23.05.2013 – Kategorie: IT

High Performance Computing: Pflichtprogramm Messdatenmanagement

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Von Sven Hansel

In Sachen MDM sind branchenerfahrene Lösungen gefragt. Die Datenmengen in der Produktentwicklung wachsen rasant – auch im Computer Aided Testing (CAT). Immer mehr Messgrößen werden gleichzeitig erfasst, die Signale feiner auflösend gemessen und digitalisiert. Allerdings ist Big Data im CAT nicht nur eine rein quantitativ, sondern vor allem auch eine qualitative Herausforderung, denn die Messdaten sollen sich schließlich effizient im Unternehmen verwerten lassen.
Die Arbeit wird auf immer mehr Schultern verteilt, immer kürzere Produktzyklen fordern immer schneller Ergebnisse, Mitarbeiter in den verschiedenen Unternehmensbereichen sollen schnell auf Testdaten zugreifen können. Daher müssen die Daten auch für Dritte verständlich sein. Aufgabe der Speicherebene ist es, im Messdatenmanagement die Datenhaltung und -bereitstellung zu garantieren. Das bedeutet: Die Daten müssen gemäß ihren Business-Anforderungen jederzeit verfügbar, verständlich und sicher sein. Um es auf den Punkt zu bringen: Unternehmen brauchen ein Messdatenmanagementsystem, das ihnen hilft, ihre Testdaten effizient zu verwalten. 

Manuell nicht zeitgemäß 

Eine solche Effizienz erfordert mehr als ein MDM nach altbewährter Art, wie Dr. Dietmar Rapf, Bereichsleiter IT-Services bei der Bull-Tochter science + computing ag (s+c), erklärt: „Sogar in Großkonzernen werden die Rahmenbedingungen von Prüfläufen noch häufig in Excel-Tabellen verwaltet. Sollen teamfremde Kollegen die Messdaten nutzen, beginnt das Chaos – von Durchgängigkeit, Einheitlichkeit oder Vergleichbarkeit keine Spur! Was Firmen brauchen, um auch langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist ein MDM ohne Medienbrüche – auch im Blick auf die Zusammenarbeit mit Zulieferern und Dienstleistern.“
Dass IT-Experte Rapf mit dieser Auffassung recht hat, zeigt auch eine aktuelle Studie: „FAST 2025 – Future Automotive Industry Structure“ von Oliver Wyman und dem Verband der Automobilindustrie (VDA). Darin heißt es: „Zunehmende Modell- und Variantenvielfalt bei zugleich kürzeren Produktlebenszyklen, umfangreiche Modularisierungs- und Baukastenstrategien, hohe Dynamik beim Einsatz neuer Technologien im Auto, neue Entwicklungsschwerpunkte rund um Elektromobilität sowie starker Kostendruck und hohe Kapitalintensität haben die Zusammenarbeit von OEMs sowie Zulieferern nachhaltig verändert – und damit auch ihre Wertschöpfungsanteile.“ 

Kriterien für zeitgemäßes MDM

Exakt an diesem Punkt kommt ein modernes MDM ins Spiel, an dem es darum geht, fortlaufend die Qualität der Produkte zu verbessern und dies durch Tests in der Entwicklung und in der Produktion zu belegen und zu forcieren. Mit MDM steigern Unternehmen ihre Effizienz in der Produktentwicklung und verschaffen sich Wettbewerbsvorteile durch raschere Produktionsreife.
Was aber macht ein qualifiziertes MDM aus? Dazu gehören im Wesentlichen vier Merkmale:

  • Ein definierter Prozess bestimmt und dokumentiert den Umgang mit den Messdaten und allen im Zusammenhang mit einer Messung anfallenden Daten.
  • Die ausführliche Dokumentation der Messrandbedingungen (Metadaten) ist untrennbar mit den Messdaten verbunden und steht jedem zur Verfügung, der die Daten nutzt.
  • Ein standardisiertes Datenformat zur Speicherung der Daten ermöglicht die Nutzbarkeit über lange Zeiträume und den Einsatz beliebiger Werkzeuge.
  • Eine an die individuellen Anforderungen optimal angepasste Kombination aus Software, leistungsfähiger IT-Infrastruktur und qualifizierten Services.

