16.12.2021 – Kategorie: Fertigungs-IT

Grüne IT: Wie Software zur Nachhaltigkeit beitragen kann

Nachhaltigkeit steht aktuell in vielfältiger Weise ganz oben auf der Tagesordnung. Dabei wird oft ein Hebel vergessen: die IT und die Digitalisierung als solche. Hier zwei Schlüsselideen.

Klimawandel und Nachhaltigkeit – schon wieder ein Artikel, der mit diesen Stichworten beginnt. Muss das sein? Ja, denn diesmal geht es darum, wie Grüne IT dabei hilft, mit den Herausforderungen umzugehen.

Die Themen sind ja auch nur deshalb in aller Munde, weil sie gesellschaftlich und wirtschaftlich höchste Priorität haben. Politische Maßnahmen wie schärfere Richtlinien zur Corporate Social Responsibility (CSR) und neue Regelungen im Rahmen des Green Deals der EU tun ihr Übriges, um das Thema Energieeffizienz bei Unternehmen weit oben auf die Tagesordnung zu setzen.

Es führt kein Weg daran vorbei – vor allem nicht in der Produktion: Wir müssen den CO2-Ausstoß verringern, den Energie- und Wasserverbrauch reduzieren und das Abfallaufkommen minimieren. Dabei geht es für Fertigungsunternehmen nicht nur um Umweltaspekte, sondern auch um Kosten.

Grüne IT – Software hilft mehrfach

Welche Möglichkeiten bieten IT und Digitalisierung, diese Ziele zu erreichen? Unter anderem können datengetriebene Energiemodelle und ein „Green Coding“ dabei helfen, echte Nachhaltigkeitslösungen zu schaffen. Denn: Software kann mehr zum Thema Nachhaltigkeit beitragen, als die meisten Menschen denken.

Grüne IT
Green Coding: Alles, was wir mit Computern machen, verbraucht Energie – es lohnt sich, an vielen Stellen genauer hinzuschauen, wie das Beispiel „Webseiten“ zeigt. Bild: GFT

*Unter der Annahme, dass die Webseite jährlich von einer Million Nutzern aufgerufen wird.

Man kann beispielsweise Datenplattformen bauen, auf denen sich beliebige Systeme und Anlagen vernetzen lassen, um Energieverbräuche transparent zu machen. Des Weiteren kann man KI-Anwendungen auf diese Daten ansetzen, um Einsparpotenziale aufzudecken – und umzusetzen. Man kann Prognosen für Energieverbräuche erstellen und die Beschaffung entsprechend optimieren. Und man kann durch automatisierte Prozesse viel Verschwendung vermeiden. So kann die Digitalisierung wesentliche Beiträge zum Erreichen der weltweiten Klimaziele leisten. Zudem lohnt es sich, einen Schritt zurückzugehen: in die Konzeption der Software. Denn auch die Anwendungen selbst verbrauchen Energie. Man spricht von „Green Coding“, wenn man auch diesen Verbrauch minimiert. Wie sieht dies in der Praxis aus? Hier zwei Beispiele, die der global agierende IT-Dienstleister GFT umgesetzt hat.

1. Aus Daten lernen bei ZF

Die ZF Friedrichshafen AG, ein weltweit tätiger Automobilzulieferer, hatte am Stammsitz in Friedrichshafen mit Lastspitzen von über 28 Megawatt umzugehen. Ein Lastspitzen-Management musste her. Die vom GFT Kompetenzzentrum für Industrielösungen entwickelte Digital-Twin-Plattform Sphinx Open Online (SOO) erhält nun laufend Daten über Stromerzeugung und -bedarf sowie über die Komponenten des Energiesystems und deren komplexe Rahmenbedingungen. Außerdem werden historische Daten, Anwesenheiten der Mitarbeiter, Wetter und Produktionsprogramm fortlaufend abgeglichen. Daraus ergibt sich für jedes Szenario in der Produktion eine Priorisierung der Komponenten, die ab- oder zugeschaltet werden, damit die Lastgrenze nicht überschritten wird.

Herzstück der Lösung ist der digitale Zwilling aller relevanten Anlagen auf Basis von SOO. Hier werden die flexiblen Energieverbraucher und -erzeuger kontinuierlich analysiert. Dank der intelligenten Verknüpfung der aktuellen Daten mit historischen Werten kann das System durch ein KI-gesteuertes Vorhersagemodell autonom auf betriebliche Änderungen, Störungen oder Ausfälle reagieren und selbstständig hinterlegte Lösungsszenarien in die Wege leiten.

