17.08.2015 – Kategorie: Fertigung
MES: Durch automatische Feinplanung schneller zum Produktionsplan
Mit mehr als 800 Produkten, die man teilweise chargenrein produzieren muss, gestaltet sich die Produktionsplanung bei der Mühle PrimaVera Naturkorn als anspruchsvolles Unterfangen. Eine MES-Lösung von Fastec sorgt beim Hersteller von hochwertigen Getreideprodukten für reibungslose Abläufe und kürzere Planungszeiten. Von Aline Leonhardt
Aus der in den 1980er Jahren stillgelegten Walzmühle ist 1990 die PrimaVera Naturkorn GmbH entstanden mit Sitz im oberbayrischen Mühldorf. Die jahrhundertelange Tradition der Mühle reicht bis weit ins 15. Jahrhundert zurück. Mittlerweile beschäftigt das mittelständische Unternehmen 55 Mitarbeiter und verzeichnet einen Jahresumsatz von 35 Millionen Euro.
Als Hersteller hochwertiger Getreideprodukte beliefert PrimaVera Naturkorn ein breites Kundenspektrum, zum Beispiel die Lebensmittelindustrie, den Lebensmitteleinzelhandel, Futterhersteller, den Großhandel und das Mühlen- und Backgewerbe. Fokussiert hat sich das Unternehmen mit etwa 45 Prozent auf die Kinderkosthersteller. Durch die breite Produktpalette, die glutenhaltige und glutenfreie Produkte beinhaltet, kann die Mühle ganz individuellen Kundenwünschen gerecht werden.
Als ISO:9001-zertifiziertes Unternehmen erhält PrimaVera Naturkorn seine Rohstoffe von Verbänden wie demeter, Bioland und Naturland, die allesamt Nahrungsmittel aus kontrolliert biologischem Anbau sowie höchste Qualität garantieren. Die Mühle bezieht ihr Getreide von exklusiv für sie bestellten Feldern, um besonders den strengen Anforderungen der Kinderkostherstellung zu genügen und eine Herstellung frei von Rückständen gewährleisten zu können.
Hohe Anforderungen an das Planungssystem
Zur Minimierung von Reinigungszeiten sowie zur Vermeidung von unzulässigen Kontaminationen verfügt die Mühle über acht verschiedene, getreidespezifische Produktionslinien, verteilt auf 30 Maschinen und über 200 Silos. Bei mehr als 800 Produkten, die man teilweise chargenrein produzieren muss, gestaltet sich die Produktionsplanung als anspruchsvolles Unterfangen. „Im April 2011 kamen wir auf die Idee, die sehr zeitaufwändige und fehleranfällige Auftragsplanung in Excel durch ein optimierungsbasiertes, vollautomatisches Planungssystem abzulösen“, erinnert sich Sebastian Huber, einer der Geschäftsführer von PrimaVera Naturkorn. „Nachdem wir uns einige professionelle Planungssysteme angeschaut hatten, wurde uns bewusst, dass unsere Anforderungen erheblich komplexer als die der meisten anderen Produktionsfirmen waren. Neben der Notwendigkeit, die Materialverfügbarkeit auf Chargenebene einzubeziehen, waren es vor allem die zwischen unseren Anlagen geschalteten Silos, die den verschiedenen Anbietern erhebliche Probleme bei der Abbildung unserer Planung bereiteten. Fastec war der einzige Anbieter, der sich zutraute, dieses Problem zu lösen“, führt Sebastian Huber weiter aus. Das Paderborner IT-Unternehmen bietet unter anderem das modulare Manufacturing-Execution-System FASTEC 4 PRO an, dessen einzelne Module – wie Planung, Maschinendatenerfassung und Traceability – auch als Stand-alone-
Lösungen einsetzbar sind.
