24.05.2023 – Kategorie: Produktionsprozesse
ESG-Ziele: Digitale Lieferketten für mehr Klimaschutz
Bei den vielen Krisen gerät das Thema Klimawandel manchmal in den Hintergrund. Dabei ist klar, dass die Umsetzung von Nachhaltigkeit nicht mehr warten kann. So hat das UNO-Klimasekretariat kommuniziert, dass sich mit den aktuellen Klimaschutz- Maßnahmen das 1,5 Grad-Ziel nicht mehr erreichen lässt. Höchste Zeit, dass auch Unternehmen handeln, denn die digitalen Tools dafür sind längst vorhanden.
Nicht nur die Prognosen der Klimaexperten sind beunruhigend. Auch die Stakeholder, allen voran Verbraucher und Mitarbeiter, aber auch zunehmend Investoren, legen immer mehr Wert darauf, dass Unternehmen ESG-Standards einhalten. Aber haben das die Entscheider schon vollumfänglich verstanden? Eine weltweite Umfrage der gemeinnützigen Organisation OCEG unter mehr als 500 Führungskräften ergab: Mehr als drei Viertel von ihnen sind der Überzeugung, dass die Bemühungen hinsichtlich der ESG-Ziele von Unternehmen eine Auswirkung auf deren Image und Marke haben.
ESG-Ziele: Anlagerisiken abwägen
Aber nicht einmal 50 Prozent glauben, dass sie sich auf die Finanzergebnisse auswirken. Und das, obwohl inzwischen sogar große Investoren wie Blackrock kommuniziert haben, dass Nachhaltigkeit für sie ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl von Investments sein wird. Der Grund: Klimarisiken sind Anlagerisiken. Zunächst gilt es also, der Managementebene klarzumachen, dass ESG-Maßnahmen am Ende nicht einfach nur ein Mehr an Arbeit bedeuten, sondern langfristig notwendig sind, um am Markt erfolgreich zu sein – und da geht es nicht nur um Image.
ESG-Maßnahmen spiegeln sich im Firmenerfolg wider
Einen direkten Zusammenhang zwischen ESG und wirtschaftlichem Erfolg konnte eine aktuelle Studie von ThoughtLab und ServiceNow, für die 1.000 Führungskräften in 13 Ländern befragt wurden, herstellen: Die Umfrage zeigte, dass 79 Prozent derjenigen Unternehmen, die zu den Vorreitern bei ESG zählen, auch bessere Finanzergebnisse erzielen. Auch auf das Thema Employer Branding hat Nachhaltigkeit heute schon einen wichtigen Einfluss. Eine Studie von LinkedIn zeigte bereits 2018, dass 75 Prozent der Befragten Gehaltseinbußen in Kauf nehmen, wenn sie dafür in einem Unternehmen arbeiten könnten, das ihre Wertvorstellungen vertritt. Gerade unter den begehrten Nachwuchskräften wird dieser Trend auch immer wichtiger. Ein Ergebnis, das die Managementebene nicht außer Acht lassen sollte.
Transparente Datenlage als Voraussetzung für ESG-Ziele
Damit die Unternehmen am Ende auch wirklich konkrete Ergebnisse an der Hand und nicht nur schöne Phrasen auf der Webseite stehen haben, müssen messbare Ergebnisse das oberste Ziel sein. Und genau hier liegt das Problem. Denn es müssen die Daten aus der gesamten Lieferkette vorliegen und mit entsprechenden digitalen Tools ausgewertet werden, um hier valide Ergebnisse zu erzielen. Entscheidend für den Erfolg ist dabei, wie gut die Unternehmen auf die Daten ihrer Zulieferer und deren Lieferanten zugreifen können. Je nachdem, wie weit Organisationen in ihrer digitalen Transformation fortgeschritten sind, findet Datenerfassung vielleicht noch nicht statt, ist nicht vollständig oder nur sehr mühsam aus einzelnen Datenquellen zu entnehmen, die dann zusammengeführt werden müssen.
Die Vorgaben des Gesetzgebers werden strenger
Das wird spätestens mit der Einführung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) im Januar 2023 zum Problem. In Deutschland ansässige Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern müssen dann, zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte, ihre Prozesse entlang der gesamten Lieferkette verbessern und vor allem dokumentieren. Ab 2024 wird die Regelung auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern ausgeweitet. Das bedeutet: Rund 5.000 deutsche Unternehmen werden per Gesetz dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass ihre Lieferanten die Anforderungen erfüllen.
