26.05.2021 – Kategorie: Digitalisierung
Manufacturing Execution System (MES): Diese Trends müssen Sie kennen
MES oder Plattform? Das ist eine der Fragen, die wir 15 Experten zur weiteren Entwicklung von MES gestellt haben. Die Antworten fallen bei den Schlüsselaussagen ungewöhnlich einheitlich aus.
Fragen an die Experten zum Thema Manufacturing Execution System:
- Welche Trends bestimmen die Entwicklung von MES-Systemen aktuell?
- Wer macht das Rennen? Die Manufacturing-Execution-Plattform oder das Manufacturing Execution System (MES)? Gibt es dieses Gegeneinander überhaupt?
- Welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz (KI) in aktuellen und künftigen MES-Anwendungen?
Manufacturing Execution System: KI und Cloud
Alexander Harder, Fachbereichsleiter MES-Vertrieb, Böhme & Weihs Systemtechnik
1. Ein Trend geht klar in Richtung mobile Anwendungen, cloudbasierte Lösungen und SaaS. Hier wollen die Anwender hin, und auch die Software-Hersteller entwickeln Lösungen, wobei alle auf Flexibilität fokussieren, da der Anwender jederzeit und von überall aus Zugriff auf sein MES haben möchte. Eine weitere wichtige Entwicklung ist die Individualisierung durch den Anwender. Hier spielt das Thema Low-Code eine entscheidende Rolle. Dies bietet den Administratoren wiederum mehr Flexibilität, auf aktuelle Anforderungen aus der Fertigung heraus zu reagieren. Aber auch die Themen „Connectivity zu IIoT“ und „Edge Computing“ werden künftig weiter an Bedeutung gewinnen.
2. Beide Ansätze werden noch eine ganze Weile lang parallel existieren, aber der Trend geht zur Portallösung. Entscheidend für reine MES wird die Flexibilität zur Anbindung von Fremdsystemen sein. Böhme & Weihs ist hier bereits gut aufgestellt: Mit unserem Tool CCNG bieten wir unseren Anwendern Schnittstellen zu beispielsweise ihrer ERP- oder Zeiterfassungs-Software.
3. Erste Ansätze gibt es zwar bereits, wie etwa in der „Predictive Maintenance“, doch ist KI noch nicht im Fertigungsalltag angekommen. Das wird sich in den nächsten Jahren ändern. Das Manufacturing Execution System sammelt über die Betriebs- und Produktionsdatenerfassung Informationen, die für KI benötigt werden. BI-Tools verbinden Informationen aus verschiedenen Datenbanken, die sonst nicht miteinander kommunizieren. Das schafft viel tiefere Bewertungsmöglichkeiten – und damit die Chance, unmittelbar auf veränderte Zustände reagieren zu können. Letztlich bleibt es jedoch immer der Mensch, der die Entscheidung trifft. KI wird aber die Entscheidungsfindung deutlich vereinfachen und beschleunigen.
Marco Pfeiffer, Geschäftsführer Standort Luxemburg, Felten Group
1. Es ist wichtig, dass die Systeme interoperabel sind und untereinander Informationen austauschen können. Erst durch diese Flexibilität wird die Vision einer Smart Factory Realität. Außerdem entstehen durch die Vielfalt an Funktionalitäten völlig neue Kombinationsmöglichkeiten. Auch das Thema Künstliche Intelligenz spielt eine immer wichtigere Rolle beim Entwickeln von MES. Denn durch Künstliche Intelligenz werden große Datenmengen beherrschbar. Zudem bewegen wir uns immer mehr hin zu Plattformlösungen, in denen verschiedene Funktionalität als Apps genutzt werden können. Integrierte Lösungen mit einer homogenen Datenstruktur ermöglichen ein reibungsloses Zusammenspiel aller Anwendungen und verschiedener Hersteller.
