13.04.2023 – Kategorie: Digitalisierung

KI in der Fertigung: Schritt für Schritt einführen

KI in der FertigungQuelle: xiaoliangge/AdobeStock

Künstliche Intelligenz zieht nicht mit einem Paukenschlag in durchschnittliche Fertigungsbetriebe ein – ganz im Gegenteil: Der Wandel vollzieht sich schleichend, jeden Tag gehen ein paar neue Anwendungen online. Jede Lösung, die funktioniert, macht Lust auf mehr. War gestern noch die intelligente Sprachsteuerung die ganz große Erleichterung, ist morgen vielleicht die visuelle Qualitätskontrolle am Zuge. Am Ende winkt eine vorausschauende und sich selbst optimierende Fertigung.

KI in der Fertigung: Spracherkennung ist ein klassisches Einsatzgebiet für künstliche Intelligenz, die jeder vom Handy kennt oder von anderen Alltagssystemen, mit denen man sprechen kann, statt sie zu bedienen. Auch im industriellen ­Umfeld gibt es dafür jede Menge sinnvolle Einsatzmöglichkeiten, beispielsweise bei der Wartung von Maschinen und Anlagen. Oder bei der Kontrolle von Fahrzeugen. „Prüfberichte nicht mehr durch Eintippen erstellen zu müssen, ist eine geradezu ­paradiesische Vorstellung“, sagt Denis Häußler, Lead ­Consultant Industry bei GFT. „Das Schöne: Es handelt sich dabei um eine sehr einfach umzusetzende KI-Anwendung, die wir auf Basis des Tools „Voice Assisted Manufacturing“ bereits bei Kunden umgesetzt haben.“

Voice Assisted Manufacturing für freie Hände: So funktioniert KI in der Fertigung

Mit Voice Assisted Manufacturing kann man Prüfberichte per Spracheingabe aufnehmen, zuordnen, klassifizieren, erneut abspielen etc. und hat dabei stets die Hände frei für den eigentlichen Prozess. Auch Arbeitsanweisungen, Bedienungsanleitungen und ähnliches lassen sich im richtigen Moment zur Verfügung stellen. Die KI steckt dabei zum einem im dahinter liegenden Modell, das versteht, was per Stimme gesprochen wird und den Text validiert, also im Thema „Speech-to-Text“. Zum zweiten geht es um das Mapping der Inhalte mit den im jeweiligen Unternehmen genutzten Experten-Systemen. Abkürzungen, Synonyme und Verbindungen müssen individuell antrainiert werden, damit das Modell Formulare richtig ausfüllt und Information aus riesigen, unstrukturierten Experten-Systemen passgenau zurückgibt.

KI-Lösungen haben das Potenzial, Produktivität, Sicherheit und Ressourceneffizienz in der Fertigung deutlich zu steigern. Deshalb hat beispielsweise Google Cloud gerade neue, speziell entwickelte Lösungen für KI in der Fertigung vorgestellt, die Ingenieure direkt in der Produktion nutzen können, um Pilotprojekte zur digitalen Transformation auf den Shopfloor zu bringen. Als Google Cloud Global Partner hat GFT die Lösungen bei führenden Automobil- und Produktionsunternehmen getestet und implementiert und um eigene Erfahrungen ergänzt.

Visual Inspection direkt im Fertigungsprozess

In der Werkshalle eines Glasherstellers: Am „Hot End“ werden frisch gegossene Flaschen direkt nach dem Ofen bei etwa 700 Grad Celsius automatisch überprüft – hinsichtlich 15 verschiedener Fehlerkategorien. Visual Inspection heißt diese KI-Anwendung, die mit Hilfe von Infrarot-Wärmebildkameras die Produkte kontrolliert. Dank vortrainierter Prüfmodelle erkennt sie Fehler sofort vor Ort, bevor sich weitere Prozessschritte anschließen. Unzureichende Flaschen werden nicht wie früher erst ganz am Ende des Prozesses aussortiert und erneut erhitzt, sondern man kann sie noch warm neu formen. Das spart sehr viel Energie und macht den Prozess schlanker.

