke ab.

Am Produktionsstandort in der Vulkan­eifel füllt der Mineralwasser-Hersteller auf 14 hochautomatisierten Abfüllanlagen im Schnitt vier Millionen Flaschen pro Tag ab. Gerolsteiner bietet seine Getränke sowohl in Glas- und PET-Mehrweg- als auch PET-Einweggebinden und verschiedenen Flaschengrößen an. Diese Vielfalt an Produkten und Verpackungsvarianten bedeutet für die Produktion ein hohes Maß an Komplexität. Transparenz und Effizienz der Prozesse sind nicht nur mit Blick auf opti­male, störungsfreie Abläufe ein Muss, sondern auch ein wesentlicher Baustein in der Nachhaltigkeitsstrategie des Unter­nehmens.

MES-Lösung
Die Abfüllung von Einweggebinde mit direkter SAP-MII-Maschinendatenerfassung sorgt für mehr Transparenz. Bild: GIZ

Vollständige Integration der MES-Lösung

„Mit SAP MII haben wir ein System, das in unsere bestehende SAP-Landschaft passt und eine standardisierte vertikale Integration des Shopfloors zu unserem SAP ERP ermöglicht,“ zeigt sich Helene Maselter zufrieden, Leiterin Produktivitäts- und Prozessmanagement bei Gerol­steiner. Zudem profitiert Gerolsteiner seit der Einführung der MES-Lösung SAP MII von der Best-Practice-Lösung Fill & Pack des SAP MII-Implementierungspartners IGZ. Fill & Pack bietet umfassende Transparenz in Echtzeit über den Status laufender und geplanter Aufträge, dokumentiert jeden einzelnen Prozessschritt lückenlos und trägt so entscheidend dazu bei, die internen und externen Qualitätsvorgaben jederzeit exakt einhalten zu können. „Wir haben die Live-Daten immer genau im Blick und können bei sich abzeichnender Abweichung von den Plan-KPIs (Key Performance Indicators) umgehend nachjustieren oder gegensteuern“, erklärt Marco Joepen, Produktivitätsmanager bei Gerolsteiner und Projektleiter für die SAP MII-Einführung. „Mit der durchgängigen Auftrags­abwicklung befinden wir uns auf dem Weg zur papierlosen Fabrik,“ zeigt sich Helene Maselter zufrieden mit dem eingeschlagenen Weg der Digitalisierung.

Schnelle Umsetzung mit einem schlanken Piloten

In einem Pilotprojekt wurde 2017 zunächst mit der Anbindung einer Abfüll­linie inklusive der Anbindung des Leit­ag­gregats, dem Füller, an SAP MII gemeinsam mit IGZ begonnen. Bereits nach kurzer Zeit konnte das Pilotprojekt produktiv gesetzt werden. Dies war unter anderem durch den Einsatz der IGZ Best-Practice-Maschinen-Emulation, einem Digital Twin für Testszenarien, als Projektbeschleuniger möglich. Damit lässt sich der Signalaustausch zwischen den Maschinen und der MES-Lösung ohne physikalische Anlage emulieren und testen. Die grundsätzliche Umsetzbarkeit, die Erreichung der mit SAP MII gewünschten Ziele und die Performance von Fill & Pack konnten durch diese Pilotierung auf Herz und Nieren getestet beziehungsweise bestätigt werden.

Die einfache Skalierbarkeit und Offenheit der SAP-Standardsoftware sowie der in dieser Phase erfolgte Know-how-Transfer hatte zudem den Vorteil, dass Gerolsteiner die anschließenden Roll-outs auf die weiteren Abfülllinien in großen Teilen eigenständig vornehmen konnte. IGZ unterstützte hinsichtlich des weiteren Ausbaus des SAP-MII-Funktionsumfangs. Hierbei wech­selte Gerolsteiner von der Wasserfallmethodik, die beim Pilotprojekt zum Einsatz kam, auf eine agile Projektmethodik und erhöhte so erfolgreich die Schlagzahl in Bezug auf zeitgleich anzubindende Linien und neue Funktionen.

Kennzahlenbasierte Auftrags­feinsteuerung der Produktion

In den Roll-outs wurden sukzessive zusätzliche Aggregate der Abfülllinien mittels des SAP-Standard-Connectors „SAP PCo“ (SAP Plant Connectivity) und einer modernen und standardisierten OPC-UA-Schnittstelle angebunden, um die Roh­daten gemäß dem Weihenstephaner-Standard in der Standardsoftware abzubilden. Diese werden systemgestützt verdichtet und zu Auswertungszwecken automatisch mit auftrags- und schichtbezogenen Informationen angereichert. Gleichzeitig hat Gerolsteiner dezidierte Kennzahlen für die Produktionssteuerung hinterlegt. Füllwerte, Laufzeiten, Störungen oder auch Ausfälle sind über ein automatisiertes Reporting auf Basis des OEE (Overall Equipment Effectiveness) rollenbasiert in Echtzeit abrufbar, zum Beispiel für das Management, Bereichsleiter oder Schichtleiter.