2. Es ist ein Miteinander und kein Gegeneinander, wobei Plattformen die Zukunft sind. Die Manufacturing Integration Platform (MIP) der MPDV beispielsweise ist ein offenes Ökosystem, das Unternehmen die Chance bietet, ihre eingesetzten Insellösungen untereinander zu verbinden. Jede angebundene Lösung kann Daten auswerten und nutzen. Als MIP-Partner bieten wir Pilot-Funktionalitäten kompatibel für die Nutzung über die MIP an. So profitiert einerseits das Ökosystem vom MES, weil es noch mehr Lösungen gibt. Und andererseits lässt sich das MES ganz einfach mit anderen Systemen zum Informationsaustausch über die MIP verbinden. Insellösungen verschwinden.
3. KI macht die Planung in der Produktion wesentlich effizienter. So lassen sich beispielsweise selbstlernende Regelkreise erstellen, über die die Anlagen autonom agieren und sich selbstständig optimieren können – bekannteste Anwendung: Predictive Maintenance. Das macht den gesamten Fertigungsprozess wirtschaftlicher.
Dr. Andrea Rösinger, Co-CEO/CTO, Forcam GmbH
1. Der Megatrend lautet: Integrative IT-Architekturen werden im industriellen IoT zum entscheidenden Erfolgsfaktor, um Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Dafür benötigen Unternehmen offene, integrative IT-Lösungen. Die herkömmliche MES-Welt baut letztlich auf Datensilos auf. Wer wettbewerbsfähig bleiben will, erreicht das nur durch eine flexible IT-Architektur, die sowohl vorhandene IT-Systeme – von MES bis ERP – als auch neueste Apps auf einer Plattform integrieren kann. McKinsey bestätigt: Eine integrative IT ist erfolgskritisch für Wertschöpfung in der Industrie 4.0.
2. Es sollte kein Gegeneinander geben. Unternehmen dürfen von ihrer IT-Lösung erwarten, dass sie getätigte Investitionen in MES und ERP schützt und benötigte Innovationen ermöglicht. Das bietet eine integrative IT-Plattform. Eine offene Plattform-Infrastruktur sorgt für mehr Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit – und zwar durch ein einheitliches Produktionsdatenmodell, das von der Fabrik bis zum Finanzwesen präzise Echtzeit-Analysen liefert.
3. KI spielt eine überragende Rolle in der Fabrik der Zukunft im Sinne von datengesteuerter Fertigung beziehungsweise data-driven Manufacturing. Aktionen werden ereignisgesteuert beeinflusst, so dass die Produktion adaptiv zu den Ereignissen abläuft. Dafür werden KI-Lösungen und lernende Systeme benötigt. Stellen Sie sich die digitale Transformation wie eine Evolution der Datennutzung vor: Es beginnt mit Konnektivität, sie bringt Visibilität und Transparenz hervor, gefolgt von Vorhersagbarkeit und Anpassungsfähigkeit. Technologisch sind wir durch KI bereits zur adaptiven Produktion fähig. Jedes einzelne Unternehmen aber ist in seiner eigenen Entwicklungsphase.
Industrie 4.0: Alle Systeme arbeiten zusammen
Michael Möller, Geschäftsführer, gbo Datacomp
1. Die Durchgängigkeit aller Prozesse bis zum Shop-Floor ist ein wichtiger Treiber der Industrie 4.0. Die Systeme sind zunehmend in der Lage, sich dynamisch zu vernetzen. Die Vernetzung aller Teilnehmer wird mit der zunehmenden Autonomie und Wandelbarkeit der Fertigung zum erfolgskritischen Faktor. Eine der wesentlichen Anforderungen an MES ist damit deren Fähigkeit zur Vernetzung mit allen Systemen, Komponenten und Devices im Shopfloor. Hierdurch steigt die Transparenz aller Prozesse und ermöglicht neue Einblicke und Eingriffe in die Fertigung. Die Digitalisierung lässt sich nicht mehr aufhalten, allerdings sollte die Frage des „Wie“ in Abhängigkeit von den jeweiligen Rahmenbedingungen im Unternehmen ganz individuell beantwortet werden.
