12.01.2022 – Kategorie: Fertigungs-IT
Intelligente Fertigungslogistik als Chance für die Automobilindustrie
Automobil-Hersteller und -Zulieferer sind in der aktuellen dynamischen Situation gut beraten Effizienz und Flexibilität systematisch auszubauen. Ein wichtiger Baustein kann dabei eine intelligente Fertigungslogistik sein, die beispielsweise auf Radio-Frequency Identification (RFID) basiert.
Fertigungslogistik: Zukunftsprognosen zur Entwicklung der Automobilindustrie bewegen sich aktuell hart an der Grenze zur Wahrsagerei. Zu vielfältig sind die Einflüsse und Unwägbarkeiten, denen die traditionsreiche Branche begegnen muss. Welche Konsequenzen Mobilitätswende, Digitalisierung, Internet of Things (IoT), neue branchenfremde Marktteilnehmer, veränderte Kundenanforderungen und rasante technologische Entwicklungen mittel- und langfristig haben werden, ist kaum seriös einzuschätzen.
Fertigungslogistik optimieren, Klima schonen
Doch ganz unabhängig davon, welche Antriebstechnologien, Mobilitätskonzepte oder Modelle das Rennen machen werden, sind wir alle aufgefordert, so ressourcen- und klimaschonend wie irgend möglich zu handeln. Wie ernst diese Maßgabe ist, zeigt auch das Urteil des Gerichtes von Den Haag gegen den Ölkonzern Shell, der verpflichtet wird, seinen CO2 Ausstoß drastisch zu reduzieren oder die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die Bundesregierung aufzufordern, ihre Klimaziele deutlich zu verschärfen. Ungenutzte Potenziale zur Ressourcenschonung und Effizienzsteigerung sollten also umgehend erschlossen werden. Auch RFID kann dazu einen wertvollen Beitrag leisten.
Globale Sicht: Behälterschwund reduzieren
Das Verschwinden von Ladungsträgern gehört in einer globalisierten Wirtschaft zu den leidigen Themen internationaler Logistik. Ob Paletten, Container oder Big Box – allen gemeinsam ist, dass ein relativ hoher Anteil der Transportmittel auf ihren verschlungenen Wegen rund um den Erdball verloren geht und unauffindbar bleibt. Für die Automobilindustrie mit ihren weltweiten Lieferketten und ihrer dezentralen hochspezialisierten Fertigung bedeutet das erhebliche Mehrkosten. Gleichzeitig werden wertvolle Ressourcen und Energie unnötig verschwendet, weil die fehlenden Ladungsträger ersetzt werden müssen. Der konsequente Einsatz moderner RFID-Technologie in der Fertigungslogistik könnte hier wirksam Abhilfe schaffen.
Bereits im Jahr 2016 hat der Verband der Automobilindustrie (VDA) eine detaillierte Empfehlung zur Vereinheitlichung des RFID-Einsatzes im Behältermanagement abgegeben. Der Grund dafür ist, dass viele der Ladungsträger im Laufe ihres Einsatzes unterschiedliche Unternehmen durchlaufen und dass deshalb eine Vereinheitlichung der RFID-Technologie die Nachverfolgung über Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg ermöglicht. So können verschiedene Hersteller und Zulieferer gemeinsam Kosten senken und Energie und Ressourcen sparen.
Interne Sicht: Vom Wareneingang bis -ausgang
Sparpotenziale erheblichen Ausmaßes ergeben sich über das internationale Behältermanagement hinaus auch in der unternehmenseigenen Intralogistik. Denn auch hier wird viel Arbeitszeit mit Behältermanagement verbracht. Das sind Aufwände, die durch den Einsatz von RFID-Technologie erheblich reduziert werden können.
Wareneingang und -bestand jederzeit im Blick: Schon beim Wareneingang muss ohne RFID jeder ankommende Ladungsträger inklusive seines Inhaltes sorgfältig geprüft werden, um sicherzustellen, dass die Lieferung tatsächlich mit den Angaben auf den Lieferdokumenten übereinstimmt. In konventionellen Verfahren bedeutet das, es muss nicht nur der Behälter selbst, zum Beispiel durch Scannen des EAN-Code, kontrolliert werden sondern auch jedes enthaltene Teil. Beim Scannen von EAN-Codes muss dabei jeder Code einzeln zugänglich gemacht und optisch vom Scanner erfasst werden.
