24.06.2013 – Kategorie: Branchen, Technik

Elektronik, Informatik und Mechanik im Zusammenspiel

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Mechatronik ist mittlerweile ein etabliertes Fachgebiet und kaum eine Maschine oder Anlage kommt mehr ohne Elektronik oder computergesteuerte Bestandteile aus. Dadurch kann beispielsweise das Ineinandergreifen einzelner Komponenten wie Industrieroboter, Förderbänder und Maschinen in Fertigungsstraßen perfekt aufeinander abgestimmt und auf diese Weise die Taktzeiten optimiert werden. Auch neue intelligente Sortiervorgänge sind durch das Zusammenspiel von computergesteuerter Mustererkennung und Mechanik möglich geworden.

Doch durch das Zusammenwirken der unterschiedlichen Bereiche muss auch in der Produktentwicklung vermehrt ganzheitlich vorgegangen werden. Die Automobilindustrie hat hier eine Vorreiterrolle, und die Entwicklungsergebnisse wie ABS oder ESP sind nahezu in jedem Auto zu finden. Doch auch in anderen Bereichen der Maschinenbauindustrie, etwa dem Anlagen- oder Kraftwerksbau, wird angesichts immer komplexer werdender Konstruktionen eine disziplinübergreifende Produktentwicklung immer wichtiger. Bei einer ganzheitlichen Produktentwicklung kann die Expertise der Spezialisten aus allen Fachbereichen in den Entwurf mit einfließen, sodass sich Kommunikationsvorgänge und Arbeitsprozesse vereinfachen. Maschinenbauunternehmen müssen unter hohem Zeit- und Kostendruck arbeiten und stehen dabei unter ständigem Innovationsdruck, um sich im Wettbewerb behaupten zu können. Die Kunden wiederum fordern Komponenten und Systeme, die sich durch kleinen Bauraum, geringe Masse, große Leistungsfähigkeit, umfangreiche Funktionalitäten, hohe Zuverlässigkeit sowie einfache Installation bei geringen Kosten auszeichnen. Gerade dann, wenn individuelle Lösungen ganz nach den Bedürfnissen der Kunden hergestellt werden müssen, ist eine reibungslose Entwicklungsphase unerlässlich. Oft ist wenig Zeit für den Bau von Prototypen, einzelne Baugruppen sollten auf Anhieb zusammenpassen und funktionieren. Fehlplanungen müssen daher um jeden Preis vermieden werden, denn diese haben teure Nacharbeiten und Projektverzögerungen zur Folge. Doch gerade das Zusammenspiel von Elektronik und Mechanik ist bei der Konstruktion nicht ganz trivial. So muss beim mechanischen Aufbau einer Maschine schon bei der Entwicklung der Platz berücksichtigt werden, den die Elektroniker und Steuerungstechniker für ihre Kabelbäume und Bussysteme benötigen. Da diese elektrischen und mechanischen Komponenten sowie deren Zusammenhänge in mechatronischen Systemen einen äußerst komplizierten Aufbau haben, kann auf Elektro-CAE-Software mittlerweile nicht mehr verzichtet werden. Denn ohne genaue Visualisierung dieser Zusammenhänge durch solche Programme wären diese komplexen Systeme bei der Planung und Projektierung elektrotechnischer Steuerungen und Anlagen nicht mehr zu überblicken.

