21.10.2015 – Kategorie: Fertigung, IT

ERP-Integration: APS und MES integriert

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Der Wunsch nach Individualität steigt weltweit und damit die Vielfalt der kundenindividuellen Gestaltung von Produkten. Dies wirkt massiv auf die Fertigungs- und Logistikprozesse der produzierenden Unternehmen – sie fordern, dass das ERP da mitgeht. Von Daniel Rau

Seit über 25 Jahren bietet das Unternehmen abas ein System zum Enterprise Resource Planning (ERP). Ziel ist, Produktionsbetriebe entlang der kompletten Wertschöpfungskette mit einer anpassungsfähigen Unternehmenssoftware in ihren Kernprozessen zu unterstützen, die betrieblichen Ressourcen effektiv zu nutzen und Freiräume für Innovation und Geschäftsentwicklung zu schaffen. Dabei wandeln sich die Anforderungen an die Dynamik und Flexibilität der ERP-Umgebungen auch und gerade unter dem Blickwinkel der Industrie 4.0.
Das ERP-System bietet nicht nur Bausteine für die komplette kaufmännische Abwicklung, für Controlling und Finanzen, sondern darüber hinaus ein Fertigungspaket mit umfangreicher, modularer APS-Funktionalität (APS – Advanced Planning and Scheduling) von der Visualisierung bis hin zu regelbasierter Simulation der Material- und Produktionssituation in Echtzeit. Zur Anbindung der sogenannten Betriebsleitebene können alle gängigen Manufacturing-Execution-Systeme über eine neue Middelware integriert werden.

ERP-gelenkte Produktion

Ein niedersächsischer Automobilzulieferer plant und steuert bereits seit über 20 Jahren die Veredelung von Werkstück-Oberflächen über Schnittstellen zu den Galvanikanlagen und zu den Analyseautomaten. Die Steuerung und Erfassung der Maschinen-Rückmeldedaten an den Produktionsautomaten erfolgt vollautomatisch durch das ERP von abas. Auch die Qualitätssicherung wird über das ERP-System abgebildet. Allerdings dient die Software dem Unternehmen nicht nur als zentrales Werkzeug, um alle Produktionsabläufe zu steuern, denn alle Kernfunktionen der Unternehmenssoftware sind im Einsatz: vom Einkauf über Lagerwesen, Disposition, Waren- und Materialwirtschaft bis zum Verkauf mit Auftrags- und Rechnungswesen.
Der norddeutsche Galvanikbetrieb deckt das ganze Portfolio der Oberflächentechnik ab wie galvanische Beschichtungen mit Zink, Zink-Nickel, Zink-Eisen, Hartchrom, Nickel, Zinn, Zinn-Silber, Phosphatierung, Silber, Kupfer oder auch chemisches Vernickeln, Polieren, Schleifen, Beizen und Ölen. Heute beschäftigt das Unternehmen 135 Mitarbeiter im Dreischichtbetrieb; zu den Kunden zählen Unternehmen der Automobil-, Elektro- und Elektronikindustrie sowie des Maschinen- und Nutzfahrzeugbaus.

Optimierung in der Fertigung

Bis Anfang der neunziger Jahre setzte der Veredler eine betriebswirtschaftliche Software von Siemens ein. Die Lösung war individuell programmiert. Gestiegene Anforderungen an das Programm und damit notwendige Anpassungen hätten den Einsatz jedoch unverhältnismäßig verteuert. Man beschloss, ein neues ERP-System zu suchen, das in puncto Preis/Leistung zu dem Mittelständler passte und entschied sich 1994 für die ERP-Software von abas, die standardmäßig schon relativ viele der verlangten Anforderungen abdeckte. Dass diese Entscheidung richtig war, zeigte sich in den Folgejahren, in denen die Flexibilität des Systems und das Know-how eines zuverlässigen Beratungspartners immer wieder gefragt waren. Alle individuellen Anpassungen bei Einführung des ERP-Systems übernahm der Berliner Vertriebspartner abas System.
Der Galvanikbetrieb ist in den letzten zwanzig Jahren kontinuierlich gewachsen und die Prozesse, insbesondere die Produktionssteuerung sowie die Qualitätskontrolle, wurden stets weiterentwickelt und optimiert, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die hohen Produktionskosten am Standort zwangen immer wieder zur Optimierung der Betriebsabläufe.
Das ERP übernimmt die Organisation der Produktion im Galvanotechnik-Betrieb. Dazu zählen die Bereitstellung von Fertigungsvorschlägen sowie Betriebsaufträgen, die Kapazitätsplanung, Rückmeldungen, editierbare Auftragsfertigungslisten oder manuelle Fertigungsbuchungen im System. Am Anfang eines Auftrags steht immer die Anlieferung von Teilen, die für einen Kunden bearbeitet werden sollen. Dies können lediglich eine Handvoll oder auch eine ganze LKW-Ladung sein. Im Wareneingang wird die Lieferung auf Menge und Zustand überprüft und alle notwendigen Daten werden in der ERP-Software erfasst, dabei erhält jeder Behälter einen Begleitschein mit allen für die Produktion relevanten Informationen. Nicht nur diese Wareneingangsprüfung, sondern auch alle weiteren Bearbeitungsschritte sind in der Software rückmeldepflichtig. Dieser Automatismus stellt sicher, dass alle Prüfungen und Arbeiten vollständig sowie in der richtigen Reihenfolge erledigt werden und dient unter anderem als Nachweis für den Kunden.
Zu jeder Charge erfasst das System Daten, mit denen die Arbeitspläne und Betriebsaufträge angereichert werden. In jedem laufenden Auftrag sind also alle nötigen Informationen über abgeschlossene Bearbeitungsschritte der Charge enthalten und diese ist an allen Bearbeitungsstationen verfügbar.
Auf Basis der Arbeitspläne entstehen zudem Wochenpläne für die Produktion. Grundlage dafür bilden ebenfalls die Daten aus dem ERP. Alle Aufträge im Unternehmen sind mit Warenpapieren unterwegs, die Barcodes enthalten und an jeder Bearbeitungsstelle per BDE (Betriebsdatenerfassung) eingelesen werden. So ist jederzeit nachvollziehbar, wo sich eine Charge befindet, welche Bearbeitungsschritte bereits ausgeführt wurden und welche noch anstehen.
Wie wichtig diese Begleitscheine sind, wird auch dadurch deutlich, dass für die einzelnen Bearbeitungsschritte an den Beschichtungsanlagen bis zu 49 Parameter anzugeben sind.

