11.02.2021 – Kategorie: Fertigungs-IT

MES-Herzschlag steigert Nutzungsgrad und Liefertermintreue

Maschinendatenerfassung

Der Systemanbieter Gust. Alberts hat eine lückenlose MES-Planung und MDE/BDE-Erfassung des gesamten Wertschöpfungsprozesses in der Produktion eingeführt. Mithilfe moderner Lösungen von Proxia konnte das Unternehmen den Nutzungsgrad um fünf Prozent und die Liefertermintreue um sechs Prozent erhöhen.

Maschinendatenerfassung in der Produktion: In Deutschland, Europa und der Welt hat sich Gust. Alberts GmbH & Co. KG (GAH) mittlerweile in der fünften Generation zum erfolgreichen und stetig expandierenden Systemanbieter entwickelt. Das Produktspektrum der GAH umfasst unter anderem Eisenwaren, Zauntechnik, Profile und Bleche. Rund 110 Millionen Euro Umsatz wurden im letzten Geschäftsjahr erzielt. Was 1852 als Riegelschmiede im Herzen des Sauerlandes begann, umfasst heute ein Sortiment von weit mehr als 7.000 Artikeln, das von über 8.000 Handelspartnern weltweit vertrieben wird.

Einführung einer computergestützten Maschinendatenerfassung

Die erste Berührung mit der Lösungssuite des MES-Spezialisten Proxia hatte GASH am Standort Herscheid durch die Einführung der computergestützten Maschinendatenerfassung (MDE). Christian Anheier, Assistent der Betriebsleitung und Leiter der Konstruktion und Zeitwirtschaft bei GAH, blickt zurück: „Wir wollten die Maschinenstunden vollständig, digital und korrekt erfassen, um die Prämienabrechnung zu vereinfachen.“ Bei dem Hersteller hat sich ein vierstufiges Bonussystem für die Mitarbeitermotivation als wirkungsvoller Stimulus über die Jahre hinweg etabliert, allerdings verlangt dies eine lückenlose Datenerfassung, will man Diskussionen darum vermeiden.

Hierbei kann Proxia MDE seine Stärken ausspielen, denn es ermittelt vollautomatisch und fehlerfrei den elektronischen „Fingerabdruck“ einer Maschine. Während der Maschinenbediener wie gewohnt der Arbeit nachgeht, läuft die MDE-Lösung unbemerkt im Hintergrund, Fehleingaben oder das Vergessen manueller Bemeldungen werden so ausgeschlossen.

Neue Maschinen und Anlagen können jetzt per OPC-UA angeschlossen werden, woran auch GAH partizipieren wollte. Die neue MDE-Kommunikationsstrategie OPC-UA integriert sich in das vorhandene digitale MDE-Hardwarekonzept von Proxia mit der Möglichkeit, Maschinensignale digital abzugreifen. „Durch Und/Oder-Verknüpfungen kann gerade bei Maschinen mit wenig Intelligenz sehr viel mehr an Informationen herausgeholt werden. So gewähren wir auch in ältere Maschinen tiefe Einblicke in Echtzeit“, erläutert Jürgen Döring, Vertriebsleiter West bei Proxia, das Vorgehen.

Digitalisierung in der Prozesskette für Industrie 4.0

Konsolidierung, Automatisierung und Eliminierung der Fehlerquote – unter diesen Aspekten führte Proxia 2015 die Maschinendatenerfassung ein. Zunächst wurden fünf Maschinen (MDE) im Testbetrieb an das MES-System angeschlossen. Über eine SPS wurden diese Maschinen an die Erfassungsterminals angebunden. Nach Optimierung und Anpassung wurde das System auf alle relevanten Maschinen und Anlagen ausgerollt. Ein Kundenauftrag wird nun zunächst mit den wichtigsten Informationen im ERP-System SAP angelegt und terminiert: Artikel, Auftragsdaten, Artikeldaten, Lieferfristen mit Enddatum sowie die Arbeitsfolgen.

Maschinendatenerfassung
Die klar strukturierte Bedienober­fläche der BDE-Software mit flexibler Konfiguration sorgt für eine hohe Mitarbeiterakzeptanz. Bild: Proxia

Diese Daten werden anschließend in das MDE/BDE-System überspielt. An den Terminals in der Produktion werden Aufträge und Arbeitsfolgen visualisiert. Die Rückmeldung über alle relevanten Fertigungsdaten und -zeiten, zum Beispiel über die produzierten Stückzahlen erfolgt online in Proxia MES. Daraus errechnet das System unter anderem die Gesamtanlageneffektivität (OEE) und weitere Kennzahlen, um die aktuelle Produktivität im Werk zu ermitteln. Nachdem sich die automatisierte Maschinendatenerfassung bewährt hatte, entschlossen sich Valentin Hoffmann und sein Team zur Erweiterung des MES: Hinzukommen sollte auch eine BDE für die manuelle Eingabe von Betriebsdaten. Ziel war es, die Prozesskette als Ganzes zu verbessern und die Basis für Industrie 4.0 zu schaffen.