2. Eine IIoT-Plattform stellt den uneingeschränkten Zugriff auf die in der Produktion erfassten Daten sicher. Der wechselseitige Datenaustausch zwischen allen Systembestandteilen geschieht über offen dokumentierte Webservices auf Basis gängiger Internettechnologien. Klassische MES-Anbieter und Manufacturing Execution Systeme bieten dies in der Regel nicht. Die Konzepte: MES und Industrial IoT sind jedoch keine Feinde. Vielmehr ist das IIoT die moderne Weiterentwicklung klassischer MES-Software. So lassen sich bestehende Manufacturing Execution Systeme beispielsweise in heutige IIoT-Plattformen nahtlos integrieren. Die Frage, welches System das Rennen machen wird, ist nicht eindeutig zu beantworten. Der Nutzen für das Unternehmen ist von den jeweiligen Gegebenheiten abhängig.
3. KI ist für MES ein Beschleuniger. Dies gilt beispielsweise für die Fertigungsplanung und die Instandhaltung. KI-basierte Prognosen helfen, genauer zu planen. Im Falle der Instandhaltung bedeutet dies, dass eine störungsfreie Produktion nur mithilfe einer systematischen Instandhaltung gewährleistet werden kann. Und je genauer diese geplant werden kann, desto geringer sind ungewollte Stillstände und die Kosten der Instandhaltung. Auf die Fertigungsplanung bezogen sorgt KI dafür, dass immer wieder aktuelle Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, weil das System die rückgemeldeten Daten zur Verfeinerung der Planung nutzt.
Fragen an die Experten:
- Welche Trends bestimmen die Entwicklung von MES-Systemen aktuell?
- Wer macht das Rennen? Die Manufacturing-Execution-Plattform oder das Manufacturing Execution System (MES)? Gibt es dieses Gegeneinander überhaupt?
- Welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz (KI) in aktuellen und künftigen MES-Anwendungen?
Peter Bauer, Vertriebsleiter, Gewatec
1. Wir sehen drei zentrale Trends. Maschinen und andere Komponenten werden „intelligenter“, liefern immer mehr Echtzeitdaten und kommunizieren direkt mit dem Manufacturing Execution System. Mobile Endgeräte für das Personal beschleunigen die Kommunikation, verdrängen Listen und übernehmen mit Sensoren zugleich die papierlose Identifikation von Material und Behältern. Und als Drittes: Software wird flexibler, kann auf Basis eingehender Daten immer mehr autonom „entscheiden“ und so Maschinen und Prozesse steuern sowie automatisiert weitere Prozessschritte anstoßen. Alle diese neuen Möglichkeiten gilt es im MES aufzugreifen und zu nutzen.
2. Da gibt es kein Gegeneinander. MES erweitern sich ständig, das passierte schon immer. Weiterentwicklungen im Sinne der oben genannten Trends und den Einsatz von Apps oder anderer Architekturkonzepte können Sie ab einem gewissen Punkt MEP nennen, aber das ist eine evolutionäre Stufe der normalen Entwicklung. Ich sehe da keinen Wettbewerb unterschiedlicher Konzepte.
3. KI wird eine zunehmend wichtige Komponente bei der Weiterentwicklung von MES. Grundlage für den Einsatz von KI sind die vielen historischen und aktuellen Informationen aus der Fertigung, die im MES gesammelt werden. KI kann in der Informationsflut Trends, Abhängigkeiten und multivariante Ursachen früher als jeder Mensch erkennen und so Entscheidungsprozesse unterstützen, beschleunigen und besser machen. Das MES bleibt hier zentral, weil es die Daten verbindet und in den Kontext stellt, in dessen Rahmen die KI dann erst arbeiten kann.
Katharina Röhrig, Mitglied der Geschäftsleitung und Bereichsleiterin Business Development, Gfos
1. Die Einbindung von Künstlicher Intelligenz und das Aufsetzen von KI-Tools auf bestehende MES-Lösungen ist ein Trend mit extrem großem Potential. Hier gibt es bereits erste praktische Anwendungen, aber wir stehen noch ganz an Anfang der Nutzung dieser revolutionären Technologie. Ansonsten sind anforderungsgerechte Manufacturing Execution Systems (noch immer) voll im Trend. Denn an uns IT-Dienstleister wird die Erwartung gestellt, dass jedes Unternehmen, egal ob Konzern, Mittelstand oder Kleinbetrieb, die Produktion digitalisieren kann. Industrie 4.0 ist ein Projekt für die gesamte Fertigungsindustrie und Digitalisierung liegt damit voll im Trend.