Das LkSG ist für deutsche Unternehmen eine Zäsur – aber dabei wird es nicht bleiben. Die Zeit, um die Klimaerwärmung zu begrenzen, ist knapp. Wir können also davon ausgehen, dass in Zukunft immer mehr Gesetzesvorschriften die Unternehmen zwingen, über ihre ESG-Ziele Rechenschaft abzulegen. Spätestens dann ist ESG kein „Nice-to-have“ mehr, sondern muss notwendiger Bestandteil der Unternehmensstrategie sein.
Die Digitalisierung der Lieferketten
Wollen die Organisationen also auf mehr Transparenz in ihren ESG-Zielen hinarbeiten, müssen sie sich zunächst über einige Rahmenbedingungen klarwerden und folgende Fragen stellen: Welche Daten brauchen wir und wie können wir sie sammeln? Mit welchen Systemen verarbeiten wie sie? Wie können wir die Ergebnisse in einem übersichtlichen Bericht visualisieren? Je weiter Unternehmen in ihrer Digitalisierungsstrategie bereits sind, desto einfacher können sie diese Fragen beantworten. Die Realität zeigt aber, dass hier immer noch großer Nachholbedarf bei deutschen Unternehmen besteht.
Laut der Umfrage „Digital Trends in Supply Chain“ der Unternehmensberatung PwC verfügt nach eigenen Angaben nicht einmal ein Viertel der Supply-Chain-Verantwortlichen über die notwendigen digitalen Fähigkeiten für die Digitalisierung ihrer Lieferketten. Fast 30 Prozent gaben an, dass Software- und Hardwaredefizite ihre Analysefähigkeit einschränken. Dabei würde genau die Digitalisierung der Lieferkette auch bei der Umsetzung der ESG-Ziele unterstützen. Denn digitale Workflows helfen Herstellern, ihre ESG-Leistung zu verbessern, Ziele schnell zu identifizieren und sicherzustellen, dass sie erreicht werden. Darüber hinaus machen automatisierte, in bestehende Systeme integrierte Tools es möglich, relevante Daten in Echtzeit nachzuverfolgen und rascher zwischen Herstellern und Zulieferern weiterzugeben.
ESG-Ziele: Weniger Silo und mehr einheitliche Lösungen
Eine Möglichkeit, um hier für Erleichterung zu sorgen, bieten einheitliche Softwarelösungen. Sie helfen den Unternehmen, die nachhaltigkeitsbedingten Herausforderungen zu bewältigen. Denn auf diese Weise können die Organisationen gleich mehrere Schwierigkeiten gleichzeitig aus dem Weg räumen, die üblicherweise Fortschritte aufhalten. So helfen einheitliche Lösungen, Bürokratie abzubauen und den eigenen Sorgfaltspflichten nachzukommen. Alle beteiligten Parteien – also auch Lieferanten und Partner – können über die einheitliche Plattform zusammenarbeiten und ihre Daten in Echtzeit austauschen.
Das schafft Transparenz: Die Lieferkette, bislang eher Synonym für schleppende Prozesse und unübersichtliche Datenlagen in Silos, wird so zu einem agilen, digitalen Netzwerk, in dem alle Punkte miteinander verknüpft sind und sich alle ESG-Maßnahmen optimal verfolgen, steuern und messen lassen. Ist diese Grundlage geschaffen, können Unternehmen dann zunächst den Status quo in Sachen ESG erfassen, daraus Verbesserungsmaßnahmen ableiten und jederzeit kontrollieren, wie deren Umsetzung läuft – und sie gegebenenfalls im laufenden Prozess anpassen. ESG muss also in Zukunft eine Führungsaufgabe werden, die ebenso viel Priorität hat wie die Themen Finanzen, Vertrieb oder HR. Und Unternehmen, die bereits weit fortgeschritten sind bei ihrer digitalen Transformation, haben es bei Umsetzung dieses Anspruchs deutlich leichter.
Der Autor Robert Rosellen ist Area Vice President (Austria and Germany) bei ServiceNow.
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