Ist MDM in dieser Qualität implementiert, profitiert nicht nur der CAT-Bereich, sondern das gesamte Unternehmen. Etwa was die Prüfstände betrifft, denn diese sind teuer, Prüfstandzeiten ebenfalls und zudem oft rar. Und auch der Prototypenbau ist zeitaufwendig und kostenintensiv. „Mit einem MDM lasten Firmen ihre Ressourcen optimal aus und nutzen einmal gemessene Daten mehrfach, und das abteilungsübergreifend für verschiedene Fragestellungen“, erläutert Rapf.
Die positiven Effekte sind vielfältig: Beispielsweise lässt die Sichtbarkeit aller Messungen im Unternehmen Mitarbeiter erkennen, welche Messdaten existieren und ob sie diese für ihre Fragestellung nutzen können. Mehrfachmessungen werden so vermieden, teure Prototypen werden optimal genutzt. Auch können Unternehmen ihre Messungen konsequent nach einem bekannten Prozess in einem einheitlichen, einsehbaren System planen und Anforderungen verschiedener Fachbereiche aufnehmen. Weil sich in einer Messung alle relevanten Messdaten für sämtliche Beteiligte erfassen lassen, reduziert sich die Zahl der Messungen – mithilfe von MDM ist also ein echter kontinuierlicher Verbesserungsprozess möglich. 

Wider den proprietären Ansatz

Die konkrete Ausprägung des eigenen MDM sollte mit Bedacht gewählt werden. „Viele Hersteller einer Mess- oder Auswertungssoftware bieten MDM-Lösungen an und schwören dabei auf ihr Format der Datenablage. Die Austauschbarkeit der Daten wird dadurch aber massiv eingeschränkt. Durch die Festlegung auf ein proprietäres Format machen sich Unternehmen abhängig von einem Hersteller und sind gezwungen, dessen Lizenzen zu kaufen“, warnt Rapf. Besser fahren Firmen deshalb, wenn sie auf den ASAM-ODS-Standard setzen. Der ASAM-Verein (Association for Standardisation of Automation and Measuring Systems) hat einen Standard für beliebige Messaufgaben nutzbares allgemeines Datenmodell entwickelt, der bereits in vielen Bereichen Einsatz findet. Damit ist gewährleistet, dass der Datenaustausch mit Partnern und Zulieferern funktioniert und das MDM unternehmensweit einsetzbar ist.
Ein professionelles MDM kann die Berechnungstiefe im Computer Aided Engineering (CAE) steigern, da es den Blick freigibt auf die wirklich relevanten Größen für die Berechnung. „Durch die Verbindung zwischen CAT und CAE erreicht man eine Verbesserung des gesamten Entwicklungsprozesses“, kommentiert Rapf. So schlagen die Ingenieure gleich drei Fliegen mit einer Klappe: Sie gewährleisten die Vergleichbarkeit von Daten, schaffen eine unternehmensübergreifende Prozesstransparenz und steigern die Effizienz der Produktentwicklung.
In der Praxis hat sich dieses Vorgehen bewährt. So konnten Rapf und sein Team bei einem Entwicklungsdienstleister für Prüffelder und CAE-Anwendungen in der Automobilindustrie eine zentrale Datenmanagementlösung projektieren. Das strategische Ziel: die optimale Verfügbarkeit und Nutzung der Arbeitsergebnisse aller Prüffelder. Bei einem Automobilhersteller führte s+c im NVH-Entwicklungsbereich (NVH – Noise, Vibration, Harshness) aufgrund der stark wachsenden Datenmengen eine Messdatenverwaltung ein. Neben einem „unendlich“ großen Datenspeicher wurde eine vom Herstellerformat unabhängige, generische Ablage der Messdaten realisiert. s+c empfahl den Einsatz einer ASAM-ODS-Datenbank sowie die Auslagerung von Daten auf günstige Speicherbänder.
Fazit: Modernes Messdatenmanagement ist im CAT/CAE-Umfeld keine Kürveranstaltung, sondern Pflichtprogramm. Denn nur so lässt sich heute die Effizienz steigern und die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Um einen schnellen und reibungslosen Einstieg zu ermöglichen, bietet s+c gemeinsam mit Bull vorkonfigurierte und auf die Anforderungen des MDM maßgeschneiderte Appliances an.  jbi


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