20.05.2021 – Kategorie: Digitalisierung
KI-Technologie im Einsatz: So profitiert die Produktion davon
KI ist für Außenstehende noch ein Buch mit sieben Siegeln. Wie der interessierte Produktionsspezialist das Thema praktisch angehen kann, diskutieren wir mit Chris Fangmann, CTO Manufacturing, DXC Technology.
Herr Fangmann, Sie haben KI-Technologie mit ihrem Team in der Fertigung eines deutschen Automobilzulieferers genutzt – welche Aufgabe wollten Sie damit lösen?
Chris Fangmann: Dieser Automobilzulieferer beschäftigt mehrere Tausend Mitarbeiter und zählt damit zu den größeren Betrieben in der Branche. In der Produktion gab es ein ärgerliches Problem: Eine Fertigungslinie produzierte immer wieder Teile , die den Qualitätsstandards nicht entsprachen und deshalb nicht an die Kunden ausgeliefert werden konnten. Solche Mängel kosten Zeit und Geld. Nachdem die klassische Fehlersuche über einen längeren Zeitraum erfolglos blieb wollte das Unternehmen den Ursachen mit der Hilfe eines Werkzeugkastens von IT-Fachleuten auf die Spur kommen.
KI-Technologie für den sinnvollen Umgang mit vielen wertvollen Daten
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Schon im ersten Gespräch wurde klar, dass der enorme Datenbestand für die Fehlersuche eines der Anknüpfungspunkt sein sollte. Im Betrieb kommen diese aus verschiedensten Quellen. Bei der Bestandsaufnahme stellte das Experten-Team fest, dass insbesondere die Produktionsplanung, das Qualitätsmanagement und zahlreiche Sensoren wertvolle Daten liefern. Allerdings fehlte es an einer intelligenten Lösung, die erfassten Informationen sinnvoll miteinander zu verknüpfen und auszuwerten. Eine spezielle Herausforderung bestand darin, die Daten nicht nur für den konkreten Problemfall nutzbar zu machen, sondern von Anfang eine KI-Technologie zu entwickeln, die sich für künftige Analyseaufgaben skalieren lässt.
Wie haben Sie das Team zusammengestellt?
Das Projekt-Team wurde aus vier Experten gebildet. Ein Manufacturing-Berater von DXC und ein Data-Scientist arbeiteten dabei mit einem internen Maschinenführer und einem erfahrenen Wartungsingenieur aus dem Unternehmen zusammen. Innerhalb eines Monats filterten die Experten aus mehr als 180 Datenquellen zunächst die 8 wichtigsten Informationsgeber heraus und erstellten für die Analyseaufgaben einen smarten Algorithmus.
Und wie schafft es diese KI-Technologie heute, Fehler in der Produktion zu vermeiden?
Das geschaffene Analysetool erkennt im Vorfeld die kritische Kombination von Faktoren, die nach den Untersuchungsergebnissen zu Produktionsfehlern führen können und stoppt die Fertigung bevor es zu einem Schaden kommt – der Ausschuss wurde dadurch um 75 Prozent gesenkt. Innerhalb weniger Monate konnte das Unternehmen die smarte Anwendung auf alle Maschinen des gleichen Typs ausweiten. Die vernetzten Daten bilden in Kombination mit der Kontrolle durch die künstliche Intelligenz einen wichtigen Industrie-4.0-Meilenstein für den Autozulieferer.
Neue Trends nutzbar machen
Was können KI-Interessierte Produktionsspezialisten aus diesem Beispiel lernen?
Es zeigt, dass auch eine konkrete Problemlösung sehr gut geeignet sein kann mit digitaler Transformation im Unternehmen zu starten. Statt lange im Elfenbeinturm an einem „digitalen Masterplan“ zu tüfteln, sollten die Unternehmen sich lieber ganz konkret fragen, wo es ein aktuelles Problem gibt, das aus der Welt geschafft werden soll. Ein Projekt-Team unter Anleitung eines Digitalisierungsexpertenn sichert eine zügige Umsetzung. Dabei werden externe und interne Kompetenzen herangezogen und neue Tools und Technologien für die Zielsetzung nutzbar gemacht. Als Erfolgsrezept gilt, professionell planen und einfach anfangen.
Wie sieht die Zukunft von künstlicher Intelligenz in der Produktion aus?
Der große Trend ist, dass die Zahl der Datenquellen in der industriellen Fertigung sprunghaft ansteigt. Das passiert in den meisten Betrieben alleine durch den Einsatz von immer mehr Sensoren ganz automatisch. Daten alleine sind jedoch noch nicht unbedingt wertvoll. Erst wenn ich eine systematische Vernetzung schaffe, entstehen aus den Zusammenhang nützliche Informationen für die Wertschöpfung.
Stichwort ist hier das „datengetriebene Manufacturing“. Dazu zählt natürlich eine deutlich verbesserte Fehlerkontrolle, wie wir im Eingangsbeispiel gesehen haben. In der Praxis zeigt sich, dass die Einsatzmöglichkeiten darüber hinaus äußerst vielseitig sind. Künstliche Intelligenz spielt für diese Entwicklung aber in jedem Fall eine Schlüsselrolle und wird künftig unverzichtbar sein. Denn traditionelle IT und – erst recht – menschliche Analysewerkzeuge haben schlicht keine Chance mehr, dass überwältigende Datenaufkommen für einen sinnvollen Informationsgewinn in den Griff zu bekommen.
Vielen Dank, Herr Fangmann für dieses Gespräch!
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