Bild: C-P-S Group
Anders mit RFID: Sind alle Teile einer Lieferung mit RFID-Transpondern, sogenannten Tags, ausgestattet, fährt zum Beispiel der Stapler einfach mit der kompletten Ladung am RFID-Scanner vorbei. Um alle Tags zu erfassen, muss nicht einmal angehalten werden. Sämtliche eingegangenen Waren, werden quasi im Vorbeifahren erfasst und mit entsprechenden Apps automatisch ins Warenwirtschaftssystem eingespeist. Danach kann jedes eingegangene Objekt auch intern jederzeit nachverfolgt und sicher geortet werden. So entfallen die Aufwände für Kontrollen und zeitaufwändige interne Suchen, zum Beispiel nach Irrläufern, die versehentlich am falschen Lagerort gelandet sind.
Nachschub für die Fertigung automatisch just-in-time: Mit RFID-Technologie können auch die Abläufe direkt an der Produktionslinie erheblich vereinfacht und effizienter gestaltet werden. So kann zum Beispiel ein geleerter Behälter sobald er auf das entsprechende Fördermedium gestellt wird, per RFID erfasst werden und ein Signal erzeugen, dass die automatische Lieferung des entsprechenden Nachschubs, zum Beispiel eines bestimmten Bauteils, auslöst.
Inventur auf Knopfdruck: Auch die sonst zeitaufwändige Inventur lässt sich via RFID erheblich einfacher erledigen. Wie einfach, hängt davon ab, wie konsequent die RFID Technik in einem Unternehmen eingesetzt wird. Sind die Erfassungsscanner einmal installiert, ist es natürlich kein Problem auch Einrichtung, Ausrüstung und Verbrauchsmaterial beim Eingang mit entsprechenden Tags zu versehen und sie so jederzeit auffindbar und erfassbar zu machen. So ist die sonst äußerst arbeitsintensive Bestandsaufnahme bei der Inventur mit wenigen Schritten erledigt.
Möglichkeiten über die Erfassung hinaus
Tatsächlich kann moderne RFID-Technik erheblich mehr leisten als die einfache Erfassung und Dokumentation in der Fertigungslogistik. Beschreibbare RFID-Transponder können etwa mit zusätzlichen Hinweisen für die Montage versehen werden, aber auch den korrekten Einbau eines Teils quittieren und dokumentieren. So können zum Beispiel verbaute Teile über ihren gesamten Product Life Cycle jederzeit identifiziert und erfasst werden – bis zum fertigen Fahrzeug.
Auch im Falle fehlerhafter Komponenten-Chargen reicht es aus, mit dem Fahrzeug am Scanner vorbeizufahren, um sicher festzustellen, ob ein mangelhaftes Teil verbaut wurde. Interessant in diesem Zusammenhang: Inzwischen können die RFID Transponder schon während der Fertigung, zum Beispiel beim Spritzguss, fest integriert werden. Das ist nicht nur praktisch, auch Manipulationen lassen sich so ausschließen.
Investition in intelligente Fertigungslogistik zahlt sich aus und wird gefördert
Zugegeben, der konsequente Einsatz moderner RFID-Technik in der Fertigungslogistik verlangt relativ hohe Initialinvestitionen. So müssen etwa Transponder-Drucker und RFID Lesegeräte angeschafft werden. Gerade kleinere Zuliefer-Unternehmen schrecken bisher häufig vor den Kosten zurück. Mittelfristig betrachtet, können aber auch sie erheblich von der smarten Technik profitieren. Umso wichtiger ist, dass die Großen der Branche in Sachen RFID-Einsatz neue Maßstäbe setzen. Welche Investitionsstrategie für welches Unternehmen die richtige ist, hängt allerdings von zahlreichen Faktoren ab. Möglicherweise ist eine schrittweise organisierte Einführung ökonomisch und strategisch sinnvoller als eine Komplettumstellung.
Um den optimalen Weg zu finden, empfiehlt es sich, frühzeitig ausgewiesene RFID-Spezialisten, wie zum Beispiel das Beratungsunternehmen C-P-S Group, zurate zu ziehen. So können Entscheider sicher sein, erstens alle Aspekte zu berücksichtigen und zweitens aus den im Markt befindlichen Lösungen die herauszufinden, die den eigenen Anforderungen optimal entsprechen. Solche Experten unterstützen natürlich auch, die reibungslose Implementierung der benötigten Hard- und Software Komponenten.
Unterstützt werden solche Modernisierungsmaßnahmen auch von der öffentlichen Hand. Ende März 2021 trat die neue Förderrichtlinie zum Investitionsprogramm zur Modernisierung der Produktion in der Fahrzeughersteller- und Zulieferindustrie in Kraft, die Maßnahmen, wie zum Beispiel eine RFID-Einführung mit bis zu 1,8 Millionen Euro unterstützt.
Der Autor Christian Lemke ist Leiter Supply Chain Management bei der C-P-S Group.
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