24.05.2022 – Kategorie: Digitalisierung
Digital Factory: Mit der richtigen MES-Lösung Prozesse optimieren
Das Konzept der digitalen Fabrik in der industriellen Fertigung ist zum neuen Standard geworden. Allerdings sollten produzierende Unternehmen darauf achten, dass eine MES-Lösung auch über die Maschinenebene hinaus integriert wird. Denn nur so lassen sich strategische Ziele in der digitalen Fabrik umsetzen.
Die Digital Factory setzt sich im Bereich der industriellen Fertigung immer mehr als Standard durch. Bei dieser Entwicklung sollte jedoch sichergestellt werden, dass Lösungen nicht nur isoliert auf Maschinenebene am Shop Floor ansetzen. Ansonsten fallen in der Fertigung große Datenmengen an, die aber nicht zum strategischen Vorteil der Unternehmen genutzt werden können. Eine der wichtigen Fragen lautet daher: Wie lassen sich die strategischen Ziele von Fertigungsbetrieben in der digitalen Fabrik umsetzen? Das Manufacturing Execution System (MES) spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Die Funktion des MES in Digital Factory
Um zu verstehen, warum ein MES das Schlüsselinstrument ist, um strategische Vorteile in der Produktion zu realisieren, muss zunächst klar sein, welche Funktion ein MES in der digitalen Fabrik erfüllt. Stark vereinfacht ist das System das zentrale Bindeglied zwischen dem Top Floor und Shop Floor – also der vorgelagerten ERP- und PLM-Software und den nachgelagerten werkseitigen Software-Tools (siehe Abbildung 1). Das MES sorgt zum einen dafür, dass relevante Daten und Informationen auf der Shop-Floor-Ebene erhoben werden und dort verfügbar sind, wo sie gebraucht werden. Zum anderen dient das MES dazu, die Planung in Echtzeit umzusetzen.
Die Implementierung eines MES dient dazu, die kritischen Datenmengen des Shop Floor konsequent zu erfassen, diese in Echtzeit zu verarbeiten und so nachhaltige Quantensprünge in Produktivität, Kostensenkung und Qualität des Fertigungsprozesses zu realisieren. Dadurch erhalten Unternehmen neue Steuerungsinstrumente für die Verarbeitung von großen Datenmengen, welche durch den Menschen allein nicht mehr beherrschbar sind.
Definition von strategischen KPIs als Voraussetzung
Zu den wichtigen strategischen Zielen, die in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen, gehören beispielsweise der effektive Einsatz von Ressourcen und die Fähigkeit, schnell auf Änderungen am Markt reagieren zu können. Außerdem die Fertigung fehlerfreier Fertigerzeugnisse bei kleinen Losgrößen. Insbesondere die Sicherstellung der Effektivität aller operativen Prozesse ist dabei der zentrale Hebel zur Sicherung von strategischen und taktischen Vorteilen. Auch wenn es um Herausforderungen wie den wirtschaftlichen Fokus auf Kosten und Nachhaltigkeit geht, sind Schnelligkeit und Effizienz in der digitalen Fabrik unverzichtbar.
Um strategische Ziele in der digitalisierten Fertigung zu realisieren, gilt es daher zunächst, die strategische Bedeutung von Rüstzeiten, Stillstandzeiten und Störursachen zu erkennen und für die Definition von strategischen KPIs zu nutzen. Lange Stillstandzeiten durch Umrüstvorgänge und Störungen lassen sich so vermeiden und die Wertschöpfung durch Maschineneffizienz insgesamt steigern. Das First-Time-Right-Prinzip stellt darüber hinaus die hohe Qualität sicher, die Kunden auch bei immer individueller werdenden Produktaufträgen erwarten.
Warum ein MES kontinuierliche Optimierung erfordert
Ein MES ist im Grunde genommen eine stark auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittene und anpassungsfähige Softwarelösung. Gerade darum muss sowohl im Rahmen der Einführung als auch nach der Implementierung ein kontinuierlicher Prozess für Verbesserungen aufgesetzt werden. Der DMAIC-Prozess aus dem Qualitätsmanagement-Ansatz „Six Sigma“ eignet sich nicht nur für die Entwicklung von agilen Softwarelösungen, sondern auch für die Verbesserung von bestehenden. Die Buchstaben im Akronym DMAIC stehen für die fünf Phasen dieses Prozesses: Define, Measure, Analyse, Improve und Control beziehungsweis auf Deutsch Definieren, Messen, Analysieren, Verbessern und Steuern (siehe Abbildung 2).
Warum ein solcher Prozess wichtig ist, zeigt sich an der Definition von Stammdaten. Einer der häufigen Fehler ist hier, dass Rüstzeiten nicht korrekt definiert werden oder nicht alle Störursachen und Ausschüsse korrekt klassifiziert werden. Die macht deutlich, dass das einfache Sammeln von Daten häufig nicht ausreicht, wenn es keinen sich wiederholenden Prozess gibt, um diese zu überprüfen und deren Qualität sicherzustellen.
Effektive Datennutzung in der Digital Factory – auch über mehrere Werke hinweg
Langfristig sollten Unternehmen jedoch nicht nur den lokalen Shop Floor mit einem MES ausstatten, sondern ihr gesamtes Produktionsnetzwerk über eine ganzheitliche MES-Lösung miteinander verbinden. Ein MES kann mehrere Werke miteinander verbinden und lässt sich problemlos in die bestehende Prozesslandschaft integrieren. Wenn das MES ganzheitlich aufgesetzt wird, lassen sich die Daten für ein werksübergreifendes Benchmarking und die Optimierung der internen Lieferkette nutzen.
Dadurch erreichen Unternehmen die vollständige Transparenz über die Steuerung und Optimierung von Produktion und Prozessen und können über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg agil auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren und Wettbewerbsvorteile durch Reaktionsschnelligkeit und Effizienzsteigerung erzielen.
Das MES als Instrument zur strategischen Positionierung
Um die beiden eingangs beschriebenen Entwicklungen – die Digitalisierung der industriellen Fertigung und die Umsetzung von strategischen Zielen in der Digital Factory – miteinander zu verbinden, bietet die Implementierung eines MES eine ideale Lösung. Denn dadurch können nicht nur die großen Datenmengen, die bei der Fertigung anfallen, zum strategischen Vorteil genutzt werden. Auch die Sicherstellung der beiden Schlüsselkomponenten Schnelligkeit und Effektivität bei gleichbleibend hoher Qualität ist entscheidend, wenn es um die Ausrichtung der Unternehmensstrategie geht.
Nicht zuletzt ermöglicht eine MES-Lösung Unternehmen, ihre Marktposition ausweiten, weil sie Chancen besser erkennen und ergreifen können. Darum wird die Implementierung und kontinuierliche Optimierung von MES-Lösungen im Bereich der digitalen Fertigung eine herausragende Rolle einnehmen und Unternehmen in die Lage versetzen, sich nachhaltig am Markt zu positionieren und entscheidend gegenüber ihren Wettbewerbern abzusetzen.
Der Autor Kaveh Taghizadeh ist Partner, Consulting, Value Chain Transformation bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
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