23.02.2017 – Kategorie: Fertigung, IT

Cloud für Manufacturing und Engineering: Digitale Werte schaffen

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Die digital unterstützte Wertschöpfung – beginnend mit der digitalen Entwicklung bis hin zur Fertigung der Produktionsanlagen und ihrer Komponenten – beschleunigt die Markteinführung innovativer Produkte und verkürzt Angebots- und Lieferzeiten. Das Ergebnis ist eine verbesserte Wettbewerbsposition – wie Siemens dieses Szenario unterstützt.  

Die digital unterstützte Wertschöpfung – beginnend mit der digitalen Entwicklung bis hin zur Fertigung der Produktionsanlagen und ihrer Komponenten – beschleunigt die Markteinführung innovativer Produkte und verkürzt Angebots- und Lieferzeiten. Das Ergebnis ist eine verbesserte Wettbewerbsposition – wie Siemens dieses Szenario unterstützt. 

Von Dr. Christian Mundo

Insbesondere Siemens treibt die umfassende Digitalisierung der Wertschöpfungsketten aktiv voran. Ein Kernelement der Digitalisierungsstrategie des Unternehmens ist „MindSphere“, ein Cloud-basiertes, offenes „Internet-of-Things“-Betriebssystem, das ein nachhaltiges, digitales Lebenszyklusmanagement ermöglicht. Es bildet auf der digitalen Ebene den Lebenszyklus von Produktionsanlagen und deren Komponenten in Datenstrukturen und Funktionalitäten vollständig ab. Im Ergebnis werden Bau und Betrieb der realen Anlage von den am digitalen Pendant gewonnenen Erkenntnissen geleitet.

Das getreue Abbild des Antriebs

Ein solcher Systemansatz lebt von der Qualität der gehosteten Daten. Die Art der benötigten Daten wandelt sich dabei im Laufe des Lebenszyklus: Für Anforderungsdefinition und Angebotserstellung werden andere Informationen benötigt als für Inbetriebsetzung oder eine prädiktive Wartung.  Zentrale Elemente sind die eingesetzten Antriebe. Fallen diese aus, steht im Ernstfall die komplette Anlage still. Für den Bau und den Betrieb digital betriebener Produktionsanlagen ist darum ein jederzeit akkurates digitales Abbild dieser Antriebe erfolgsentscheidend.
Siemens hat dazu auf der SPS IPC Drives 2016 mit dem „Smart Motor Concept“ ein Vorhaben vorgestellt: Für alle Phasen des Lebenszyklus – beginnend von der Anlagenplanung bis hin zu Betrieb und Wartung – wird damit ein aktuelles, digitales Abbild des Antriebs und seines Zustands vorhanden sein.

Startschuss für die digitale Anlage

Genau hier setzt das Konzept des digitalen Zwillings an. Gemeint ist ein digitales Abbild der realen Anlage mit all ihrer Komponenten. Das Abbild wird gleichzeitig mit der Anlage erstellt und erweitert, und zwar idealerweise schon von der ersten Studie an. Zur Entwicklung solcher digitalen Zwillinge gibt Siemens seinen Kunden mit der Digital Enterprise Suite leistungsstarke Softwaresysteme an die Hand.
Die digitalen Modelle, also auch die der intelligent vernetzten Motoren, korrespondieren unmittelbar mit dem Anlagenplanungssystem Comos. Es können alternativ auch andere Anlagen- und Prozessplanungssysteme genutzt werden, denn die offene Konzeption der digitalen Modelle und der Datenstrukturen lässt dies ohne weiteres zu. Zur Datendefinition dient das unternehmens- und branchenübergreifend akzeptierte Klassifizierungsmodell ecl@ss. Ziel ist, dass künftig alle Daten über die MindSphere zur Verfügung gestellt werden können.

Integriertes Engineering 

Ein unternehmensübergreifend integriertes Engineering fördert die Kooperation der an der Anlagenentwicklung beteiligten Unternehmen. Dieser Ansatz unterstützt das Design der Anwenderprozesse und der dafür vorgesehenen Anlagen. Die Kooperation über die Cloud-Plattform MindSphere und darauf aufsetzende Tools bewirken den unmittelbaren Austausch des notwendigen Wissens und der Arbeitsergebnisse zwischen den Kooperationspartnern – also zum Beispiel zwischen Anlagenplanern, Komponentenlieferanten und einem Automatisierungspartner. Für diese Kooperation stellt Siemens den Partnern alle erforderlichen Modelle und Datenstrukturen der Antriebssysteme zur Verfügung.
Der über herkömmliche Systeme hinausgehende Nutzen von MindSphere zeigt sich insbesondere bei allen Motoren und Frequenzumrichtern, die projektspezifisch entwickelt oder angepasst werden müssen. Die Cloud-basierte Kooperation und das „Integrated Engineering“ ermöglichen, dass sich Zwischenergebnisse unmittelbar abstimmen und von den Partnern nutzen lassen. Die digitalen Modelle von Motoren und Frequenzumrichtern sowie der geplanten Anlage erzeugen und bilden eine einheitliche Datenbasis. All dies geschieht zeitparallel und damit zu jedem Zeitpunkt technisch konsistent. 

