Manufacturing Execution Systems: Prozessdaten besser nutzen
Seit 2014 setzt Automobilzulieferer Thomas Magnete bei der Prozessdatenerfassung auf das MES Cronetwork von Industrie Informatik. Die daraus resultierenden Effekte sind vielseitig und erstrecken sich von der Zeitersparnis bei der Dateneingabe bis hin zu neuen Erkenntnissen, die die Optimierung der Produktionsprozesse vorantreiben.
Seit 2014 setzt Automobilzulieferer Thomas Magnete bei der Prozessdatenerfassung auf das MES Cronetwork von Industrie Informatik. Die daraus resultierenden Effekte sind vielseitig und erstrecken sich von der Zeitersparnis bei der Dateneingabe bis hin zu neuen Erkenntnissen, die die Optimierung der Produktionsprozesse vorantreiben.
Von Tino Böhler
Wo heute das moderne Betriebsgelände von Thomas Magnete in Herdorf liegt, wurde bis vor rund 60 Jahren – über ein Jahrhundert hinweg – aktiv Erz abgebaut. Bis auf einen Straßennamen erinnert nicht mehr viel an das Bergwerk San Fernando, auf dessen Fläche Thomas nun täglich mit 650 Mitarbeitern elektromagnetisch angetriebene Produkte und Systeme zur Flüssigkeitssteuerung fertigt. Auf derzeit mehr als 40 Linien entstehen unter anderem Pumpen, Ventile und Regelsysteme für verschiedene Anwendungsgebiete im Automobilbereich. Dazu kommen elektromagnetische und fluidische Produkte für die Mobilhydraulik-Industrie sowie Medizinprodukte.
Transparenz im Blick
Um die unterschiedlichen Fertigungsbereiche in ihrem täglichen Betrieb so effizient wie möglich gestalten zu können, wurden bereits 2012 OEE-Kennzahlen im Rahmen des Shopfloor-Managements eingeführt. Bernd Brass, Director Production Service, Supply Chain Management & Operations bei Thomas, beschreibt die damalige Situation: „Wir wollten Transparenz in die Fertigungslinien bringen, um unsere Abläufe noch besser verstehen und optimieren zu können. Also fingen wir an, klassische Fertigungskennzahlen wie Gutmenge und Ausschuss manuell mittels Produktionsverfolgungsblättern zu erfassen.“
Die Maßnahmen zogen erste Erkenntnisse nach sich. Brass und sein Team konnten beginnen, die internen Abläufe und Prozesse zu optimieren. Doch schon bald offenbarten sich auch die Schwächen der neuen Methode. Um zu aussagekräftigen Informationen zu kommen, mussten die Fertigungsdaten im Stundentakt händisch von den Mitarbeitern erfasst werden. Zudem war eine Übertragung der Informationen in Microsoft Excel notwendig, um am Folgetag die Ergebnisse analysieren und besprechen zu können. Mehrwerte waren zwar erkennbar, doch der dafür notwendige Aufwand war einfach zu hoch. Hinzu kam, dass man nicht auf Informationen in Echtzeit zugreifen konnte und die Daten zudem in Qualität, Aussagekraft und Korrektheit mangelhaft waren.
Die Suche nach dem richtigen Partner
„Wir konnten mit der ursprünglichen Methode wichtige Erkenntnisse gewinnen, stießen jedoch schon bald an verschiedene Grenzen. Prozessdaten sollten künftig automatisch erfasst und ad-hoc ausgewertet werden. Logische Konsequenz war die Einführung eines MES samt Maschinendatenerfassung“, beschreibt Bernd Brass die Entscheidung, künftig auf softwaregestützte Fertigungsoptimierung zu setzen.
Dass Thomas sich damals für Cronetwork als MES entschied, liegt laut Brass in mehreren Tatsachen begründet: „Wir waren auf der Suche nach einem Anbieter, der – auf lange Sicht – das gesamte MES-Leistungsspektrum abbilden kann und sich nicht nur auf einen Teilbereich spezialisiert hat. Hinzu kamen eine vorbereitete Standardschnittstelle zu unserem derzeitigen ERP-System, individuelle Auswertemöglichkeiten und eine optimale Releasepolitik, die uns maximale Investitionssicherheit gewährleistet.“
36 Fertigungslinien angeschlossen
Derzeit sind 36 Fertigungslinien mit Cronetwork-Terminals ausgestattet, an denen die Mitarbeiter Arbeitsgänge melden, Störgründe erfassen und auf wichtige Informationen zugreifen können. Marcel Sanchez-Martin ist bei Thomas für Lean- und Geschäftsprozessmanagement verantwortlich und hat die Einführung des MES aktiv unterstützt. Er kommentiert: „Nach einer einjährigen Pilotphase an drei Anlagen statteten wir innerhalb von zwei Jahren 30 weitere Linien mit Maschinen- und Betriebsdatenerfassung aus. Wir konnten in dieser Zeit viel dazulernen und Erfahrungen für Folgeprojekte mitnehmen. Wenn wir heute eine neue Anlage in Betrieb nehmen, wird diese automatisch an die Maschinendatenerfassung angebunden.“
Richtige Daten zur richtigen Zeit
Die positiven Effekte sind vielseitig für das Unternehmen. Neben der massiven Zeiteinsparung bei der Produktionsdatenerfassung spielen vor allem auch deren Aktualität und Qualität eine wichtige Rolle. So sind Maschinenstillstände jetzt nicht nur sofort erkennbar. Die zuständigen Mitarbeiter erhalten zudem auch wichtige Informationen zu Störgründen, die wiederum für weitere Optimierungsmaßnahmen herangezogen werden. Auch die täglichen Schichtbesprechungen mit Teamleitern, Vorarbeitern, Disponenten und Qualitätsmitarbeitern basierten in der Vergangenheit auf Daten, die mindestens einen Tag alt waren. Zudem waren die Auswertungen statisch und somit nur schwer zu beurteilen.
„Heute schauen wir bei unseren Schichtbesprechungen auf Echtzeit-Daten, auf deren Basis wir unsere Maßnahmen setzen. Auch dieser Aspekt hat wesentlich zur Effizienzsteigerung beigetragen. Außerdem können wir uns genau die Informationen holen, die wir gerade brauchen, was uns eine neue Form der Dynamik in der Fertigung ermöglicht“, beschreibt Marcel Sanchez-Martin die Mehrwerte der Installation.
Effizienz und neue Arbeitsplätze
Damit das MES-Projekt zu einem Erfolg werden konnte, bemühte sich Thomas von Beginn an um die Akzeptanz bei den Mitarbeitern. Der Betriebsrat wurde bereits in frühen Planungsphasen in die Überlegungen miteinbezogen. Zudem gab es Infoveranstaltungen in kleinen Runden, sodass Mitarbeiter dort auch ihre Bedenken und Fragen offen kundtun konnten. Der etappenweise Start in das Projekt tat sein Übriges um auch etwaige Berührungsängste abzubauen. jbi
Der Autor Tino Böhler ist Fachjournalist in Dresden.
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Betriebsdatenerfassung (BDE), Big Data, Manufacturing Execution System (MES), Produktion & Prozesse