Josef Gaigl, ebenfalls Geschäftsführer von PrimaVera Naturkorn, zeigt sich beeindruckt und ergänzt: „Zusätzlich überzeugten uns bei der MES-Lösung von Fastec die vielzähligen, bereits vorhandenen Funktionen. So konnten wir davon ausgehen, dass wir uns auch in Zukunft bei Erweiterungswünschen auf bewährte und schnell integrierbare MES-Module verlassen können.“
Einführung des Planungssystems
Das gemeinsame Projekt startete im März 2012. Nachdem man die Schnittstelle zum vorhandenen ERP-System MKS Goliath innerhalb weniger Wochen erfolgreich realisieren konnte, wurde die Sonderprogrammierung für die Siloproblematik in Angriff genommen. Die Silo- beziehungsweise Behälterproblematik stellt sich folgendermaßen dar: das Getreide wird zwischen den Arbeitsgängen Reinigen, Schälen, Mahlen und Verpacken in eines von mehreren möglichen Silos chargenrein gefördert. Dort verbleibt es, bis der Nachfolge-Arbeitsgang das Silo wieder entleert. Der jeweilige Prozess kann also erst dann mit dem nächsten Arbeitsgang fortfahren, wenn mindestens eines seiner nachgeschalteten Silos leer ist. Im Gegensatz zu einer klassischen Produktion kann es deshalb passieren, dass eine Anlage blockiert ist und nicht produzieren kann.
„Nach Durchführung der ersten Testläufe fielen uns jedoch schnell einige Ungereimtheiten auf. Stammdatenfehler, die wir jahrelang nicht bemerkten, sind uns bei der Betrachtung der Planungsergebnisse im grafischen Leitstand sofort aufgefallen“, erinnert sich Sebastian Huber.
Parallel zur Inbetriebnahme des Planungssystems wurde eine Schnittstelle zum bereits vorhandenen Betriebsdatenerfassungssystem aufgebaut. Hierüber erhält der Leitstand in Echtzeit Informationen über Auftragsfortschritte und Störungen und kann diese beim nächsten Planungslauf mit einfließen lassen.
Eine weitere Besonderheit bei einer Mühle sind die Koppelproduktionen. So fallen beispielsweise beim Schälen Nachprodukte an, die ebenfalls in Silos zwischengelagert werden. Diese Nachprodukte beziehungsweise Koppelprodukte, die unter anderem auch in der Futtermittelproduktion zum Einsatz kommen, dürfen allerdings – im Gegensatz zu den Hauptprodukten – nicht chargenrein verplant werden. Die Planungslogik muss immer dafür sorgen, dass ein Silo zunächst komplett gefüllt und anschließend möglichst schnell wieder entleert wird. „Auch bei dieser Anforderung, die sich erst im Projektverlauf konkretisiert hat, erwies sich Fastec als flexibler Partner, der bereits innerhalb kurzer Zeit eine Lösung lieferte“, resümiert Sebastian Huber.
Seit Anfang 2013 nutzt die Mühle die MES-Lösung. Sebastian Huber sieht die größten Vorteile darin, dass neben einer stark verkürzten Planungszeit, die jeden Tag für die Erzeugung des Produktionsplans benötigt wird, auch zuverlässigere Aussagen über Liefertermine an die Kunden möglich sind. „Zudem lassen sich mögliche Verspätungen sofort visualisieren und wir können unsere Kunden besser informieren und schneller benachrichtigen.“ Außerdem macht sich der Einsatz des neuen Planungssystems durch reduzierte Rüstzeiten sowie kürzere Auftragsdurchlaufzeiten bemerkbar.
Mit MES in die Zukunft
„Wie alle energieintensiven Unternehmen in Deutschland sehen wir uns damit konfrontiert, unsere Energieverbräuche nach ISO 50001 zu dokumentieren. Hierfür waren wir bereits seit Monaten auf der Suche nach einem geeigneten System. Vor einigen Wochen hatten wir uns bereits für ein spezialisiertes, eigenständiges System zur Energieverbrauchserfassung entschieden. Als wir dann feststellten, dass Fastec ebenfalls ein solches MES-Modul anbietet, haben wir unsere Entscheidung revidiert und planen nun die Umsetzung mit dem MES-Modul innerhalb der nächsten vier Monate. Der große Vorteil für uns: Das Energiemonitoring ist dann nahtlos in unser bestehendes FASTEC-4-PRO-System integriert. So können wir nicht nur das flexible Online-Monitoring nutzen, sondern sogar den Energieverbrauch pro Artikel oder pro Fertigungsauftrag auswerten“, freut sich Josef Gaigl mit Blick auf das nächste gemeinsame Projekt. rt
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