Dauerte es bei früheren Bilderkennungslösungen in der Qualitätssicherung oft Wochen oder Monate, bis der passende pixel-zählende Algorithmus entwickelt war, ist das ist bei modernen KI-Lösungen völlig anders: Mit Visual Inspection sind innerhalb weniger Tage erste Use Cases umsetzbar. Dahinter stehen zwei Machine Learning-Methoden: Im ersten Fall wird das System mit einer Mindestanzahl an Bildern gefüttert, die das eindeutige Label „gut“ oder „schlecht“ bekommen. Im Rahmen eines regelmäßigen KI-Trainings lässt sich diese Wissensgrundlage immer weiter verfeinern. Die zweite Option arbeitet mit ­einem als perfekt definierten Referenzbild, mit dem die betreffenden Bauteile verglichen werden. Auch hier arbeiten vortrainierte Algorithmen im Hintergrund.

KI in der Fertigung
Durch seine KI-Expertise ist GFT in der Lage, auch komplexe Use Cases aufzubauen. Bild: GFT Technologies SE

KI in der Fertigung: Vor-Analyse mit Laboruntersuchung

Als Implementierungsexperte ist GFT direkt vor Ort in der Fertigung. „Wir erarbeiten mit dem Kunden entweder erst einmal, wo er Visual Inspection überhaupt einsetzen könnte, oder schauen uns direkt den Prozess an, den er bereits für die Anwendung ausgewählt hat“, berichtet Denis Häußler. „Dann prüfen wir, welche Infrastruktur eventuell schon vorhanden ist, und optimieren sie. Als Teil der Vor-Analyse nehmen wir auch fehlerhafte Bauteile mit und lassen sie in unserem KI-Lab untersuchen. In dieser Phase prüfen wir, ob wir das Pro­blem tatsächlich lösen und mit welcher ­Sicherheit wir in der Anwendung korrekte Ergebnisse liefern können. Das ist ein wichtiger Schritt zum Abgleich mit den Kundenanforderungen.“

Die KI-Anwendung ist der konsequente nächste Schritt für alle, die heute bereits klassische Bilderkennung einsetzen, aber nicht zufrieden sind mit den Anpassungsmöglichkeiten und Betriebskosten. Letztere reduzieren sich mit ­Visual ­Inspection im Schnitt um mehr als die Hälfte. Die Breite der Einsatzmöglichkeiten ist dabei erstaunlich: Ein Bild muss nicht notwendigerweise mit einer klassischen Kamera gemacht werden, auch Infrarot-, Mikroskop- oder CT-Aufnahmen lassen sich bearbeiten. Visual Inspection lässt sich problemlos in vorhandene Abläufe integrieren und ermöglicht eine automatische In-Line-Kontrolle, die Fehler bereits während des Prozesses entdeckt.

Visual Inspection ist eine vergleichsweise simple Anwendung mit großem Potenzial. Denn sie kann der erste Schritt in eine vorausschauend gesteuerte Produktion sein. Ein ML-Algorithmus ist in der Lage hunderttausende Werte gleichzeitig zu überwachen und in Relation zu setzen, wenn er sie denn bekommt. Da Visual Inspection mit Daten aus der Maschinensteuerung (SPS) kombiniert werden kann, ist es möglich, eine Korrelation herzustellen zwischen einem als schlecht erkannten Bauteil und seinen Produktions­parametern. Ist diese Verbindung erst einmal vorhanden, lassen sich Gründe für die Fehlerentstehung finden, vorhersagen und im Sinne der Predictive Quality rechtzeitig abstellen.

Predictive-Lösung mit allen Maschinendaten

Wie funktioniert diese Kombination mit Daten aus der Maschinensteuerung? Hier kommt bei GFT beispielsweise MDE zum Einsatz – die Manufacturing Data Engine von Google. Die Lösung spricht die meisten Steuerungen direkt an, ungewöhnliche oder alte Modelle lassen sich in der Regel in kurzer Zeit „nachintegrieren“. Aufgabe der MDE ist es, Daten zusammenzuziehen, zu strukturieren und in die Cloud zu schicken.

Dort stehen jede Menge Dienste und Lösungen zur Verfügung, mit denen sich komplexe Use Cases bauen lassen. „Hier kommt uns zum einen unsere Shopfloor-Erfahrung zugute und zum anderen das Wissen aus mehr als 200 erfolgreichen Umsetzungen im Bereich Data Analytics. Denn wer sich auf dieses Terrain begibt, muss mehrere Use Cases abdecken können und wollen, damit die Gesamtlösung sinnvoll ist und weiterwachsen kann“, sagt Häußler. Und das Ende vom Lied? Eine Fertigung, die rechtzeitig weiß, was sie wann und wo braucht, um nicht mehr stillzustehen und maximal effizient zu arbeiten. Also: Zeit für den ersten Schritt in Richtung KI in der Fertigung.

Die Autorin Anke Roser ist Head of Communications bei GFT Technologies SE.


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