Dank der durch die Maschinenanbindung realisierten stetigen Rückmeldungen aus dem Shopfloor ist quasi der Herzschlag einer jeden Anlage konstant messbar beziehungsweise granular nachvollziehbar. Das sichert die Verfügbarkeit, die Leistung und die Qualität. Sollte es dennoch zu Störungen der Verbindung zwischen Maschine und MII kommen, wird das verursachende ­Aggregat sofort identifiziert und automatisiert eine Benachrichtigung an die Auto­matisierungstechnik ausgelöst, um die Störung schnellstmöglich zu beheben.

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Online-Kennzahlen für Auftrag und Schicht im SAP-MII-Linienleitstand. Bild: GIZ

MES-Lösung: Intuitiv bedienbarer Linienleitstand mit Visualisierungsfunktion

„Ein enormer Zugewinn ist auch der Linien­leitstand mit seinen integrierten Auftragssteuerungs-, Visualisierungs- und Schichtbuchungsfunktionen“, merkt Marco Joepen weiter an. „Über diesen lassen sich die Mitarbeiter an der Linie komplett papierlos führen.“ Die mobilen Dialoge werden durch ein modernes SAP-UI5-Framework unterstützt, über das sich die Vorteile des SAP Fiori Launch-Pad erschließen lassen. Die Anwender profitieren damit von einer vereinheitlichten Startseite im modernen „Kachel“-Design analog zu den gewohnten Interfaces von Webseiten und Apps. Die Bedienung der Dashboards erfolgt intuitiv, und aufgrund der rollenbasierten Darstellung gelangen die Mitarbeiter schnell an die für sie jeweils relevanten Informationen.

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Auf einem Blick: Die Abfüllung lässt sich über einen SAP-MII-Produktionsleitstand in Echtzeit verfolgen. Bild: GIZ

Punktuelle Unterstützung durch IGZ holte sich das Gerolsteiner-Team um Helene Maselter und Marco Joepen weiterhin bei der Umstellung und vollumfänglichen Integration von SAP MII auf die SAP-HANA-Datenbank, mit der sich auch größte Datenmengen in real-time erfassen, speichern und verarbeiten lassen. Denn eines ist sicher: Deren Zahl wird im Industrie-4.0-Zeitalter weiter exponen­tiell zunehmen. Mit SAP HANA ist Gerolsteiner schon jetzt darauf vorbereitet.

Online-Tracking und Rückverfolgbarkeit inklusive

Mit der schrittweisen Umsetzung des MES-Projekts hat Gerolsteiner die fehleranfällige und zeitkritische sowie papiergebundene Auftragsabwicklung abgelöst und komplett digitalisiert. „Mit SAP MII sind alle relevanten Daten, inklusive durchgängig digitalisierter Chargen­rückverfolgbarkeit, für unsere Mehrweg- und Einwegabfüllung innerhalb eines Systems nun lückenlos und transparent abgebildet“, unterstreicht Helene Maselter. „Auf dieser Grundlage sowie in Verbindung mit den vielfältigen Monitoring- und Steuerungsmöglichkeiten, die SAP MII bietet, ist es uns gelungen, die Produktionsprozesse noch effizienter auszurichten und das Qualitätsniveau zu steigern.“ Parallel dazu hat Gerolsteiner einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zur papierlosen Fabrik unter­nommen. Die Online-Sicht auf den jeweils aktuellen Betriebszustand ist auch dann hilfreich, wenn sich die Produktionsleitung im täglichen Meeting zusammenfindet. Durch die Prozessverschlankung konnte Gerolsteiner zudem überflüssige Mehrfachhandhabungen eliminieren.

MES-Lösung: Effizienter und nachhaltiger produzieren – Reporting mit Cloud

Ergänzende Funktionserweiterungen in SAP MII zeichnen sich ab. Ziel ist es, alle noch existierenden Inselapplikationen abzulösen und in das SAP MES-System einzubinden. Ferner möchte Gerolsteiner die vertikale Datenintegration zwischen dem Shopfloor und der ERP-Ebene sukzessive weiter vertiefen. Deshalb wurde auf der strategischen Roadmap beispielweise vermerkt, weitere nicht wertschöpfende Tätigkeiten in der Produktion auftragsbezogen mittels SAP MII zu dokumentieren, um die Personal­einsatzplanung zu optimieren. Ferner ist geplant, das Reporting in die SAP Analytics Cloud (SAP SAC) als hybrides Szenario zu integrieren. Dadurch wird es möglich sein, noch weitreichendere und komplexere Auswertungen vornehmen zu können, etwa im Hinblick auf Füllmengen und den Wasserverbrauch. Dies ist ein wichtiger Aspekt im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie von Gerolsteiner, die unter anderem auf eine vorausschauende, digitalisierte Mineralwasserversorgung zielt, um die wertvollen Quellen in der Vulkan­eifel zu schützen. In Arbeit ist darüber ­hinaus ein SAP MII-­Hallen-Dashboard zur Anzeige von aktuellen Betriebszuständen der Linien­aggregate und auftragsrelevanten KPIs.

„Durch die Einführung der MES-­Lösung haben wir die Voraussetzungen für kontinuierliche Verbesserungen geschaffen, um so Ökologie und Ökonomie optimal auszubalancieren“, resümiert Helene ­Maselter. „Mit IGZ haben wir seit 2017 einen Partner an unserer Seite, der diese Ausrichtung mit dem erforderlichen Prozesswissen beratend und technologisch ­unterstützt.“

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Der Autor Andreas Busch ist Verkaufsleiter SAP Manufacturing bei IGZ.


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