Digitaler Zwilling in der Produktion

Durch das Daten- und Lebenszyklusmodell von MindSphere entspricht der digitale Zwilling jederzeit dem Entwicklungsstand der projektierten Antriebssysteme. Er dient der Design- und Fertigungsoptimierung der Motoren, zum Beispiel im Rahmen von Fertigungssimulationen. Dabei können dem digitalen Zwilling – ohne Systembruch oder zusätzliche Tools – Fertigungsinformationen wie Toleranzen, Ist-Werte, Seriennummern, Identcodes und Software-Stände mitgegeben werden. Der digitale Zwilling zum Beispiel eines Motors geht damit parallel zur Entstehung des Motors aus dem „As-designed“-Zustand über in den „As-build“-Zustand. 
Auf ähnliche Weise sammeln sich die bei der Vor-Ort-Montage und Inbetriebsetzung anfallenden Daten zu digitalen Zwillingen mit „As-commissioned“-Status an. Sie spiegeln den realen Zustand der Antriebssysteme, aber auch der angetriebenen Maschinen sowie weiterer Anlagenkomponenten zu Beginn der Produktionsaufnahme feingranular in der digitalen Welt wider. 
Bei intelligent vernetzten Motoren und vielen anderen Komponenten aus dem Siemensportfolio wird die Inbetriebsetzung zudem durch die applikative Integration der Datenstrukturen und des Siemens-Industry-Online-Supports zusätzlich erleichtert und beschleunigt. Denn dies gewährt unmittelbaren Zugriff auf sämtliche für die Anlage zutreffenden Dokumentationen und die Möglichkeit der direkten Interaktion mit Experten – unter Einbindung moderner Kommunikationsmedien.

Digitale Services im Betrieb

Intelligent vernetzte Motoren unterstützen mit integrierter Sensorik und Schnittstellen für die Kommunikation aktiv ihre Einbindung in die Automation, ihre Inbetriebsetzung und ihre Anbindung an die IT-Welt digitaler Anlagen. Von der Inbetriebsetzung an versorgen sie ihren in MindSphere gehosteten digitalen Zwilling mit Information über ihren realen Zustand, über Betriebs- und Umgebungsbedingungen. In diese Sensorik- und Kommunikationskette lassen sich aber auch Anlagenkomponenten anderer Hersteller einbinden.
Die im Verlauf des operativen Betriebs gesammelten Daten spielen unmittelbar mit der auf MindSphere aufsetzenden und interagierenden Applikation Drive Train Analytics zur prädiktiven Instandhaltung und zur Effizienzoptimierung zusammen. Der Anwender hält damit ein mächtiges Instrument in den Händen: Der reale Anlagenzustand ist auf der digitalen Ebene feingranular ablesbar, digitale Services interpretieren diesen Zustand automatisch und versorgen das Anlagenmanagement mit konkreten Vorschlägen zur Verfügbarkeitsoptimierung.

Ungeplante Stillstände vermeiden

Ein realitäts- und lebenszyklusgerechtes digitales Abbild der Produktionseinrichtung und ihrer Komponenten ermöglicht einen präzisen Überblick über den Verschleiß, den Wartungsbedarf, den Service-Status und die Restlebensdauer aller Komponenten. Gemeinsam leisten dies der Cloud-Service, intelligent vernetzte Motoren und in die Kommunikationskette eingebundene Drittherstellerkomponenten in standardisierter, IT-technisch direkt nutzbarer Form. Erhaltungs- und Wartungsmaßnahmen lassen sich damit kostenoptimal planen und gehören künftig zur grundlegenden Dienstleistung der digital optimierten Werkschöpfungskette. Mit der Verfügbarkeit und durch die abgesicherte Performance steigt die Effizienz der gesamten Anlage, ungeplante Stillstände werden minimiert. 

Mit Digitalisierung zur Schlagkraft

Die Schlagkraft der Digitalisierung von Anlagen liegt im digitalen Abbild der Produkte, Prozesse und Produktionsanlagen. Im Modell werden Handlungsoptionen durchgespielt und bis zur Entscheidungsreife optimiert, hier werden Ressourcen effizient gemanagt und das automatisierte, ressourcenoptimale Abarbeiten von Kunden- und Fertigungsaufträgen vorbereitet und angestoßen.  Prozessverifikation und -optimierung wird mit Hilfe des digitalen Zwillings darum heute zum Ansatz für die beste Vorgehensweise sowohl in der diskreten Industrie, der Prozessindustrie als auch in der Investitionsgüterindustrie. Planungssicherheit gibt es dabei aber nur, wenn alle Anlagenkomponenten optimal aufeinander abgestimmt sind. 
Mit einem auf MindSphere aufsetzenden, integrierten Engineering und durch den Einsatz von vernetzten Automatisierungs- und Antriebskomponenten werden Innovationen rascher umgesetzt und die Time to Market verkürzt. Damit ist der Weg für digital gesteuerte Produktionen und Fertigungen geebnet und die für unternehmerischen Erfolg heute so dringend geforderten kurzen Entwicklungszeiten, Flexibilität, hohe Produktivität und Betriebssicherheit werden geboten.   

Autor: Dr.-Ing. Christian Mundo ist Head of Digital Office im Bereich Antriebstechnik der Division Process Industries and Drives bei der Siemens AG in Nürnberg.


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