16.02.2022 – Kategorie: Digitalisierung

APS-System: So gelingt die vorausschauende Produktionsplanung

APS-SystemQuelle: Bausch+Ströbel

Die Produktion von jährlich bis zu 500 Abfüllanlagen für Impfstoffe und andere Arzneimittel plant Bausch+Ströbel mit einem Advanced Planning & Scheduling-System. Die Anzahl der Produktionsaufträge hat sich seit der Systemeinführung durch verkürzte Durchlauf­zeiten verdoppelt, bei 70 Prozent weniger Eilaufträgen. So kann die Planung stabiler, nachhaltiger und vorausschauend erfolgen.

APS-System: Die Bausch+Ströbel Maschinenfabrik Ilshofen bedient Pharmakonzerne weltweit mit Abfüll- und Verpackungsanlagen. Flüssige und pulverförmige Arzneimittel werden damit in großen Mengen in Spritzen oder Ampullen gefüllt und verpackt. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie wächst das Auftragsvolumen bei Bausch+Ströbel stetig.

APS-System für gesteigertes Auftragsvolumen

Eine Maschine ist in der Lage, pro Stunde 40.000 Vials, also kleine medizinische Behälter etwa für Impfstoffe, zu befüllen. Damit ließe sich der Bedarf des Covid-19-Impfstoffs für ganz Deutschland in weniger als 34 Tagen decken. „Im Vergleich zum Bedarf an Insulin sind diese Mengen aber gering“, erklärt Volker Deschner, Director IT Business Processes bei Bausch+Ströbel.

Know-how liegt heute in KI, Automatisierung und Robotik

Die sichere Versorgung mit Arzneimitteln ist von hoher Bedeutung. Deshalb legen Kunden des Maschinenbauers großen Wert auf lange und stabile Laufzeiten ihrer Maschinen. Um Ausfälle zu verhindern, werden sie vorausschauend gewartet (Predictive Maintenance). Möglich macht dies die Digitalisierung. „Während es früher um Mechanik ging, liegt das Know-how heute in künstlicher Intelligenz, Automatisierung und Robotik. Unsere Anlagen sind große Computer geworden“, berichtet Deschner.

Deschner ist für die Konzeption und Integration einer modernen Software-Architektur verantwortlich. Der studierte Maschinenbauer ist bereits seit 28 Jahren im Unternehmen und kennt die Anforderungen der Abteilungen. „Unsere Anlagen bestehen häufig aus mehreren zehntausend Teilen. Die meisten dieser Teile produzieren wir selbst. Im Durchschnitt dauert es 14 bis 16 Monate, bis eine Anlage fertig ist. Eine präzise Vorplanung und gute Steuerung von der Konstruktion über die Fertigungssteuerung und Beschaffung bis hin zur Montage sind dabei notwendig, um Qualität und Termintreue gegenüber dem Kunden aufrechtzuerhalten“, erklärt er. Deshalb hat Bausch+Ströbel im Jahr 2012 das ERP-System proAlpha um das intelligente Add-on Felios | APS (Advanced Planning­ & Scheduling) ergänzt.

Verzögerungen vermeiden

Die Arbeitsorganisation verlief vor der Einführung der Planungssoftware über den persönlichen Kontakt im Unternehmen. Dadurch entstanden Projekte mit hoher Priorität und Verzögerungen bei einem großen Anteil der übrigen Aufträge. Ähnlich verhielt es sich bei der Planung der Fertigungsteile: „Wir konnten früher mit sehr viel Aufwand nur äußerst wenige Teile im Blick behalten und agierten wie die Feuerwehr“, erinnert sich Deschner. Heute führt eine Kombination aus transparenten Prozessen und spezialisierter Planungs- und Steuerungssoftware dazu, dass alle Projekte mit der gleichen Aufmerksamkeit durchgeführt und pünktlich ausgeliefert werden. „Felios hilft uns dabei, den Gesamtüberblick über alle Projekte, Wechselwirkungen und drohende Engpässe zu behalten“, so Deschner.