2. So etwas hängt immer von mehreren Faktoren und Umständen ab, jedoch bin ich der festen Überzeugung, dass das Manufacturing Execution System durch seine systematische Skalierbarkeit und Schnittstellenfähigkeit besser für die störungsfreie Implementierung und produktionszentrierte Nutzung geeignet ist. Die große Stärke unserer Software ist daher auch die Systemoffenheit und die Interoperabilität, die eine höchstmögliche Flexibilität für die Unternehmen sicherstellt – und das modular, leistungsstark und mit bestmöglicher Beratung.
3. Die Einbindung von Künstlicher Intelligenz in das Fertigungsmanagement kommt einer Revolution gleich. Eine derart tiefgreifende Datenanalyse in Echtzeit bietet kaum vorstellbare Optimierungspotentiale. Dabei geht es nicht nur um eine störungsfreie und prozessoptimierte Produktion, sondern auch um die Erschließung neuer Produkte und Angebote, Fertigungszyklen und Wertschöpfungsketten. Manufacturing Execution Systems sind dabei die Grundlage, Künstliche Intelligenz die Triebkraft. Es ist davon auszugehen, dass die Produktion in 5, spätestens in 10 Jahren eine ganz andere sein wird als wir sie derzeit kennen.
Dipl.-Ing. Bernhard Falkner, Chief Technology Officer, Industrie Informatik
1. Ich sehe da Plattformen, KI und Individualisierung ganz oben auf der Liste. Die Individualisierung wird in verschiedenen Komplexitäts-Stufen benötigt: vom Customizing über Engineering bis zum Development. Im Engineering ermöglichen wir mit unserer Portaltechnologie die einfache, flexible Gestaltung von Nutzeroberflächen. Großes Potenzial für Individualisierungen ohne aufwändiges Programmieren sehen wir auch in Low-Code-Plattformen, um zukünftige Anforderungen, die über die Standardprozesse hinausgehen, noch schneller und agiler innerhalb des Software-Standards bewältigen zu können.
2. Sie ergänzen sich: MES-Kernfunktionen stellen die essenzielle Basis zur Abwicklung digitaler Fertigungsprozesse dar und damit auch zur Etablierung der neuen Manufacturing Execution Plattform. Diese Kernfunktionen müssen im Rahmen einer Manufacturing Execution Plattform nicht neu erfunden werden, sondern stehen wie in unserer Lösung als Service bereit. Nicht jedes Unternehmen kann und wird von Beginn an das volle Leistungsspektrum der digitalen Fertigungsoptimierung ausschöpfen können.
3. Das frühzeitige Aufzeigen von Optimierungspotenzialen und potenziellen Störungen dank Predictive Analytics, also vorausschauender Analysen auf Basis künstlicher Intelligenz, wird in der Produktion der Zukunft noch weitere Möglichkeiten schaffen, Wissen aus den enormen Datenmengen moderner Produktionssysteme zu generieren. KI und Predictive Analytics sind jedoch keine Wunderheiler. Sie sind weder besser noch intelligenter in ihrem Aufgabengebieten als ein Mensch. Ihr Vorteil liegt in der Nachbildung von menschlichem Know-how – und das bei hoher Geschwindigkeit, großen Datenmengen und rund um die Uhr. Erfolgsentscheidend ist die Anpassung von KI und Machine Learning an die jeweilige Datensituation und Erwartungshaltung der Anwender.
Manufacturing Execution System bringt Mehrwert für Kunden
Stipo Nad, Leiter Business Development Produktion, Inform
1. Unternehmen müssen sich die Frage stellen, was genau sie durch ein MES eigentlich erreichen wollen. Meistens steht die Erhöhung der Termintreue und die Verkürzung von Durchlaufzeiten im Fokus, um Kunden einen wirklichen Mehrwert zu bieten. Dafür dürfen Systeme nicht nur die Leistung einzelner Maschinen oder Fertigungsinseln verbessern, sondern auch Auftragsnetzte gesamtheitlich und vorausschauend optimieren. Der sinnvollste Weg wäre, die Stärken von MES- und APS-Systemen zu kombinieren, zum Beispiel in einer anbieterübergreifenden Plattform.