Eine Lösung kann beispielsweise sein, energieintensive Prozesse bei einem drohenden Ausfall zu verschieben oder bestimmte Anlagen zeitweise zu stoppen. Die entsprechenden Regeln werden von Experten hinterlegt und regelmäßig mit den betrieblichen Anforderungen abgeglichen.

Peter Jänchen verantwortet bei GFT das Kompetenzzentrum für Industrielösungen, das unter anderem die Entwicklung von SOO vorantreibt. Er kommentiert: „Dieses Beispiel zeigt, dass die IT- und die Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens heute Hand in Hand gehen. Sie müssen gemeinsam geplant werden, denn in Summe ist hier für die meisten Unternehmen noch viel zu holen. Sowohl ökonomisch als auch ökologisch.“

2. Green Coding

Informations- und Kommunikationstechnologie macht aktuell fünf bis neun Prozent des weltweiten Stromverbrauchs aus, denn alles, was wir auf einem Computer tun, erzeugt Treibhausgase. Wegen der schnell voranschreitenden Digitalisierung werden es 2030 laut Schätzungen des Energieberatungsunternehmens Enerdata sogar bis zu 21 Prozent sein. Zahlen geben jedoch kaum wieder, um welche Dimensionen es hier geht. Experten schätzen, dass eine Google-Suche circa 0,2 Gramm CO2 freisetzt. Wollte man die Emissionen für alle Suchanfragen eines Jahres durch das Pflanzen von Bäumen kompensieren, müsste man etwa 40 Millionen Bäume pflanzen. Hier liegt Einsparpotenzial: Gestalten Entwickler den Code nur ein klein wenig energieeffizienter, ist durch den Skalierungseffekt extrem viel zu holen.

Grüne IT ist in Fachkreisen bereits länger ein Begriff und bezeichnet primär die Optimierung der Hardware, beispielsweise in den Rechenzentren. Das jedoch greift heute nicht mehr weit genug, denn ein Großteil des Energiebedarfs und der Emissionen wird durch die zugrundeliegende Software bestimmt. GFT möchte mit einem neuen Ansatz Nachhaltigkeit und Software zusammenbringen. Dafür hat das Technologieunternehmen die Initiative „Green Coding“ gestartet. Die Idee dahinter ist simpel, doch effektiv: Software umweltfreundlicher konzipieren, entwickeln und betreiben, um auf einen „Null-Emissions-Code“ hinzuarbeiten.

Ziel ist, die Emissionen während des gesamten Lebenszyklus von Software zu analysieren und daraus eine Methodik zur Messung und Berichterstattung zu entwickeln. Diese teilt das Unternehmen mit Partnern, wie zum Beispiel Providern, Anwendern und Universitäten. Das soll die Unternehmen und Institutionen dabei unterstützen, ihren CO2-Fußabdruck nachhaltig zu reduzieren. Getreu dem Motto „Practice what you preach“ will GFT selbst bis 2025 weltweit klimaneutral sein.

Grüne IT: Nachhaltigkeit, die gefördert wird

Für alle, die noch über den Kostenfaktor eines softwarebasierten Energiemanagements nachdenken, gibt es positive Nachrichten. Die GFT Plattform SOO ist seit kurzem förderfähig. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) – eine Bundesoberbehörde des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) – fördert energieeffiziente Techniken sowie Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur stärkeren Nutzung von erneuerbaren Energien.

„Förderfähig sind unter anderem der Erwerb, die Installa­tion und die Inbetriebnahme von Softwarelösungen zur Unterstützung eines Energiemanagementsystems oder Umweltmanagementsystems“, erklärt Peter Jänchen. „Und dazu gehört eben auch Sphinx Open Online.“

Grüne IT
KI und Daten nutzen: Analysen und Prognosen können dazu beitragen, die Produktion zu optimieren und Ressourcenverschwendung zu vermeiden. Bild: Peter Atkins/Adobestock

Es gibt, neben der Energieeffizienz und dem Kostenfaktor, natürlich noch weitere Gründe für Unternehmen, nachhaltiger zu werden: Um Optimierungspotenziale in der Ressourcennutzung zu identifizieren, die Mitarbeiter für das Thema zu sensibilisieren oder auch um die eigene Markenstärke auszubauen. Aber egal, welcher Antrieb dahintersteckt – Hauptsache ist, es gibt einen. Für die digitale, nachhaltige Welt von morgen und eine Fertigungsumgebung, die wesentliche Herausforderungen der Zukunft nicht nur meistert, sondern voraussieht.

Die Autorin Anke Roser ist Head of Marketing & Communications Germany bei GFT.


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