08.12.2021 – Kategorie: Fertigungs-IT
Fertigungsindustrie: Der Status Quo der digitalen Transformation
Der Business-Software-Anbieter IFS stellte im Frühjahr eine neue Cloud-Plattform vor, auf der er sein gesamtes Produktportfolio vereint.
Was das Besondere an dieser Lösung für die Fertigungsindustrie ist, welche Trends es im Bereich ERP gibt und welche Rolle dabei KI spielt, erläuterte uns Antony Bourne, Senior Vice President Industries bei IFS.
Digitale Transformation in der Fertigungsindustrie
Wie weit ist Ihrer Meinung nach die Fertigungsindustrie bei der digitalen Transformation?
Antony Bourne: Die Fertigungsindustrie und insbesondere der Mittelstand bilden traditionell das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. In den letzten Jahren haben sie die digitale Transformation vorangetrieben und hierfür Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz, Machine Learning und Robotik implementiert.
Im internationalen Vergleich besteht jedoch vielerorts noch Nachholbedarf. Zudem hat die Pandemie auch einige bestehende Lücken in den verschiedenen digitalen Prozessen aufgedeckt – und den verstärkten Bedarf an Lösungen mit Robotic Process Automation für ein höheres Effizienz-Level sichtbar gemacht. Nun, da die Wirtschaft nach den Belastungen der Pandemie Fahrt aufnimmt, geht es nicht mehr nur um Technologien, sondern vor allem auch um digitale Strategien für mehr Resilienz und Flexibilität in einer zunehmend volatilen Geschäftswelt.
Was sind die wichtigsten Trends bei ERP für die Fertigungsindustrie?
Bourne: Viele Fertigungsunternehmen fokussieren sich zunehmend auf Servitization und erschließen so zusätzliche Ertragsquellen. Sie modifizieren ihr Geschäftsmodell teils durch Erweiterung, teils auch durch Ersatz des reinen Produktverkaufs durch Services, um neue Kundengruppen zu gewinnen.
Hinzu kommt der Trend weg von ressourcenintensiven hin zu nachhaltigen Produktionsmodellen, bei denen Ressourcen beziehungsweise Materialien möglichst lange wiederverwendet werden. Immer mehr produzierende Unternehmen stellen ihr System auf Kreislaufwirtschaft um.
Die richtige ERP-Software ist entscheidend
Wie gut kann ein modernes ERP-System auf die Bedürfnisse der Produktion eingehen?
Bourne: Die Geschäftsprozesse werden gerade in der Fertigungsindustrie immer aufwändiger. Das bedeutet: Die entsprechende ERP-Software muss umso einfacher gestaltet sein, um diese Komplexität zu durchbrechen. Eine ‚Composable Architecture‘ auf Basis offener Schnittstellen erleichtert Unternehmen die Anbindung ihrer Kernanwendungen an verschiedene Plattformen, Tools und Datenressourcen – einschließlich der Option, bedarfsgerechte Erweiterungen vorzunehmen. Hersteller benötigen zudem Zugang zu innovativen Technologien, wann immer sie diese benötigen, um künftigen Entwicklungen gelassen entgegensehen zu können, zum Beispiel der Überalterung der Arbeitnehmerschaft, der man unter anderem mit Augmented-Reality-Lösungen begegnen kann.
Wie lässt sich das Zusammenspiel einer ERP-Lösung mit anderen Systemen, zum Beispiel einem MES oder einer Werkzeugverwaltung, reibungslos gestalten?
Bourne: Integration gehört zu den maßgeblichen Eigenschaften jeglicher ERP-Lösung. Mithilfe eines zeitgemäßen ERP-Systems mit offenen APIs lassen sich einzelne Anwendungen nahtlos in das Ökosystem integrieren, sodass sich auch der Aufwand bei der Implementierung weiterer neuer Systeme reduziert. Eine einfache Anbindung, Erweiterung oder Integration unterschiedlicher Lösungen an den ERP-Kern ist damit einfach möglich – oft sogar über eine simple Standardintegration.
Fertigungsindustrie und KI
Welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz (KI) in aktuellen und künftigen ERP-Anwendungen für produzierende Unternehmen?
Bourne: ERP-Systeme mit künstlicher Intelligenz können Geschäftsprozesse smart automatisieren und ihre Effizienz verbessern. So können den Beteiligten ein bestimmtes Aufgabenpotenzial abgenommen und ihre Arbeit insgesamt nach konkreten Kriterien erleichtert werden.