2. Ich tendiere zur Plattform, aber ich sehe kein wirkliches Gegeneinander, eher eine Erweiterung und frage: Was braucht denn der Markt? Wir haben heute mehr und mehr Daten, Rechenleistung und ausgefeilte Algorithmen. Eine Plattform ermöglicht Anwendern, sich die besten Systeme über standardisierte Schnittstellen zusammenzustellen, unterschiedliche Datenquellen zu integrieren und sich für andere Anbieter zu öffnen. Zum Beispiel ließen sich BI- oder APS-Systeme anbinden. Ich verspreche mir von Plattformen daher vor allem eine größere Flexibilität für die Anwender.
3. Eine sehr große – wir sind davon überzeugt, dass die zuverlässigsten und leistungsstärksten Systeme durch die Verbindung von intelligenter Algorithmik und menschlicher Expertise entstehen. Mathematische Optimierung auf Basis von Operations Research entwickeln wir seit über 50 Jahren. Ohne das in der Zeit gesammelte Branchenwissen wäre eine intelligente Optimierung auch gar nicht möglich. Machine Learning liefert uns darüber hinaus genauere Prognosen und Daten, die wiederum das Fundament für die Optimierungsverfahren bilden, etwa zum Errechnen optimaler Fertigungsreihenfolgen.
Fragen an die Experten:
- Welche Trends bestimmen die Entwicklung von MES-Systemen aktuell?
- Wer macht das Rennen? Die Manufacturing-Execution-Plattform oder das Manufacturing Execution System (MES)? Gibt es dieses Gegeneinander überhaupt?
- Welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz (KI) in aktuellen und künftigen MES-Anwendungen?
Peter Bollinger, CEO, Itac Software AG
1. Das MES erweitert sich dahingehend, dass alles, was in den Wänden einer Fabrik beziehungsweise auf dem Shopfloor abläuft, vom Manufacturing Execution System abgedeckt werden muss. Es ist also eine Erweiterung der Funktionalitäten über die klassischen MES-Funktionen hinaus gefragt. Dies betrifft beispielsweise eine tiefergreifende Integration von Analytics-Tools. Des Weiteren werden MES zunehmend mit IIoT-Technologien verknüpft. Hier seien Containervirtualisierung mittels Docker, Microservices und Message Broker wie Kafka genannt. Hieraus ergeben sich Vorteile in Bezug auf Performance und Zuverlässigkeit für die Übertragung von Daten zwischen unterschiedlichen Applikationen. Diese Technologien werden aktuell On-Premise und perspektivisch in der Cloud angeboten. Dies alles zahlt auf die wachsenden Anforderungen des Kunden in Richtung Zukunftsfähigkeit, Skalierbarkeit, Flexibilität und kurze Implementierungszeiten ein.
2. Mittelfristig werden MES-Plattformen mit IIoT-Technologie den Maßstab setzen. Wir rechnen damit, dass die Kunden dafür in etwa 3 bis 5 Jahren bereit sein werden. Benefits sind zum Beispiel Kostenreduzierung und die Möglichkeit zur Vernetzung mit anderen Systemen. Die IIoT-Technologie bringt außerdem die Möglichkeit, weitere Instanzen darauf aufbauen zu können. Die Verbindung von MES mit IIoT-Technologie bieten wir bereits an.
3. Da MES-Lösungen seit jeher als Analyse-Tools für die Fertigung gedient haben, ist der nächste logische Schritt für die Analyse, Künstliche Intelligenz einzusetzen, um die Bewertungen von Ergebnissen automatisiert durchführen können. In vielen Bereichen wie Predictive Maintenance findet KI bereits Anwendung und wird im Zusammenspiel von MES- und IIoT-Anwendungen noch stärker Einzug in die Fertigung halten.
