15.03.2023 – Kategorie: Digitalisierung

Digitales Shopfloor-Management: So erarbeiten Sie sich Wettbewerbsvorteile

Digitales Shopfloor-ManagementQuelle: Nataliya Hora/Adobestock

Effizient und flexibel – das ist die Devise für Unternehmen. Denn Interessenten wünschen sich zunehmend individualisierte Produkte und diese steigern die Komplexität, gerade in der Produktion. Trotzdem sollten Anbieter dabei die Kosten im Blick behalten. Durch intelligente Shopfloor-Lösungen wird dies möglich.

Digitales Shopfloor-Management in der Praxis: Frühere Produktionsverfahren setzten häufig ausschließlich auf Kostenreduktion durch Skaleneffekte. Individuelle Kundenwünsche zählten nicht. Wohl wenige Sätze bringen dies so klar zum Ausdruck wie das Henry Ford zugeschriebene Zitat, man könne den Ford in jeder Farbe kaufen, solange er schwarz sei. Doch als Ford 1908 das Modell T einführte, waren Pferdekutschen noch gängig und er wurde durch seine erschwinglichen Autos vom Fließband zum Quasimonopolisten. Der Preis zählte mehr als Individualität. Bei den heutigen Wünschen wäre die Aussage jedenfalls undenkbar – Interessenten konfigurieren ihr Auto am heimischen Rechner – weit über die Farbwahl hinaus. Dabei ist der Autokauf nur ein Spiegelbild des allgemeinen gesellschaftlichen Wandels.

Digitales Shopfloor-Management: Fertigungsinseln verdrängen Fließband

Die individuellen Wünsche erhöhen die Komplexität der Produktion in nahezu allen Branchen. Klassische Fließbänder können die Umsetzung bis hinunter zur Losgröße eins jedoch nur teils oder gar nicht abbilden. Im vierjährigen Forschungsprojekt Smart Face – durchgeführt vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik – suchten Wissenschaftler und Praktiker daher gemeinsam Konzepte für die Zukunft. Die erdachte Lösung ist dabei simpel: Auf starre Anordnungen der Montage wie an einem Fließband wird verzichtet. Stattdessen durchläuft das zu erstellende Produkt eigenständig seinen Weg von Maschine zu Maschine.

Die Maschinen sind dazu in abgeschlossenen Fertigungsinseln gruppiert. Die für den nächsten Fertigungsschritt benötigten Materialien stehen an der jeweiligen Fertigungsinsel rechtzeitig bereit – etwa ein spezieller Sportsitz für ein individuell zusammengestelltes Auto. Durch Sensorik und IoT-Technologie „weiß“ das System stets, wo sich das Produkt und die im nächsten Schritt benötigten Materialien befinden. Die rechtzeitige Anlieferung der Vorprodukte wird über autonome Transportmittel sichergestellt. Die übergeordnete Planung der Produktionsabfolge übernehmen sogenannte „Agenten“ – Software, die mögliche Planungsszenarien durchspielt und sich für das beste Szenario entscheidet.

Technik ist da, aber die Umsetzung nicht trivial

Diese komplett autonome Produktion ist gegenwärtig jedoch noch Zukunftsmusik und das Projekt Smart Face soll aufzeigen, welche Potenziale durch Vernetzung entstehen können. Das Gute: Viele Elemente von Smart Face lassen sich mit heutiger Technik bereits umsetzen. Mit passender Sensorik und IoT-Techniken ist es ohne weiteres möglich, Fabrikat und Vorprodukte zeitglich an die Produktionsinsel zu bringen. Die IT muss hierzu Daten wie Standort des Fabrikats und der Vorprodukte erfassen und miteinander abgleichen.