Anlagen effizient steuern

Die Erfassung der Maschinen-Rückmeldedaten an den Produktionsautomaten erfolgt vollautomatisch durch das ERP. Das System zeigt die aktuellen Betriebsaufträge an und erstellt gleichzeitig einen Plan für die Abarbeitung. Der Maschinenbediener sieht so, welche Aufträge er in welcher Reihenfolge bearbeiten muss, damit eine möglichst optimale Auslastung der Anlage erfolgt. Bei den Galvanikanlagen muss außerdem auf die richtige Befüllmenge für die zu bearbeitenden Teile geachtet werden. Dazu ist eine Waage mit dem ERP-System gekoppelt. Sie wiegt automatisch die richtige Menge ab. Die notwendigen Informationen sind ebenfalls in der ERP-Software hinterlegt und werden nach Einlesen des Barcodes abgefragt.
Nach Bearbeitung des Auftrags werden alle Bestände im System zurückgemeldet. Dieses System stellt sicher, dass im Dispositionsbüro jederzeit der Bearbeitungsstand abrufbar ist. Dabei ist die aktuelle Belegung der Galvanikbäder über Online-Schnittstellen nachvollziehbar.
Wesentliche Punkte für die gleichbleibende Bearbeitungsqualität sind auch die Verwaltung der galvanischen Parameter und die Steuerung der Galvanikbäder durch das ERP-System. Alle Parameter, beispielsweise die Ansteuerung der Pumpen, sind im ERP hinterlegt. Die Zugaben erfolgen vollautomatisch. Und auch hier werden Proben nach Vorgaben entnommen und die Ergebnisse des Analyseautomaten im ERP-System verwaltet.
Die Qualität der Oberflächen von Teilen kann unter Umständen bei Produkten große Auswirkungen auf deren Funktion und Eigenschaften haben. Beispielsweise ist es für die Automobilindus­trie unabdingbar, dass auch nach Jahren nachvollziehbar ist, wann und wie ein Teil oder eine Charge galvanisiert wurde. Der Zulieferer stellt daher durch eine automatische Steuerung der Analysen mit Optimierung der Bäder per ERP sicher, dass die Bearbeitungsqualität den Vorgaben entspricht und dies auch dokumentiert ist. Pro Fertigungslos lassen sich auf Wunsch Einzelnachweise erstellen.Bei Bedarf werden diese für mindestens zehn Jahre archiviert. Auch hierfür sind alle Daten bereits in der Unternehmenssoftware hinterlegt, die die entsprechenden Nachweise und Begleitpapiere für den Kunden liefern. Auf diese Weise kann das Unternehmen selbst nach Jahren belegen, mit welchen Qualitäts- und Fertigungsparametern die Aufträge ausgeführt wurden.

Integration des CAQ

Je nach Prüfvorgabe und -plan werden die Teile im QS-Labor meist stichprobenartig überprüft. In die Qualitätskontrolle eingeschlossen sind unter anderem Messungen der Schichtstärken der Oberflächen. Diese Daten sind in der CAQ-Software Babtec.Q verfügbar. Über eine Integration werden die Ergebnisse an das ERP übertragen. Die abas Software bietet hierfür offene APIs, über die sich 3rd-Party-Anwendungen wie CAD- oder CAQ-Systeme integrieren lassen.
Ein weiteres Beispiel für die Flexibilität von abas ERP ist die Anbindung der Software an das Logistiksystem Ames-T von Volkswagen. Sie dient einer prozess­orientierten Optimierung der Beschaffungslogistik von VW mit den Zulieferern und verbindet DV-gestützte Elemente der Disposition mit der Steuerung des Materialflusses. jbi  

Daniel Rau arbeitet im Corporate Product Management bei abas Software in Karlsruhe.


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