Jürgen Petzel, Geschäftsführer Sales, MPDV Mikrolab
1. Aktuell ist das Thema Interoperabilität eines der wichtigsten Fokus-Themen der Fertigungs-IT. Einher damit geht die Entwicklung von mehr oder weniger monolithischen Systemen hin zu Plattformen und Apps. Damit wird der häufig thematisierte Vendor Lock-In quasi abgeschafft. Klar, Künstliche Intelligenz wird auch immer wichtiger und letztendlich sind auch Trends wie Low-Code oder No-Code im MES-Umfeld spürbar. Positiv ausgedrückt sprechen wir von Modellierung statt Programmierung. Bei allen technologischen Trends sehe ich aber immer noch den eigentlichen Anwendungsnutzen im Fokus – daran wird sich so schnell nichts ändern.
2. Es wird sicher kein gegeneinander geben, sondern vielmehr ein miteinander. Je komplexer das Fertigungsumfeld wird, desto mehr profitiert das MES von einer Plattform-Architektur. Daher haben wir auch unser MES Hydra auf unsere Manufacturing Integration Platform (MIP) gehoben. Damit kann das MES mit vielen Anwendungen aus dem Ökosystem der MIP zusammenarbeiten – auch mit Anwendungen anderer Hersteller. Die Smart Factory braucht diese Vorteile der Plattform und die Funktionen eines MES.
3. Künstliche Intelligenz wird zunehmend in die Fertigungs-IT vordringen. Dabei kommt es allerdings darauf an, wie man es anstellt. Viele unserer Marktbegleiter kooperieren mit KI-Anbietern und machen dann relativ aufwendige und kostenintensive Data-Science-Projekte mit ihren Kunden. Bei MPDV gehen wir KI anders an: wir bieten unseren Kunden Standardanwendungen, die mit den vorhandenen Daten sofort loslegen können. Beispiele aus unserem Portfolio sind Predictive Quality, Rüstzeitvorhersage, Schichtbezogene Nutzgradanalyse und Kognitive Planung.
Steffen Himstedt, Geschäftsführer, Trebing + Himstedt
1. Die aktuellen Trends sind aus meiner Sicht vor allem durch den Wunsch nach mehr Effizienz und Flexibilität getrieben: Wie kann das Manufacturing Execution System mich dabei unterstützen, agil auf Kundenanforderungen und Marktveränderungen zu reagieren und dabei effizient mit Ressourcen – auch im Sinne der Nachhaltigkeit – umzugehen? Wir nennen es die Wow-and-Now-Fabrik. Ein weiterer Trend bleibt der Digitale Zwilling, der mit der digitalen Lebenslaufakte aus dem MES gefüttert und angereichert wird.
2. Ich glaube nicht, dass es ein destruktives Gegeneinander gibt. Vielmehr fördert der Wunsch nach mehr Effizienz und Flexibilität den Plattform-Gedanken. Im Sinne der Echtzeit-Anforderungen wird es letztlich zu einem Zusammenspiel aus Cloud- und Edge-Komponenten führen. Ein On-Premise-MES wäre im Sinne der Edge zu sehen. Doch niemals losgelöst, sondern eingebettet in eine „Produktions-Plattform“, wie wir es eher nennen, weil diese Plattform mehr macht, als klassische MES-Funktionalitäten umzusetzen.
3. KI wird eine sehr wichtige Rolle spielen, wobei auch die KI wieder MES-übergreifend zu sehen ist. KI wird helfen effizienter und flexibler zu produzieren, weil ich aus den Daten die voraussichtliche Qualität, die Verfügbarkeit der Anlagen, die Durchlaufzeiten und vieles mehr viel besser werde optimieren können. Auch das Thema Nachhaltigkeit wird sich ohne Künstliche Intelligenz nicht optimal umsetzen lassen.