Elektro-CAE-Software ist unerlässlich

Elektro-CAE-Software, beispielsweise AutoCAD ecscad, erleichtert Elektroingenieuren die Arbeit, indem sie mechanische Konstruktionen mit schematischen Darstellungen der Elektrokonstruktion verbindet. AutoCAD ecscad basiert auf der 2D-Konstruktionssoftware AutoCAD. CAD-Zeichnungen von Maschinen, Anlagen oder dem Aufbau eines Schaltschranks können deshalb 1:1 in die Software eingelesen und damit zur Elektroplanung verwendet werden. Neben einem abstrahierten Stromlaufplan erstellt der Elektroingenieur mit der Software ebenso Aufbau- und Anschlusspläne und erhält auf Knopfdruck sämtliche Übersichten wie Stecker- und Klemmenpläne sowie Stück- und Kabellisten. Dazu gehört auch das schnelle und fehlerfreie automatische Erstellen von Dokumentationen. Die Online-Logikprüfung hilft, Fehler von Anfang an zu vermeiden. Die Elektroingenieure sind bei der Arbeit mit dem Toolset für die Elektrokonstruktion an keinerlei Reihenfolge gebunden. So können sie selbst entscheiden, ob sie bei der Planung mit dem Stromlaufplan beginnen oder zunächst den Aufbauplan im Schaltschrank erstellen.

Die Verwaltung der Pläne, Dokumente und Bauteile erfolgt in einer Datenbank, sodass Änderungen oder Querverweise sofort in allen anderen Dokumenten übernommen werden. Gerade bei der Planung von Automatisierungs-, Mess- und Steuerungstechnik kommen hier viele Informationen zusammen. So lässt sich nicht nur der Überblick über alle Daten eines Projekts behalten, es werden auch Fehler durch veraltete Zeichnungen und Pläne vermieden. Die Anbindung an Microsoft Access und die VBA-Schnittstelle erlauben es auch, eigene Anpassungen vorzunehmen, etwa die Programmierung von Standardabläufen. So lässt sich beispielsweise ein automatischer Schaltplan-Generator erstellen, der mit wenigen Klicks Pläne selbst erzeugt. Eine integrierte Fremdsprachentabelle ermöglicht das schnelle Übersetzen von Plänen. So können Pläne unkompliziert in andere Sprachen übertragen werden, was die Zusammenarbeit mit Kollegen an anderen Standorten und Kunden und Zulieferern auf der ganzen Welt erleichtert.

Eine Dimension mehr

Elektro-CAE-Software gehört mittlerweile zum Standardwerkzeug eines jeden Elektroingenieurs. Immer wieder ein kritischer Punkt ist gerade bei der Elektronikkonstruktion von Maschinen das Einpassen der elektronischen Komponenten in die mechanischen Baugruppen. Hier gibt es große Risiken für Fehler: So werden oft Bohrlöcher vergessen, die Kabelführungen sind zu schmal oder Kabel werden zu stark gebogen. Diese Fehlplanungen zeigen sich meist erst bei der Montage des ersten Prototyps und ziehen oft einen langwierigen und teuren Nachbesserungsprozess mit zahlreichen Korrekturschleifen nach sich. Ein digitaler 3D-Prototyp, der schon vor dem ersten Bau alle Eigenschaften der mechanischen Konstruktion zeigt, kann diese Risiken vermeiden. Auch die Verkabelung muss in dieses 3D-Modell integriert sein. Aus diesem Grund besitzt AutoCAD ecscad eine bidirektionale Schnittstelle zu Autodesk Inventor. Mit der 3D-Konstruktionssoftware können digitale Modelle aus unterschiedlichen Perspektiven visualisiert sowie physikalische Eigenschaften wie Masse oder Trägheitsmomente ermittelt werden. Die Lösung basiert auf der parametrischen Konstruktionsweise, bei der Änderungen automatisch in Baugruppen und Zeichnungen angepasst werden. Eine bidirektionale Schnittstelle erlaubt, die Informationen aus AutoCAD ecscad in Autodesk Inventor einzulesen, zu bearbeiten und wieder in ecscad zu nutzen.