Höhere Maschinenverfügbarkeit durch MDE/BDE-Transparenz

Der modularen Systemarchitektur von Proxia ist es zu verdanken, dass die Erweiterung von Maschinendatenerfassung MDE auf das MDE/BDE-Modul reibungslos erfolgen konnte. Unerwartet brachte die gewonnene Transparenz neue Erkenntnisse zutage, die zum Nachdenken anregten: „Wir wussten jetzt auch, wie lange eine Maschine steht. Angesichts dieser Tatsache wurden über ein gutes Jahr hinweg testweise Kennzahlen aus den erfassten Daten kreiert. „Uns ging es darum, herauszufinden, welche Ziele sich realistisch erreichen lassen, zum Beispiel, um die Maschinenverfügbarkeit zu erhöhen, ohne Mitarbeiter oder Arbeitszeiten unnötig zu belasten“, so Anheier.

So wurde diagnostiziert, dass bei einem Stanzautomaten der Nutzungsgrad überraschend schlecht war. Also machte man sich an die Ursachenforschung für die geringe Verfügbarkeit. Mittels MDE/BDE wurden die Daten akribisch akkumuliert, sorgfältig vorab analysiert und in der Expertengruppe diskutiert, bis Anheier der Fall klar war: „Wir haben erkannt, dass während des Stanzens externe Arbeitsgänge an der Maschine stattfanden, die in dieser Form automatisiert werden konnten.“ Daher wurde eine Anlage für diese Tätigkeit angeschafft. Damit wurde die Uptime um fünf Prozent erhöht. Insgesamt sind bei GAH aktuell 23 Maschinen (MDE) und 40 Handarbeitsplätze (BDE) angebunden.

Leitstand bringt Licht ins Dunkel

Ein weiterer Vorteil liegt in der Vernetzung des BDE-Systems mit der Leitstand-Software von Proxia und dem SAP-ERP-System. Der bidirektionale Datenaustausch ermöglicht zudem Nachkalkulationen eines erledigten Auftrags und die Werte aus der BDE führen zu realistischen Vorgabezeiten, was für die Ressourcenplanung künftiger Aufträge sehr wichtig ist. Auch als Grundlage für den KVP ist die MDE/BDE-Lösung ein wichtiger Bestandteil, denn sie dient als Basis für Auswertungen und Kennzahlenberechnungen sowie „Datengeber“ für die Fertigungsplanung.

Maschinendatenerfassung
Proxia MES bietet einen Einblick in sämtliche Produktionsvorgänge und liefert zudem aussagekräftige Kennzahlen. Bild: Proxia

„Wir haben uns von Proxia stets nach dem Motto inspirieren lassen: Tatsächlich, dass könnt Ihr auch“, so Christian Anheier. So kam es, dass die Leitstand-Software eingeführt wurde. Über die digitale Plantafel lassen sich auf einen Blick Maschinenbelegungen erkennen und leicht optimieren. Zugleich sieht der Planer die voraussichtlichen Liefertermine der Fertigungsaufträge und wird frühzeitig vor einem potenziellen Terminverzug gewarnt.

Nutzungsgradsteigerung von zehn Prozent durch Maschinendatenerfassung ist anvisiert

„Über alle Arbeitsstationen gemittelt haben wir eine Nutzungsgradsteigerung von rund fünf Prozent erreicht, im ersten Schritt ein gutes Ergebnis“, zeigt sich Anheier zufrieden. Allerdings hat er auch das Ziel vor Augen, die Akzeptanz der umfassenden Transparenz weiter zu erhöhen und letztendlich eine Effizienzerhöhung von zehn Prozent zu erreichen. „Wir bemerken den Effekt von Proxia zum Beispiel daran, dass samstags selbst in der Hochsaison nicht mehr gearbeitet werden muss – bei gleicher Ausbringung.“

Bei GAH werden rund 15 Prozent der Aufträge nicht anonym auf Lager produziert, sondern individuell nach den Abmessungen des Kunden gefertigt. Derartige „Mass customization“-Aufträge werden überwiegend über das Internet erteilt, zum Beispiel über Onlineportale wie Amazon oder von Handelspartnern. „Dieses kundenindividuelle Internetgeschäft mit seinem Delivery-Now-Anspruch stört unser 85-Prozent-Normalgeschäft“, berichtet Christian Anheier.

Paradoxerweise gehört bei individuellen Aufträgen Liefertreue zum obersten Gebot, denn wenn hier nicht pünktlich geliefert wird, sind beispielsweise negative Bewertungen im Internet zu erwarten. Um die dafür notwendigen Kapazitäten verlässlicher planen zu können, wurde mit dem „Kapazitätsblocker für das Online-Geschäft“ ein weiteres Softwaremodul von Proxia installiert. Das Modul ermöglicht es, dass für kundenindividuelle Terminaufträge in der Fertigung stets die notwendigen Ressourcen bereitgehalten werden, bei gleichzeitig maximaler Flexibilität im Tagesgeschäft der GAH.

Dr. Bernhard Valnion ist freier Fachjournalist in München.

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