Verknüpfung der Systeme für mehr Digitalisierung in der Fertigung
Marcus Niebecker, Produktmanager MES-Solutions, Proxia Software AG
1. Ein Trend, der klar zu erkennen ist, ist die Transformation von klassischen MES-Systemen hin zu wahren „Interoperabilitäts-Monstern“. Diese Bezeichnung ist im positiven Sinne gemeint, denn Interoperabilität ist die Grundvoraussetzung für systemgrenzen-überschreitende Prozesse. Wer komplexe Prozesse entlang seines Wertstroms digitalisieren möchte, muss künftig in der Lage sein, verschiedene Systeme miteinander zu verbinden. Hier ist dann wichtig, dass die Systeme nicht nur kommunizieren, sondern dass sie sich auch verstehen.
2. Aktuell kann man in vielen Diskussionen den Eindruck gewinnen, dass es hier ein „Gegeneinander“ gibt. Zukünftig wird sich die Frage, wer das Rennen macht, nicht mehr stellen. Grund dafür ist die massive Weiterentwicklung und die damit verbundene Veränderung im Aufbau moderner MES-Systeme. Der Plattformgedanke spielt da schon heute eine zentrale Rolle im Mindset der relevanten Systemanbieter. So werden plattformorientierte Lösungen zukünftig häufiger anzutreffen sein. Diese „Software-Ökosysteme“ bilden die Grundlage für eine durchgehende Digitalisierung.
3. Künstliche Intelligenz wird eine wesentliche Rolle in MES-Anwendungen spielen. Auf der Zeitachse betrachtet wird dies allerdings ein Prozess sein. Ein MES ist durch seine durchgängigen Daten der Produktion natürlich eine optimale Basis für KI. Aus unserer Sicht werden sich erste „Pflänzchen“ in den nächsten Jahren etablieren. Dabei wird es sich um unterstützende Funktionen handeln, die Vorschläge für den Benutzer generieren werden. Der Bediener wird aber die letzte Entscheidung treffen. Erst wenn Bediener Vertrauen zu diesen neuen Möglichkeiten aufgebaut haben, werden die nächsten Schritte folgen.
Fragen an die Experten:
- Welche Trends bestimmen die Entwicklung von MES-Systemen aktuell?
- Wer macht das Rennen? Die Manufacturing-Execution-Plattform oder das Manufacturing Execution System (MES)? Gibt es dieses Gegeneinander überhaupt?
- Welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz (KI) in aktuellen und künftigen MES-Anwendungen?
Karl M. Tröger, Business Development Manager, PSI
1. Ganz weit vorne sehe ich aktuell alle Themen, die auf eine tiefere Integration der gesamten Produktionswelt abzielen. Es geht um Software-Systeme für ERP, PLM oder Qualitätsmanagement, Maschinen und Anlagen und die Nachautomatisierung im Brownfield und nicht zuletzt die Integration der Menschen in den Prozess durch Assistenzsysteme und eine auftragsgenaue Werkerführung. Die Nutzung von Standards in der Kommunikation soll den Prozess anlagenseitig vereinfachen. Nur mit hinreichenden Mengen an zeitsynchronen Daten lassen sich beispielsweise KI-basierte Anwendungen wirksam einsetzen.
2. Die Entwicklung geht immer mehr zu Bus-Systemen und Plattformen. Beides ist notwendig, um die Vernetzung aller Teilnehmer eines Produktionssystems voran zu treiben. Insofern entwickelt sich das MES zwangsläufig in Richtung einer Plattform. Die Nutzung von (cloudbasierten) Plattform-Services vereinfacht zudem die Implementierung weiterer Funktionen. Hierbei geht es beispielsweise um Business Analytics bis hin zu KI.
3. KI-basierte Anwendungen breiten sich mehr und mehr aus. Die Technologie ist ingenieurstauglich geworden und einsetzbar. Beispiele finden sich im Umfeld von Predictive Maintenance and Quality oder der Überwachung des Driftverhaltens von automatisierten Fertigungssystemen. Mit der fortschreitenden Vernetzung werden zunehmend Daten verfügbar. Es geht nicht nur um Maschinendaten, sondern auch um Auftragsdaten aus der ERP-Welt. KI kann nicht jedes Problem lösen beziehungsweise ist auf jeden Fall anwendbar. Es ist ein Werkzeug zur Unterstützung von Menschen im Produktionsprozess. Massendaten und unklare Zusammenhänge werden transparenter und damit getroffene Entscheidungen besser.
