Konstruktion: Herstellbarkeit von Bauteilen besser abschätzen
Lässt sich ein Bauteil mit der gewählten Geometrie wirklich herstellen? Antworten darauf liefern präzise Simulationen, die jedoch zeitintensiv sind. Beschleunigung soll ein neues Programm bieten, das am Institut für Fahrzeugsystemtechnik am KIT derzeit entwickelt wird.
Lässt sich ein Bauteil mit der gewählten Geometrie wirklich herstellen? Antworten darauf liefern präzise Simulationen, die jedoch zeitintensiv sind. Beschleunigung soll ein neues Programm bieten, das am Institut für Fahrzeugsystemtechnik am KIT derzeit entwickelt wird.
Die Wissenschaftler kombinieren die Prozesssimulationen mit maschinellem Lernen und KI, sodass der Algorithmus Muster erkennen und schnell abschätzen kann, ob die Herstellung des Bauteils klappen wird. Das spart Kosten bei der Entwicklung und Herstellung. Clemens Zimmerling, der das Programm mit entwickelt, stellt die enormen Möglichkeiten von KI und Co. für den Leichtbau auch in seinem spannenden Vortrag beim 6. Technologietag Hybrider Leichtbau (20. und 21. Mai in Stuttgart) vor.
Die Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg präsentiert diese Innovation mit ihrem ThinKing im März 2019. Mit diesem Label gibt die Leichtbau BW GmbH monatlich innovativen Produkten oder Dienstleistungen im Leichtbau aus Baden-Württemberg eine Plattform.
Was in Karlsruhe derzeit entwickelt wird, nennen die Wissenschaftler den „virtuellen KI-Prozessexperten“. Per maschinellem Lernen und KI bringen sie dem Algorithmus bei, Muster zu erkennen und so eine Abschätzung zu treffen, ob sich ein Bauteil mit der gewählten Geometrie herstellen lässt oder nicht. „Das ist quasi so, als würde man das Know-how und die Intuition vieler Ingenieure in ein Programm packen und auf diese Weise auf Knopfdruck nutzbar machen“, erklärt Clemens Zimmerling vom Institut für Fahrzeugsystemtechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Dieser virtuelle Prozessexperte soll bei der Auslegung von Leichtbau-Strukturen aus Faserverbundstoffen zum Einsatz kommen – sowohl um das Bauteil als auch dessen Herstellungsprozess schnell optimieren zu können.
Besser früh eine gute Aussage als zu spät eine präzise
Im Projekt Forschungsbrücke, gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, geht es dabei vor allem darum, Auslegungsprozesse zu verstehen und zu beschleunigen. Das Problem bisher: Mit Simulationen des Fertigungsprozesses lässt sich zwar eine virtuelle Bewertung der Herstellbarkeit von Bauteilen vornehmen, diese sind jedoch sehr aufwendig und zeitintensiv. So vervielfachen etwa die aufeinanderfolgenden Optimierungsschleifen die Rechenzeit. „Wir haben das Feedback von Entwicklern erhalten, dass es besser ist, zu einem frühen Zeitpunkt eine gute Abschätzung zu haben, als zu einem späten Zeitpunkt eine sehr präzise“, sagt Zimmerling. Hier soll der „virtuelle KI-Prozessexperte“ unterstützen. „Wenn man ihn bereits in der frühen Phase von Bauteilentwürfen heranzieht, bekommt man frühzeitig ein Feedback zur Herstellbarkeit und eine Abschätzung, wie man den Herstellungsprozess anders gestalten muss. So kann man dank der KI-Methoden untaugliche Prozessvarianten von der Optimierungsrechnung ausschließen und sich für die relativ aufwendigen Simulationen auf die meistversprechende Variante konzentrieren“, erklärt Zimmerling.
„Besonders die Digitalisierung befeuert das Thema Leichtbau ungemein. Wichtig ist es vor allem jetzt auf den Zug aufzuspringen und die Möglichkeiten von etwa KI oder maschinellem Lernen für sich zu entdecken und gewinnbringend zu nutzen – sonst macht es ein anderer“, ist sich Dr. Wolfgang Seeliger, Geschäftsführer der Leichtbau BW, sicher. Gerade die Verkürzung der time-to-market sei ein enormer Werthebel. „Die komplexen Simulationen und Optimierungsschleifen im Leichtbau lassen sich nur noch digital abbilden. Wenn man diese bereits zu Beginn der Produktentwicklung berücksichtigt, kann man das volle Leichtbaupotential heben“, so Seeliger weiter.
„Durch den Einsatz unseres Programms lassen sich Werkzeug- und Herstellungskosten sparen. Und in der Entwicklung werden die Trial-Error-Versuche minimiert, sodass man schneller zu einer fehlerfreien Produktion der Bauteile kommen kann“, meint Zimmerling. Außerdem würden sich mithilfe des Programms kleine Losgrößen kostengünstiger realisieren lassen, bei denen etwa wechselnde Bauteile auf gleicher Produktionslinie hergestellt werden. Dies ist vor allem für Branchen mit hoher Derivatisierung, wie etwa im Automobilbereich, dem Maschinenbau oder der Luft- und Raumfahrt interessant.
Video: https://www.youtube.com/watch?v=2ecH6FK6Nos&feature=youtu.be
Mit Leichtbau die Nase vorn
Digitalisierung, Maschinelles Lernen, KI, digitale Entwicklungsketten – das sind beim 6. Technologietag Hybrider Leichtbau keine leeren Worthülsen. Trendsetter und Experten zeigen am 20. und 21. Mai in Stuttgart wie man diese Technologien für den Leichtbau effektiv in der Praxis nutzt, um schneller am Markt zu sein, Prozesse zu optimieren oder mit besseren Produkten den Mitbewerbern einen Schritt voraus zu sein. Einer der Speaker ist Clemens Zimmerling. Die Teilnahmegebühr beträgt 190 Euro.
Mehr Infos zum Programm und Anmeldung finden Sie unter: www.technologietag-leichtbau.de
Bild: Clemens Zimmerling (links) und Julian Seuffert forschen am Institut für Fahrzeugsystemtechnik am KIT daran, wie man mithilfe von maschinellem Lernen die Herstellbarkeit eines Bauteils abschätzen kann. Foto: Leichtbau BW GmbH
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