In dem APS-System berechnen mathematische Optimierungsalgorithmen auf Basis aller planungsrelevanten Daten aus dem ERP-System eine bestmögliche Fertigungsabfolge unter Berücksichtigung aller real verfügbaren Ressourcen und Kapazitäten. Integriert in das System ist unter anderem eine Montage- und Konstruktionsplanung. Zur Produktfamilie gehören außerdem eine Kapazitätsbedarfsplanung, Schichtplanung sowie Machine-Learning-Funktionen und Business-Intelligence-Tools. „Ich bezweifle bis heute nicht, dass Inform die Komplexität der Algorithmik, die es zur Optimierung unserer Fertigung braucht, beherrscht“, ist Deschner überzeugt.

APS-System
Mit den Abfüllanlagen von Bausch+Ströbel lassen sich pro Stunde bis zu 40.000 Vials befüllen. Bild: Bausch+Ströbel

Realität abbilden und Zukunft planen mit einem APS-System

Zunächst prüfte Bausch+Ströbel die Funktionen des ERP-Systems. Doch schnell wurde klar: Mit einer reinen Durchlaufterminierung ohne spezialisierte Funktionen ließen sich das steigende Auftragsvolumen mit bis zu 40.000 gleichzeitig laufenden Aufträgen und die hohe Komplexität in der Planung nicht mehr händeln. Außerdem gehören Eilaufträge zum Alltagsgeschäft des Maschinenbauers, weshalb das Unternehmen hohe Anforderungen an die Flexibilität der Software stellte.

„Felios ist in der Lage, die Auswirkungen von Veränderungen sofort in den Produktionsplan einzuarbeiten und ihn daraufhin erneut zu optimieren.“ Dazu betrachtet die Software immer die tatsächlichen Kapazitäten und Umstände in der Produktion, was für Deschner ein entscheidendes Kriterium ist, wie er erläutert: „Ohne den Blick auf die realen Gegebenheiten und die tatsächlich vorhandenen Kapazitäten ist ein Plan kein Plan, sondern nur eine Wunschvorstellung.“

Mit dem APS-System plant Bausch+Ströbel auch über die eigenen Werke hinaus. Denn die Software ist so konfiguriert, dass sich auch Kapazitätsengpässe über 50 externe Zulieferer abdecken lassen. Wie hoch die Auslastung in der Fremdfertigung bei den externen Lieferanten ist und wie sich die tägliche Termineinhaltung entwickelt, erkennen die Verantwortlichen bei Bausch+Ströbel mithilfe der Business-Intelligence-Cockpits im Modul Felios | BI. Die Daten aus APS und ERP werden dort in Echtzeit zusammengeführt und grafisch aufbereitet. So haben die Planer immer die Gesamtkapazität im Blick und können auch Eilauf­träge annehmen, ohne die Gesamtplanung zu gefährden.

Mehr Planungsqualität und Weitblick

Die für den Maschinenbau entwickelte Planungssoftware liefert Transparenz über den Status jedes Projekts, die aktuelle Liefertreue, Teileverfügbarkeit und gibt Auskunft darüber, ob die Baueinheiten zur richtigen Zeit in der Montage ankommen werden. Die tägliche, operative Arbeit erfolgt nach dem Prinzip des Management-by-Exception. „Während wir uns früher täglich mit etwa 2.000 Eilaufträgen beschäftigt haben und dadurch zahlreiche andere Aufträge vernachlässigt wurden, tracken wir nun 40.000 Teile gleichzeitig und zu 95 Prozent vollautomatisch“, so der IT-Leiter.

Bei diesen Teilen ist eine manuelle Prüfung der Terminierung nicht mehr notwendig. Der Fertigungssteuerer erhält aus dem System nur noch die kritischen Teile und die Ursache für mögliche Verzögerungen, sodass er frühzeitig darauf reagieren und diese direkt beheben lassen kann. Hierbei erhält er Unterstützung durch die Empfehlungen, die das System automatisch generiert. Zusätzlich wird über Felios | CP eine präzise Kapazitätsbedarfsplanung vorgenommen.

Mit einer Vorschau von bis zu sechs Wochen erhalten die Planer einen frühzeitigen Hinweis auf mögliche Arbeitsspitzen, was wiederum positive Auswirkungen auf eine nachhaltige Arbeitsschichtplanung hat. Für Deschner ist eine gute Planung stets auch nachhaltig, „weil sie letztlich Ressourcen schont, wodurch zum Beispiel Eillieferungen entfallen, die mit hohem CO2-Fußbadruck geliefert werden müssten.“

Der Autor Stipo Nad ist Leiter Business Development Produktion bei der Inform GmbH.

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