Hannes Zach, Head of Sales & Marketing, Technische Informa-tionssysteme
1. Definitiv die Möglichkeiten einer Cloud-Infrastruktur und die Künstliche Intelligenz. Die Cloud ermöglicht es, Informationen überall und jederzeit auf mobilen Geräten abzurufen. KI erlaubt es, die Entstehung von Problemen frühzeitig zu erkennen und diese zu unterbinden. Die benötigten Ressourcen wie Rechenleistung und Speicherplatz stellt wiederum die Cloud zur Verfügung. Wir haben dies früh erkannt und setzen mit unseren Lösungen einen Schwerpunkt in diese Richtung.
2. Aus meiner Sicht spricht sehr vieles für eine Plattform. Allerdings werden klassische Funktionalitäten wie Maschinen- oder Betriebsdatenerfassung nach wie vor on-premise benötigt. Wichtig ist, wie das MES oder Teile davon in eine Plattform integriert werden, damit man einen Mehrwert für den Anwender erzielt. So gesehen müssen sich die beiden Ansätze im Zusammenspiel ergänzen.
3. Eine sehr tragende, da man sich von der deskriptiven zur präskriptiven Analyse entwickeln will. Anstatt immer auf das zu reagieren, was in der Vergangenheit passiert ist, möchte man doch auch wissen, was in der Zukunft passieren wird und wie man Fehler aktiv vermeiden kann. Beim klassischen MES wird man immer erst dann informiert, wenn ein Parameter die Toleranzgrenzen verletzt hat. Dies ist meistens zu spät und der Ausschuss schon produziert. Besser wäre es doch vorher zu wissen, dass man den Produktionsprozess adaptieren muss, bevor Fehler passieren. Aus diesem Grund unterstützen wir unseren Kunden mit Analytics-Lösungen.
Daniel Nemesch, Sales Director, Zeiss MES Solutions
1. Derzeit sind für die Entwicklung fertigungsnaher Software zwei Trends ersichtlich: Die Bereitstellung der Services als Cloud-Dienstleistungen und der Versuch, systemübergreifende Plattform-Lösungen zu etablieren. Ob sich diese Trends jedoch letztlich derart etablieren, bleibt spannend, denn es zeigt sich im MES-Umfeld auch, dass an gewissen kritischen Knotenpunkten im Shopfloor On-Premise-Lösungen vermutlich nicht wegzudenken sind.
2. Ein Gegeneinander gibt es nur, wenn man das MES bisher als monolithisches System betrachtet hat. Sofern man, wie wir, das MES als Datendrehscheibe für Umgebungssysteme ansieht, besteht dieses Gegeneinander nicht. An unserem Manufacturing Execution System, Guardus, werden beispielsweise ERP-, BI- und Management-Systeme, Maschinen, Messgeräte sowie viele weitere Systeme angebunden. Die Schnittstellen sind offengelegt und für alle Umgebungssysteme frei ansprechbar. Ob die dabei erzeugten und ausgetauschten Daten innerhalb eines MES oder auf einer Manufacturing-Execution-Plattform vorgehalten werden, spielt für die funktionalen Prozesse keine Rolle.
3. Prozesse werden zunehmend automatisiert und gleichzeitig vielfältiger und komplexer gestaltet. Dadurch nimmt das Datenaufkommen exponentiell zu und die Prozesse sind nicht mehr überschaubar. Die Nutzer können Kausalitäten innerhalb der erfassten Daten immer schwieriger erkennen, um geeignete Gegenmaßnahmen abzuleiten. Der Einsatz künstlicher Intelligenz in künftigen MES-Anwendungen ist demnach eine notwendige Folge dieser Entwicklung. Das Manufacturing Execution System wird mit Hilfe von KI weiterhin zielführende Erkenntnisse liefern und entsprechende Maßnahmen ableiten oder sogar automatisiert an der richtigen Stelle Korrekturen vornehmen.
Die Fragen stellte Jan Bihn, Redakteur Digital Manufacturing.
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