Das erstmalige Aufsetzen der Technik ist aber nicht trivial. Viele Devices müssen miteinander kommunizieren, Sensoren und Aktuatoren in das Netzwerk eingebunden werden. Die Folge: Etliche Geräte und Anwendungen laufen simultan. Alle reden durcheinander. Oft auch noch in verschiedenen Sprachen. Das Sprachproblem ist durch den gemeinsamen Standard OPC-UA – gewissermaßen ein Esperanto für Maschinen – mittlerweile weitgehend gelöst. Doch selbst bei einer einheitlichen Sprache fehlt den Devices die Intelligenz, sich untereinander zu verständigen. Die Orchestrierung muss daher ein „Moderator“ übernehmen.

Bei der Orchestrierung teilt dazu fähige Software den verschiedenen Anwendungen und Devices die benötigten Kapazitäten zu. Sie gibt dabei zeitlichen Anfall und Umfang der Ressourcennutzung vor. Überlastungen der Ressourcen werden so vermieden.

Kubernetes

Kubernetes als bekannte Orchestrierungslösung bietet diese Funktionalität. Sie wurde ursprünglich von Google entwickelt und dann an die Cloud Native Computing Foundation (CNCF) übergeben. Diese Software ermöglicht es, in Containern vorgehaltene Microservices und Anwendungen automatisiert bereitzustellen, zu skalieren und zu verwalten. Als Open-Source-Projekt ist Kubernetes allerdings nicht als spezifische Lösung für den Shopfloor konzipiert. Daher müsste sie an die dortigen Bedürfnisse erst angepasst werden – was in vielen Fällen zu hohen Kosten führen würde.

Die Softwarehersteller haben dieses Problem erkannt und investieren in leichtgewichtigere Orchestrierungslösungen. Diese können als Ausgangspunkt eine abgespeckte Variante von Kubernetes nutzen – das sogenannte „K3“. Ein Beispiel hierfür ist die SAP IoT Edge.

Orchestrierung mit SAP IoT Edge

Als Edge-Computing-Lösung ermöglicht SAP IoT Edge die Verarbeitung von IoT-Daten an der Netzwerkperipherie. Dort erlaubt die Software die zentrale Orchestrierung von containerisierten Diensten und Anwendungen in der Cloud. Die Edge-Lösung stellt die Dienste dabei auch bei geringen Bandbreiten und Konnektivitätseinschränkungen bereit. Eine Datenverarbeitung in räumlicher Nähe des Herstellers verringert Latenzen – was insbesondere bei zeitkritischen Entscheidungen wichtig ist, beispielsweise bei autonomen Transportsystemen oder beim IoT-basierten Matching zwischen Produktionsinseln, herzustellenden Produkten und im nächsten Schritt benötigten Materialien.

Digitales Shopfloor-Management: Wer profitiert davon?

Bestehende Limitierungen und der Entwicklungsplan für SAP IoT Edge zeigen, dass es noch ein weiter Weg bis zur optimalen Orchestrierung ist. MHP kann als SAP-Partner strategisch unterstützen und bei der zielgerichteten Implementierung der Lösung in die Gesamtarchitektur helfen.

Durch Lösungen wie SAP IoT Edge lässt sich der Shopfloor potenziell vernetzen – und damit manuelle Arbeiten in der zunehmend komplexen Produktion einsparen. Das reduziert Fehler und Kosten. Außerdem gewinnen Mitarbeitende eine Transparenz über Devices, Status und Applikationen. Die Ausfallsicherheit steigt.

Auch für beratende Unternehmen wie MHP führen die technischen Entwicklungen zu neuen Herausforderungen. Die Vernetzung und Automatisierung sind nicht abgeschlossen, ständig ändern sich Standards und Verfahren. Operative Tätigkeiten wie Customizing und Projektbetreuung lassen den eigentliche Punkt oft in den Hintergrund treten: Es geht darum, Unternehmen aufzuzeigen, wie sie ihre Strategien umsetzen können.

Autor Jörn Isenberg ist Senior Consultant und Autor Alexander Axjonow ist Manager Data & Technology, beide bei MHP.

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