Viele Fertigungsunternehmen setzen bereits auf KI-Lösungen. Jetzt geht es darum, diese Technologien noch stärker in die bestehenden Prozesse der jeweiligen ERP-Umgebung zu integrieren und das Business damit insgesamt zu optimieren. Dabei muss stets ein klar erkennbarer Mehrwert entstehen, damit eine solche Integration auch bei weniger technikaffinen Anwendern auf Akzeptanz stößt.
IFS hat im Frühjahr mit IFS Cloud eine neue Plattform vorgestellt. Was ist das Besondere an dieser Cloud-Plattform?
Bourne: IFS Cloud kombiniert innovative Funktionen in den Bereichen ERP, Service Management und Enterprise Asset Management. Die Basis hierfür bilden eine Technologieplattform und ein zentrales Datenmodell. IFS Cloud sorgt für ein durchgehend hochwertiges Nutzererlebnis, denn sämtliche enthaltenen Lösungen sind miteinander kompatibel und sofort einsatzbereit. Die gesamte Lösung kann auf den individuellen Bedarf abgestimmt werden, sodass Anwender ihre bestehende Software problemlos auf
IFS Cloud ausweiten können.
Maßgeschneiderte Lösung in der Cloud
Welche Mehrwerte bietet die IFS Cloud Kunden in der Fertigungsindustrie?
Bourne: IFS Cloud bietet das ganze Spektrum der IFS-Funktionen mit maßgeschneiderten Lösungen für verschiedene Branchen. So beinhaltet die erste Version von IFS Cloud branchenspezifische Lobbys – und es wird weitere Spezifikationen dieser Art geben. Jede Lösung von IFS soll dem Nutzer das Gefühl geben, sie sei eigens für sein Betätigungsfeld konzipiert.
Weiterhin bietet die IFS Cloud dieselbe einheitliche Architektur für Fertigungsindustrie-spezifische EAM- und ERP-Angebote wie das Field Service Management. Damit haben die Anwender umfassende Kontrolle über Produkt-, Lebens- und Kundenzyklus auch für die Bereiche Aftermarket-Service, Garantieleistungen, Wartungsverträge oder Abo-basierte Optionen.
Was sind die größten Unterschiede beim Kauf, der Implementierung und dem Betrieb der IFS-Cloud-Plattform im Vergleich zu traditionellen Software-Lösungen?
Bourne: IFS Cloud macht die Anschaffung, Implementierung und permanente Aktualisierung von Enterprise-Software einfacher und kostengünstiger. Unternehmen können mühelos skalieren und neue Funktionen wie zusätzliche Module hinzufügen – ohne dass es zu einem hohen Integrationsaufwand kommt. Funktionalitäten lassen sich unmittelbar in die IFS Cloud-Architektur einbetten und können nativ über alle weiteren IFS-Produkte und Branchen ausgeweitet werden. Unsere Kunden profitieren so von Technologien wie Machine Learning, Augmented und Mixed Reality, KI und IoT – einsatzbereit ab Lieferung, ‚out of the box‘.
Und anstelle komplexer Aktualisierungen, die viele potenzielle Anwender von der Nutzung innovativer Möglichkeiten abschrecken, bieten wir jährlich zwei Updates. Unsere Kunden können dabei auf die neueste Variante umsteigen, wenn sie dafür bereit sind.
Wie die Cloud die Fertigungsindustrie beim Wandel unterstützt
Inwieweit hilft die IFS Cloud beim Umstieg auf digitale Geschäftsmodelle?
Bourne: IFS Cloud erlaubt es Unternehmen, schnelle und qualifizierte Entscheidungen auf Basis eines einheitlichen Datenmodells zu treffen. Transformative Technologien lassen sich unmittelbar einsetzen, sodass sie direkt zur Wertschöpfung beitragen. Hersteller können Datenmaterial aus der Unternehmenssoftware, dem IoT oder anderen Quellen abrufen – und mithilfe von Daten ein Machine-Learning-Modell trainieren, das sich über die Zeit immer weiter optimieren lässt.
Wie sehen die Erfahrungen Ihrer Pilotkunden mit der neuen Cloud-Plattform aus?
Bourne: Einige Kunden implementieren IFS Cloud bereits. Davon profitieren nicht nur sie selbst, sondern auch ihre externen Partner. Ihren Angaben zufolge gestaltete sich die Adaption bei diesen Nutzern vor allem wegen der User-Schnittstelle deutlich einfacher; die Amortisierung erfolgte dank der Cloud-Plattform schneller.
Herr Bourne, vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Rainer Trummer, Chefredakteur Digital Manufacturing.
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