Diese beiden Lösungen sind auch in der Autodesk Product Design Suite enthalten, einem umfassenden Softwarepaket für den Bau digitaler Prototypen. Daneben enthält die Suite unter anderem auch Autodesk Inventor Routed Systems zur Modellierung von Kabeln und Kabelbäumen sowie Schlauch- und Rohrleitungssystemen. Damit und mit AutoCAD ecscad kann am digitalen Modell einer Maschine auch die Verkabelung abgebildet werden. So stellen die Konstrukteure fest, ob die Kabelführungen und Bohrlöcher groß genug sind oder ob der Entwurf noch angepasst werden muss. Gerade bei komplexen Konstruktionen sind diese Details oft schwer zu erkennen, weshalb mit Autodesk Inventor auch eine automatische Kollisionsprüfung möglich ist. Die 3D-Konstruktionssoftware simuliert zudem die Bewegungen der Maschine, sodass geprüft werden kann, ob ein Kabel stärker als mit dem vorgeschriebenen Biegeradius gebogen wird. Das würde zu Materialermüdung und Kabelbrüchen und durch Ausfallzeiten und Reparaturen zu vermeidbaren Kosten führen.

Autodesk Inventor berechnet nach dem Import der AutoCAD-ecscad-Dateien die Länge der einzelnen Kabel – eine Information, die aus den schematischen Plänen von AutoCAD ecscad nicht hervorgeht und normalerweise erst durch Abmessen der Kabel am Prototyp herausgefunden werden kann. Diese Methode ist allerdings sehr umständlich und fehleranfällig, weil etwa Maße falsch erfasst werden. Kurzfristige Änderungen an der Konstruktion nach dem Ausmessen führen ebenfalls dazu, dass die Kabellängen nicht mehr korrekt sind. Bei mehreren Verkabelungsmöglichkeiten berechnet Autodesk Inventor außerdem die beste Variante, sodass möglichst wenig Material verwendet werden muss. Angesichts des vorherrschenden Kostendrucks ist dabei jeder eingesparte Zentimeter entscheidend. Die ermittelten Kabellängen werden in AutoCAD ecscad übernommen und können dort ebenfalls verwendet werden. Das ist vor allem für die Erstellung von Stück- und Kabellisten wichtig, die dann nicht nur angeben, welche Komponenten für den Bau der Verkabelung notwendig sind, sondern auch gleich, in welcher Länge. Das erleichtert wiederum den Einkauf der notwendigen Materialien.

Immer auf dem aktuellen Stand

AutoCAD ecscad besitzt ebenfalls eine Schnittstelle zur Produktdaten-Manangement-Lösung Autodesk Vault. Die Anbindung an ein unternehmensweites PDM-System ist ein weiterer Aspekt für ein reibungsloses Zusammenspiel von Mechanik und Elektronik. Durch die zentrale Verwaltung haben nämlich alle Projektbeteiligten Zugriff auf die jeweils aktuellste Dateiversion einzelner Pläne und Modelle. So arbeiten Konstrukteure und Elektroingenieure am selben Modell, Fehler durch veraltete Modelle oder Änderungen, von denen die jeweilige „andere Seite“ nichts wusste, werden dadurch vermieden. Ein PDM-System hilft, die Qualitätsstandards einzuhalten und ermöglicht klare Verantwortlichkeiten, effiziente Prozesse sowie definierte Schnittstellen in der Entwicklung mechatronischer Systeme.

Mit der Verbindung von AutoCAD ecscad und Autodesk Inventor gelingt der Brückenschlag von der Elektronik zur Mechanik. Alle Beteiligten arbeiten an einem zentralen digitalen Prototyp, der mögliche Schwachstellen und Kollisionen zwischen Baugruppen und anderen Komponenten aufzeigt. So rückt das Ideal einer rein digitalen Produktentwicklung ohne reale Prototypen immer mehr in greifbare Nähe und minimiert das Risiko von Fehlern, langwierigen Korrekturdurchläufen mit mehreren Prototypen und teuren Nacharbeiten. Außerdem sind die Unternehmen damit in der Lage, immer neue innovative Technologien zu entwickeln – und sich so entscheidende Wettbewerbsvorteile zu sichern. (anm)

Der Autor, Wolfgang Lynen, war bis 2012 EMEA Manufacturing Marketing Manager bei Autodesk und ist jetzt im Ruhestand.


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